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Eastern Doom Fest mit Evoken, Officium Triste, Isole, Ophis   09.04.2009   Jena, Rosenkeller
von ta

Der Rosenkeller in Jena ist am 09.04. meine persönliche Metal-Location des Jahres 2009 geworden. Nicht nur, dass eine Doom-Gottheit wie Evoken dort aufspielt, der Eintritt ist mit 7,50 Euro im VVK und 10 Euronen an der Abendkasse ebenso fair wie ein halber Liter Gezapftes für 2 Ocken im Inneren. Zudem verbreitet das katakombenartige Ambiente ein angenehmes Flair von Doomigkeit, einem perfekten Abend stand also nichts im Wege. Perfekt ist er am Ende nicht geworden, gelungen allemal.
Der Zeitlupenreigen nimmt seinen Anfang bei OPHIS. Das Quartett aus dem Hansezentrum Hamburg startet seinen Set mit einem Sample aus "Der Exorzist III", welches nahtlos in den kraftstrotzenden Opener "Pazuzu" übergeht, und spielt die nächsten vier Songs Old School-Death/Doom, der von alten Katatonia bis Asphyx und Bolt Thrower reicht. Abstimmung und Auftreten sind respektabel und die Stimme von Sänger Phil erinnert etwas an Holland-Legende Martin van Drunen (u.a. Ex-Asphyx, Hail Of Bullets), sicherlich keine schlechte Referenz. Leider braucht der Sound eine Weile, um die Leadgitarre aus den insgesamt ohnehin bereits sehr grobschlächtigen Songs soweit zu befreien, dass sie für Normalsterbliche hörbar wird, und auch eine Ansage wie "Der nächste Song handelt davon, dass diese Welt ein Haufen Kacke ist" ist nun nicht gerade ein intellektuelles Bravourstück. Insgesamt dennoch ein sehenswerter Gig einer hoffnungsvollen jungen Band.
ISOLE sind eine komplett andere Baustelle und spielen klassischen Epic Doom in Candlemass- bzw. Solstice-Manier. Die vier Schweden punkten bereits durch ihre charismatische Optik: Komplett barttragend, mit Bassist Henrik Lindenmo in der Mitte der Bühne. Diese Aufteilung ist kein Zufall, denn das links und rechts von Lindenmo formierte Gitarrenduo aus Daniel Bryntse und Christer Olsson übernimmt die Gesangsparts gleichberechtigt. Und es schlägt sich wacker dabei, die vielen zweistimmigen Passagen sitzen - meist - wie eine Eins. Was die Spielfreude betrifft, sind Isole mit viel Bewegung und Kommunikation der unangefochtene Abendsieger, musikalisch sind sie in meinen Augen respektive Ohren aber von jeher etwas zu höhepunktarm.
Die Setlist überrascht mich etwas, denn nach "Deceiver" von "Forevermore", "Autumn Leaves" von "Throne Of Void" und der Hymne "By Blood" von "Bliss Of Solitude" ist es mit "Soulscarred" erst der vierte und auch einzige Song, der vom neuen Album "Silent Ruins" stammt. Hernach ertönt mit "Demon Green" von "Throne ..." bereits der offizielle Abschluss, aber die Band lässt sich trotz eigentlich striktem Zeitplan noch für eine Zugabe zurück bitten und kredenzt auf ausdrücklichen Publikumswunsch "Forevermore", den semiballadesken Titeltrack des Debüts. Es wird die einzige Zugabe des Abends bleiben, und sie geht leider zwei Stunden später auf Kosten von Evoken.
Die Niederländer von OFFICIUM TRISTE befinden sich bereits in ihrem fünfzehnten Bandjahr und ihre CDs und Shirts dominieren folglich den Merchandise-Stand. Musikalisch sind sie von einer Offenbarung aber ein gutes Stück entfernt. Ihr hochmelodiöser Death Doom ist ebenso konventionell wie aalglatt und gleitet allzu häufig ins Kitschige ab. Dazu tragen die aus der Konserve eingespielten und sehr dominanten Keyboardklänge ebenso bei wie die vorhersehbaren Gitarrenharmonien und die Reimdichoderichfressdich-Trauerlyrik. Grunzbarde Pim macht seine gesangliche Sache indes sehr gut, seine Stimme setzt sich ebenso durch wie seine optische Erscheinung - der Mann sieht locker 10 Jahre älter aus als seine Bandkollegen. Den professionellen Gesamteindruck kann auch der Rest der Band tragen, so dass die engagierte Show die musikalischen Schwächen etwas ausbügelt. Höhepunkt der Setlist: "Roses On My Grave", des fehlenden Keys wegen.
Anschließend erst Pflichtpinkeln und dann Gebetsteppichausrollen. EVOKEN betreten die Bühne und walzen mit "Of Purest Absolution", dem dritten Song ihres aktuellen Referenzwerks "A Caress Of The Void", alles nieder. Sollte jemand die Manifestation eines ultrafetten Doom-Riffs brauchen, höre er sich den Anfang dieses Songs an! Das abwechslungsreiche "Antithesis Of Light" vom gleichnamigen Album setzt das hochklassige Musizieren fort und spätestens jetzt steht fest, dass EVOKEN musikalisch alle Vorgängerbands locker in die Tasche packen. Showtechnisch gibt es indes Schwächen. Gelangweilt kommt der seine Passagen von Noten abspielende Neuzugang Don Zaros an den Keyboards rüber, wobei man dazu sagen muss, dass er auch am wenigsten zu tun hat. Das komplette Gegenteil ist Bassist David Wagner, ebenfalls neu im Evoken-Camp, dessen übermotiviertes Abrocken aber wiederum mit dem Schneckentempo und der Düsternis des dargebotenen Materials nur bedingt harmoniert. Dass man gerade ihn in der Mitte der Bühne positioniert (weil das Pedal von Gitarrist/Sänger John Paradiso dort zuviel Platz weggenommen hätte) war showtechnisch eine etwas unglückliche Entscheidung. Gitarrist Nick Orlando hat der Ankündigung, die er März 2008 auf metalnews.de machte, Taten folgen lassen und ist von New Jersey, dem Sitz der Band, nach North Carolina gezogen. Er ist deshalb vorerst nicht mehr Teil der Band und wird ersetzt durch den langjährigen Evoken-Intimus Chris Molinari, dessen introvertiertes und hochkonzentriertes Auftreten zu den Stärken des Auftritts gehört. Ebenso introvertiert und hochkonzentriert spielt Vince Verkay seine mächtigen Schlagzeugspuren, während Muskelpaket John Paradiso auch vom Bühnenrand aus noch die Autorität ausstrahlt, die eben nötig ist, wenn man derartig tief herumröchelt und über solchen Riffbergen thronen muss.
Neben dem genannten "Of Purest Absolution" ist "A Caress Of The Void" noch mit dem ultrazähen Titeltrack und dem monotonen Instrumental "Mare Erythraeum" vertreten - eine gewagte Auswahl, die jedoch funktioniert. Das epische "Quietus"-Werk darf mit dem wunderbaren "In Pestilence Burning" und der Walze "Where Ghosts Fall Silent" auftrumpfen, das Debüt "Embrace The Emptiness" wird dagegen komplett ausgespart. Dass das so gedacht war, wage ich zu bezweifeln - Zugaberufe können Evoken nämlich nicht mehr erfüllen, da es nach "Where Ghosts ..." bereits Mitternacht ist und die Betreiber des Rosenkellers Ärger mit örtlichen Behörden befürchten müssten, sollte das Konzert in den Karfreitag hereinreichen. Pech für die Doomster vor der Bühne, die übrigens im Vergleich zu Officium Triste und Isole sehr still geworden sind. Ob aus Demut oder fehlender Begeisterung, ist aber festzustellen. Verdient hätten Evoken jedenfalls nur erstere.



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