Eläkeläiset 27.04.2010 Leipzig, Moritzbastei von rls
Zu denjenigen, die unter dem Ausbruch des isländischen Vulkans mit dem unaussprechlichen Namen zu leiden hatten, zählten auch Eläkeläiset, denn deren Flug von Helsinki nach Hamburg zum ersten Gig der 2010er Mitteleuropa-Tour gehörte zu den ersten, die aufgrund der Aschewolke abgesagt wurden. Aber ein Finne ist standhaft: Die Band setzte sich kurzerhand ins Auto und durchquerte mit selbigem ganz Skandinavien, so daß nur der Hamburg-Gig gecancelt werden mußte und bis zum vorletzten Gig der Tour in Leipzig längst alles wieder "in Butter" war. Der Rezensent hat die 2009er Tour verpaßt und kann daher nur zum 2008er Gig an gleicher Stelle Vergleiche ziehen. Stand damals eine riesige Schlange an der Abendkasse, um eventuell noch Restkarten für den nach einiger Zeit ausverkauften Gig zu ergattern, so hielt sich der Andrang diesmal in überschaubareren Grenzen, was den Vorteil hatte, daß man in der trotzdem ordentlich gefüllten Moritzbastei-Tonne nicht wie Heringe in der Dose stand, sondern tatsächlich ein wenig Platz zum Tanzen hatte, was diverse Figuren dann auch reichlich ausnutzten; auch der Rezensent kam nicht umhin, in seiner Ecke links hinten fleißig das Tanzbein zu schwingen und gelegentlich das Haupthaar zu schütteln, zum Schluß dann sogar synchron mit einem attraktiven dunkelhaarigen weiblichen Wesen rechts neben ihm. Eine Vorband gab es diesmal nicht, und das bewährte Intro, Julius Fuciks "Einzug der Gladiatoren", dauerte diesmal nur relativ kurz, bevor die fünfköpfige Besetzung die Bühne betrat. Personalstruktur und instrumentelle Aufteilung (Drums, Baß, Akkordeon und 2x Keyboards) entsprachen dem 2008er Gig, und am Grundkonzept hatten Eläkeläiset natürlich auch nichts verändert - also alles aus der finnischen wie internationalen Rockwelt herzunehmen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, es in Humppa- oder Jenkka-Fassungen zu verwandeln (die beiden Grundformen der finnischen Polka) und es mit neuen finnischen Texten auszustatten. Letztgenannter Umstand führte auch an diesem Abend dazu, daß sich die Mitsingmöglichkeiten des Publikums bis auf diverse Singalongs Marke "Lei-lei-lei", in die etwa das gepfiffene Thema von "Wind Of Change" verwandelt worden war, in Grenzen hielten, aber so konnte man sich eben stärker auf den instrumentalen Teil konzentrieren und aufpassen, daß man bei einem der seltenen, aber eben doch immer mal vorhandenen Breaks nicht aus dem Tanztakt kam. Vom Gesamtsoundbild her hatte das Akkordeon trotz seiner zentralen Plazierung in der räumlichen Aufteilung auf der Bühne wieder einmal die Loserkarte gezogen, so daß man es nur gelegentlich in Breaks und Soli wahrnehmen konnte, während es ansonsten besonders durch die beiden Keyboards akustisch weitgehend zugedeckt wurde. Erneut teilten sich alle fünf Mitglieder den Leadgesang, übrigens nach einem festen Schema, beginnend jeweils beim äußeren Keyboarder und endend beim auf der anderen Seite der Bühne sitzenden Drummer, so daß ein "Durchlauf" also insgesamt fünf Songs umfaßte und der Gesamtset fünf Durchläufe plus einen Durchlauf als Zugabe enthielt (die zweite Zugabe bestand aus einem Medley, das allerdings unerwarteterweise das Schema durchbrach, indem es nur aus vier Songs zusammengesetzt war). Leider hatte man auch das Problem der unterschiedlichen Lautstärkeeinstellung der fünf Mikrofone von vor zwei Jahren "herübergerettet", so daß einige der Ansagenwitze und auch einige der Leadvocals etwas auf der Strecke blieben; hier sollte man sich irgendwie mal noch etwas einfallen lassen, um dieses Problem zu lösen. Aber den generellen Unterhaltungswert des Sets senkte dieses Faktum nur um Nuancen - statt dessen fuhren sowohl Midtemposongs wie "These Boots" als auch flotte Nummern wie erwähntes "Wind Of Change" ohne große Umwege in die Hintergliedmaßen des Publikums, sofern selbiges nicht gerade innehielt, um sich der Aufgabe der Songidentifikation zu stellen, was in einigen Fällen durchaus eine recht komplizierte Aufgabe darstellte - eine textliche Identifikation ist wie erwähnt nicht möglich und auch die musikalische ob einiger Anflüge von Dekonstruktivismus mitunter nicht ganz einfach (abgesehen davon, daß die Band gelegentlich gern auch finnischen Punkrock covert, den im Original in Mitteleuropa sowieso außer ein paar Spezialisten niemand kennt). Zweimal verwandelten sich Bandmitglieder sogar in Stagediver (der eine schaffte es tatsächlich bis kurz vors Mischpult am anderen Ende der Tonne), die Keyboarder bearbeiteten ihre Instrumente in den unmöglichsten Stellungen, und auch ein paar geistige Getränke mußten ihre Vernichtung erleben. "Enter Sandman" beendete den Hauptset, in dem beispielsweise "Mrs. Robinson" oder "Nemo" für gute Laune gesorgt hatten, der Zugabenblock fuhr u.a. noch "We Will Rock You", "Run To The Hills" oder "Dancing With Myself" auf, und das Medley enthielt die beliebte Kombination aus "Breaking The Law" und "No Limit", die Puristen beider Lager mal wieder zum Messerwetzen animiert haben dürfte. Aber solche waren an diesem Abend nicht anwesend, und laute "Humppa, Humppa"-Schlachtrufe begleiteten das Quintett nicht nur durch den, sondern auch nach dem Set. Beste Unterhaltung!
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