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Miss Li, Micke Lohse   18.11.2009   Leipzig, Moritzbastei
von kk

Bei keinem anderen Konzern funktioniert der Hype von schönen Songs so gut wie bei Apple. Ein Auftritt im Spot des Apfel-Imperiums - und augenblicklich wird die betreffende Band ins Bewusstsein der musikinteressierten Öffentlichkeit katapultiert. Das Prinzip funktioniert immer: Chairlift ("Bruises"), Yael Naim ("New Soul"), The Submarines ("You & Me & The Bourgeoisie"), um nur einige aktuelle Beispiele zu nennen. Und zuletzt eben auch mit dem Song "Bourgeois Shangri-La" der Schwedin Miss Li. Die gut gefüllte Moritzbastei lässt sich also vermutlich nicht nur auf die flächendeckend plakatierte Innenstadt zurückführen, sondern auch auf ihre eben erklärte mediale Präsenz.
Begleitet wird Miss Li auf ihrer Tour von Micke Lohse, einem Mann im Anzug und mit gegelten schwarzen Haaren, der den Eindruck erweckt, er könne genauso gut in spärlich beleuchteten und mäßig besuchten Bars ein eher tristes Dasein am Klavier fristen. Dabei wirkt er, als habe er bereits viel erlebt - und viel meint hier viel Trauriges. Die von ihm als "schnell" bezeichneten Songs sind sicher etwas beschwingter, aber auch nur in einem desperaten Paralleluniversum. Micke Lohse schafft es jedoch, diese unterschwellige Verzweiflung mit einem zwinkernden Auge für den Zuhörer zu verpacken, wie etwa in seinem letzten Song, in dem der Besungene gerade ins Grab gelassen wird. "Sing me down!" animiert er das Publikum immer wieder und legt sich unter anhaltendem Publikumsgesang ganz langsam auf die Bühne - imposanter Abgang.

Miss Li  Miss Li
Etwas später betritt eine Band die Bühne. Miss Li folgt und nutzt schon in den ersten Songs die bisherige getragene Stimmung als Fundament, um mal eben ihre eigene, unbeschwertere Welt daraufzustellen, und die steht ziemlich fest. Einen Großteil Beitrag dazu hat ihre Band, zusammengesetzt aus Menschen, die allesamt wirken, als wären sie mit ihrem Instrument auf die Welt gekommen: Ein immerglücklicher Bassist, ein Gitarren-Matrose, ein durch und durch sympathischer Schlagzeuger und ein blonder Saxophon-Riese bieten Rückhalt für die aufgedrehte Miss Li. Die entfaltet erst auf der Bühne ihre wahre Persönlichkeit. Von Platte und in der Werbung ist sie vielleicht die kleingewachsen klingende, charmante Schwedin, die schöne Popsongs schreibt. Auf der Bühne kommt jedoch der Charakterzug dazu, dass sie vermutlich auch nicht davor zurückscheut, Männern im Streitfall ihre hochhackigen Schuhe in den Schritt zu knallen. In dieser Frau steckt ordentlich Elan, und den lässt sie raus - durch Lächeln, durch Auf-dem-Klavier-Rumklettern, durch Tanzen - und steckt mit ihrer Euphorie und guten Laune an. So wird jeder Song zur kleinen Party, die ein durchgängiges Lächeln in die Gesichter zaubert. An "Gotta Leave My Troubles Behind", ruhig und nachdenklich, wird kurzerhand ein Ska-Remix des eigenen Songs gehängt, für Soli von Schlagzeug, Bass und Saxophon ist generell immer Platz und die Hits "Oh Boy" und "Bourgeois Shangri-La" tun dann noch ihr letztes, um auch noch die letzten Endorphine bei den Anwesenden zu veräußern. So viel Spielfreude in Kombination mit begabten Musikern sieht man eher selten. Und so viel Glück beim Vom-Klavier-Stürzen auch nicht.

Links:
www.mickefromsweden.se/
www.missli.se/



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