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Dawn Of Despair, Arbor Ira, Shatter   26.02.2011   Ebersbrunn, Zum Löwen
von rls

Kurz vor Weihnachten 2003 sprangen Arbor Ira für Doomstone als Opener des (Return To The) Sabbat-Gigs in Glauchau ein und manifestierten sich im Hörerhirn als offensichtliche Anhänger der epischen Bathory-Phase. In den sieben Jahren danach ist einiges passiert, zwei Demos und zwei Alben entstanden, und für das zweite, namentlich "Meine Träume, Vergangene ...", wurde an diesem Samstagabend die Record Release Party angesetzt. Komisch nur, daß der Slogan "Support your local scene" im Zwickauer Raum gar nicht so verbreitet zu sein scheint, denn in den geräumigen Saal des "Löwen" in Ebersbrunn (zu DDR-Zeiten eine der ersten Adressen, wenn es um metallische Liveklänge ging - und einrichtungstechnisch hier und da auch noch etwas DDR-Charme versprühend) hätten deutlich mehr Leute gepaßt, und Hinderungsgründe wie größere Konkurrenzveranstaltungen oder Witterungsunbilden waren nicht festzustellen.
So eröffneten Shatter den Gig vor noch recht spärlicher Kulisse und ließen mit einem atmosphärischen Intro noch mancherlei Optionen ihrer Stilistik im Bereich des Möglichen. Daß sich daraus dann aber relativ standardisierter Metalcore entwickeln sollte, hätte der Nichtkenner der Band (und dieses Attribut dürfte auf die meisten Anwesenden zugetroffen haben) wohl kaum vermutet. Dabei wirkte das Quintett immer dann besonders stark, wenn es schleppenden doomigen Core intonierte, zu dem der für die Backingvocals zuständige Gitarrist auch das passende Shirt trug, nämlich eines von Down. Hingegen wirkten viele der Midtempo- oder Speedparts eher pflichtschuldig, und eine eigene Identität ging ihnen, soweit man das hören konnte (die Abmischung der Gitarren ließ differenzierungsseitig einige Wünsche offen), mehr oder weniger ab. Daß Shatter zweifellos gute Ideen haben, blitzte beispielsweise in "Death Row" auf, wo die Speedparts genau an der richtigen Stelle eingeflochten waren. Ein als neu angesagter Song war einer von nur zweien in der gesamten Stunde Spielzeit, der hörbare Leadgitarren beinhaltete, und auch er wußte mit seiner Ideenvielfalt, die bisweilen fast progressive Züge annahm, zu überzeugen. Wenn dieser Song repräsentativ für die weitere Entwicklung der Erzgebirgsbewohner ist, darf man sie gerne im Auge behalten. Nähere Informationen waren dem Gig allerdings kaum zu entnehmen, denn das Mikro des Leadsängers war offensichtlich auf Verständlichkeit im Bandkontext abgestimmt worden. Die klappte dann auch (die mal brüllenden, mal kreischenden Vocals waren jederzeit gut vernehmbar), aber die Ansagen hörte man so gut wie gar nicht und konnte somit auch nicht eruieren, was denn das sign of the hammer, das der Sänger im besagten neuen Song zeigte, zu bedeuten habe. Ein winziges Häuflein Enthusiasten bangte vor der Bühne fleißig und forderte letztlich sogar eine Zugabe ein.
Arbor Ira spielten nicht als letzte Band, wie man das bei einer Releaseparty allgemein erwarten würde, sondern schon als vorletzte. Auf ihrer Homepage hatten sie schon vorher eine personelle Aufrüstung angekündigt, und die Verstärkung, die das neue Album schon mit eingespielt hat, stand bzw. saß an diesem Abend zum ersten Mal mit auf der Bühne: Torsten an der Geige und Juliane am Cello. Nun bildet eine solche Erweiterung der klassischen Metalbesetzung ja stets auch eine Herausforderung für die Tontechnik, und das bewahrheitete sich auch an diesem Abend wieder. Immerhin schaffte es der Soundmensch im Laufe des Gigs, zumindest die Geige nahezu durchgängig hörbar zu gestalten, während das Cello neben E-Gitarren und E-Bässen frequenztechnisch ein Probleminstrument ist, bleibt und auch an diesem Abend war, aber dafür in den Akustikpassagen einige zauberhafte Klangtupfer zu setzen vermochte, die Julianes Anwesenheit nicht ausschließlich auf optische (freilich durchaus auch nachvollziehbare :-)) Gründe beschränkte. Freilich gab es auch Passagen, in denen die beiden Neulinge nichts zu tun hatten, und da sie erst am Ende des urlangen Setopeners "Ein gar teuflisch Gift" ins Geschehen eingriffen, wirkten sie in der Zeit bis dahin etwas verloren. Diesem Problemfall soll, so verlautet aus Bandkreisen, aber in Zukunft mit einer stringenteren Einbindung Abhilfe geschaffen werden, und man darf daher gespannt sein, welche Impulse die beiden Streichinstrumente dem auch so schon recht vielschichtigen angedüsterten Metal der Band noch zu geben imstande sein werden. Vergleichsbands zu nennen fällt nicht ganz leicht, zumal die deutlichen Bathory-Parallelen weitgehend ad acta gelegt worden sind und nur latent noch Einflüsse ausüben - witzigerweise sah der Rezensent sechs Tage später Agrypnie live, die ein paar konzeptuelle Ähnlichkeiten aufweisen, allerdings unterm Strich deutlich blackmetallischer unterwegs sind, vor allem auch gesangsseitig, wo Arbor Ira zwar die immense (wenngleich stimmqualitativ nicht so richtig überzeugende) Vielfalt von 2003 deutlich reduziert hatten, aber die verwendeten Stimmlagen dafür sicher beherrschten, soweit man das anhand der bisweilen etwas zu weit in den Hintergrund gemischten Vocals mit letzter Sicherheit beurteilen konnte. Von der Setlist her machte es sich die Band leicht und spielte kurzerhand das Album, dessen Erscheinen am besagten Abend zu feiern war, von Anfang bis Ende durch (wenngleich nicht in der Reihenfolge, wie sie auf der Konserve zu hören ist), grub dann aber als Zugabe nicht etwa einen der älteren Songs aus (den man ja auf die neue Besetzung mit Geige und Cello hin hätte umarrangieren können), sondern spielte mit "When Dark Arise" ein ganz neues Stück, das eines Tages auf dem nächsten Album der Band erscheinen wird und deutlich machte, daß große stilistische Änderungen wohl ausbleiben werden. Können sie ja auch - das, was Arbor Ira heute machen, das machen sie gut. Dieser Meinung war offensichtlich auch das mittlerweile kopfzahlseitig doch noch etwas angewachsene Publikum, das das Septett mit viel Applaus belohnte.
Die Geisterstunde war nach dem Setende Arbor Iras mittlerweile schon angebrochen, und da der Rezensent eigentlich wegen ihnen anwesend war, fiel ihm die Entscheidung leicht, seiner nicht ganz idealen Fitneß an diesem Abend Tribut zu zollen, auf den Gig von Dawn Of Despair zu verzichten und statt dessen etwas früher in die heimische Horizontale zu gelangen.

Setlist Arbor Ira:
Intro
Ein gar teuflisch Gift
A Day Is Born
Unlebendig
Everyday
Platz der Sorgen
Winter im Herz
Here I Wait For You
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When Dark Arise



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