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Taste of Chaos mit Disturbed, Papa Roach, Buckcherry, Halestorm   28.11.2010   Freiburg, Rothaus Arena
von gl

Der Flyer zur Veranstaltung
Der Geschmack von Chaos schmeckt Ende 2010 in Freiburg einer nicht allzu großen Anzahl von Minderjährigen: Die Halle muss abgehängt werden und es sind vielleicht noch halb so viele Leute anwesend als vor zwei Jahren bei der letzten Tour des Headliners Disturbed. Im Vergleich zu anderen Tourneen natürlich mit ca. 2500 Besuchern immer noch erfolgreich, aber angesichts des attraktiven Billings von drei in den USA erfolgreichen Bands verwundert es schon ein wenig. Die ganze Chose läuft unter dem Banner "Rockstar Energy Drink", was besonders Lzzy Hale von Halestorm mit einem süffisanten Grinsen kontert, da ihre Band wiederum in den USA von einem anderen Energy Drink gesponsert wird. Das Mini-Festival findet in der Rothaus Arena statt, wobei das gleichnamige nicht schmeckende Bier dennoch zu einem überhöhten Preis angeboten wird. Als Ü40 kommt man sich mitunter seltsam vor und ist froh, nicht später gekommen zu sein, sonst wäre man wohl an der Kasse gefragt worden: "Holen Sie auch Ihre Tochter ab?!" Absolut lobenswert hingegen ist die Kommunikation des frühen Anstoßzeitpunktes von 18:50 in der Lokalpresse, was auch dem Opener bereits ein volles Auditorium garantiert.

Lzzy Hale beim Intro  Ein Geist am Schlagzeug von HALESTORM

Joe Hottinger (Halestorm)  Sieht einfach IMMER gut aus: Lzzy (Halestorm)
Mit ihrem Erscheinen im Zwielicht sowie dem ersten Ton, einem extrem lauten langen Schrei von Lzzy Hale macht sie von Anfang an absolut klar, dass HALESTORM hier keineswegs die bescheidene Rolle der Vorgruppe einnehmen. Ganz im Gegenteil, das positiv auf "dicke Hose" getrimmte, jedoch sympathische Auftreten der gesamten Band wirkt so, als seien sie selbst Headliner! Bruder Arejay Hale kommt anfangs als Skelett ans Schlagzeug, trommelt später mit Sticks in Übergröße und die Band baut in ihren kurzen Set eine Überraschung in Form eines Vierfach-Drum-"Solos" der gesamten Band an der Front ein. Gitarrist Joe Hottinger und Bassist Josh Smith spielen ihrer Frontfrau Lzzy zu, die sich als das geborene Bühnentier in Bestform zeigt, sensationell singt, eine extrem starke Stimme hat und dabei noch klasse Gitarre spielt und grundsätzlich hervorragend aussieht. Ein sensationeller Auftritt der Band aus Pennsylvania, die ihre Shirts für 30 Euro verkaufen musste, durch persönliches Erscheinen danach aber weitere Fans hinzugewinnt.

Frontrow Buckcherry: Crazy bitches!!!  B/C Drums

Josh Todd (Buckcherry)  Buckcherry Guitar
BUCKCHERRY müssen leider leider als Verlierer des Tages bezeichnet werden. In ihrer Heimat längst platindekoriert (dies in Zeiten, in denen es fast unmöglich erscheint, eine Million Einheiten EINES Tonträgers abzusetzen), spielen sie "drüben" selbst in solchen Hallen, müssen hier aber viel kleinere Brötchen backen und haben nicht die Zeit in ihrem Set, ihre Musik zur Entfaltung kommen zu lassen. Denn sie beschränken sich auf die rockigen Songs, lassen die langsameren außen vor und ernten heute die schwächste Resonanz. Zwar steht ein kleines Grüppchen ergebener Rock'n'Roll-Fans in den ersten Reihen, aber das Gros hinten glotzt nur und ist mit der Band nicht vertraut. Gerade als Fan der letzten drei Alben (von denen "Black Butterfly" heute ausgeklammert wird) tut mir dies leid, denn die Band hat etliche Kracher wie den an "We Will Rock You" erinnernden Stampfer "It's A Party" oder das auch neue "All Night Long" im Köcher und legt sich auf der Bühne ins Zeug. Aber entweder brauchen sie, um (bei uns) überzeugend zu wirken, Clubs, ihre eigene Headline-Show oder zumindest eine Stunde Zeit, denn wir Anhänger wollen auch die Midtempo-Songs hören.

Roach's Guitar  Jacoby Shaddix' hautnaher Fankontakt mit der 1. Reihe

Papa's Bass  Papa Roach Drums: Ja, ja, unscharf, ich weiß!! Versucht mal in dem Chaos 'n scharfes Bild hinzubekommen ...
Schichtwechsel in Freiburg: Die kleine Sleaze/Glam-Fanschar, die sich null für die nächste Band interessiert, steht artig im Foyer an für das Meet'n'Greet mit Buckcherry, während die Schüler vorne auf PAPA ROACH warten. Vor vier Jahren hat mich die Band als Vorgruppe bei Iron Maiden regelrecht genervt, inzwischen habe ich angesichts der fünf neuen (Studio-) Tracks auf "Time For Annihilation" meine Meinung geändert und attestiere der Band 2010, eine gelungene Rock'n'Roll-Vorstellung hingelegt zu haben, denn diese fünf Songs sind alle klasse. Mit einem reichlich mit Blink- und Blitzlicht verstärkten Intro bricht dann auch ein kleiner Sturm los und der extrem agile Frontmann Jacoby Shaddix peitscht die Massen pausenlos zu weiterem Gehopse an. Songs wie das mitgröhlkompatible "Kick In The Teeth" haben schon einen gewissen Unterhaltungswert, gerade auch weil hier klar wird, dass der Spaß und die Action im Vordergrund stehen soll und nicht die düsteren und finsteren Töne dominieren (wie eine Stunde später ...). Auch wenn mir nicht alle Songs des Sets gefielen ("Last Resort" ist da zu nennen), hat der Auftritt der Band enorm Power und erntet klar die frenetischsten Reaktionen des Tages.

DisturbedBass  David Draiman, Disturbed

Disturbed Drums  Gähn, stets die gleichen Klischee-Posen ...
Bei DISTURBED wird der Reizüberflutungs-Overkill dann aber gnadenlos übertrieben und ich bin der festen Meinung, dass, wenn all der Zirkus (das pausenlose Geflacker, die Blitze, die hektischen Hintergrundfilmchen und das monotone Grundrauschen, das ständig unter den Sound gemischt wird) abgezogen wird, reichlich wenig übrigbleibt. Disturbed live sind extrem monoton und langweilig, in jeder Pause ein paar Introtöne, dann ein viel zu dominierendes Gewummere der Drums und ein limitierter Sänger mit den stets gleichen ausgelutschten Posen und den stets gleichen Sprüchen "Are you with me?" oder "Put your fists in the air!" Erneut setzt David Draiman wie schon vor 2 Jahren in Karlsruhe seinen Gesang bei "Land Of Confusion" in den Sand und trifft kaum die Töne, warum bemerkt das eigentlich von den anderen Schreiberlingen niemand? Natürlich fällt das bei den eigenen Songs nicht so sehr auf. Aber keinerlei Abwechslung, nur stumpf ist Trumpf bei dieser Band, so dass ich nach 40 Minuten auch genug habe und die Halle verlasse.
Morgen früh, 7:50, 1. Stunde: Mathematik!
Heute übrigens einmal mehr extrem nervig und störend ist die Gruppe der Hobby-Filmer und Handy-Fotografen: Jeder zweite Blödmann hebt sein beschissenes Handy auch in der 30. Reihe noch hoch und versperrt den hinter ihm Stehenden die Sicht für ein verwackeltes Rauschen, auf dem man nachher eh nix erkennen kann. Dennoch wird ein zufriedenes Fazit der Veranstaltung gezogen: 3 out of 4 ain't bad!

Fotos: Georg Loegler






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