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Russian Circles, Carontte   12.03.2010   Barcelona (ESP), Sala Begood
von kk

Auf der Suche nach Post-Rock-, Sludge- und Metal-Konzerten wird man in Barcelona früher oder später ins Sala Begood getrieben. Mit Kylesa, Dark Castle stehen zwei große Namen auf der Agenda, Russian Circles haben kurz vor dem Wochenende Menschenschlangen vor dem kleinen Club verursacht - Einlassgrenze: 300 Menschen. Das Untergeschoss des Sala Begood im Stadtzentrum am Plaça Joan Llongueras ist sehr überschaubar, die Bühne klein.
Dort stehen zunächst Carontte. Die Gruppe recht junger Post-Metaller eröffnet mit einem Intro, das simpler nicht sein könnte: drei Gitarren und Bass verharren auf einer Tonhöhe. Die Band verfällt in eine Monotonie, es passiert eine Weile nichts, bis die Leadgitarre ausbricht und sich langsam ein düsteres vom Schlagzeug klar strukturiertes Songgebilde ergibt. Das wirkt kurzzeitig wie eine reduzierte Version von Doomriders, Assoziationen mit Sludge- und Stoner-Bands verschwinden jedoch mit Ende des ersten Songs. Carontte haben sich mit dem Opener eine Highscore geschaffen, die sie im weiteren Verlauf nicht nochmal übertreffen können: Die Melodien und Riffs der Band erhalten eine Tendenz zur seichten Melodiösität, das Growlen des Sängers ist deplatziert und dissonant und die im Opener noch ausgefeilt wirkende Songstruktur zieht sich nun breiig in die Länge. Es scheint, als wären Carontte nach dem ersten Song falsch abgebogen.
Die folgende Umbaupause gestaltet sich schwierig, da der Hauptzugang zur Bühne zu deren Front ist, diese ja aber vom Publikum verstellt wird. Trotz dieser Widrigkeit schaffen es Russian Circles nach einer gefühlten halben Stunde auf die Bühne.
Mit Beginn des Konzerts steht ein großes Wort im Raum, das Russian Circles von ihrem Support unterscheidet: Atmosphäre. Der Gitarrist lässt eine Saite erklingen und spielt mit Übersteuerungen, durchgängig überlagert von leisem aber hörbarem sonoren Brummen. Aus der Performance der Amerikaner wird so ein sich über den ganzen Abend austreckender Song. Ist die Soundwand einmal errichtet, beginnt der Gitarrist zu tappen und wenige Töne kühl und monoton zu wiederholen. Der Bassist wärmt das Geschehen und kämpft vereinzelt gegen die überpräsente Gitarre an. Die Band wirkt perfekt eingespielt. Nach einigen Songs wird jedoch das Konzerterlebnis getrübt: Wo Carontte noch mit der Monotonie gespielt haben, wird sie bei Russian Circles stellenweise unfreiwillig zum Störgeist. Viele Passagen kennzeichnen sich durch Überlagerungen aus Dreier- und Vierertakten, nutzen sich ab und werden redundant. Aus dieser Misere hilft ihnen live gerade so der Drummer aus der hinteren Bühnenmitte, der gegen diese Einheitlichkeit anspielt und mit weniger vorhersehbarem Akzentuieren aufzubrechen versucht. Wiederum als Gitarrist nur das Kabel aus der E-Gitarre zu ziehen und mit dem Kontakt am Audioeingang des Instruments zu spielen, bietet verzichtbare Varianz und strapaziert die Nerven. Ob Russian Circles den Abend bewusst oder unbewusst so gestaltet haben, wissen nur sie selbst. Ein Konzert absichtlich nicht am Publikum zu orientieren mag zwar schon wieder eine Attitüde, eine Antihaltung sein, ist gegenüber dem zahlenden Fan jedoch schlicht unfair.

Links:
www.myspace.com/carontte
www.myspace.com/russiancircles
www.russiancircles.net



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