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Hannes Buder   31.01.2009   Frohburg, Kirchgemeindehaus
von rls

Alle Jahre wieder steht es Ende Januar oder Anfang Februar auf dem Programm, das Gitarrenseminar im Kirchenbezirk Borna (auch wenn es den unter diesem Namen eigentlich gar nicht mehr gibt), und auch die Verpflichtung des jeweiligen Dozenten für ein abendliches Dozentenkonzert hat schon Tradition. Ergo kam anno 2009 Hannes Buder zu der Ehre, neben seinen Schützlingen auch eine gewisse weitere Öffentlichkeit zu beschallen (die Stühle im Gemeindesaal reichten jedenfalls nicht, und es mußten noch welche herzugeholt werden), und er tat das auf durchaus originelle Weise, nämlich mit einem Solokonzert für E-Gitarre. Als Soloinstrument hört man ja im Regelfall die akustische Gitarre, weniger die elektrische, welchletztere eine deutliche Konnotation als Bandinstrument besitzt (der häufig zu lesende Begriff "Gitarrensolo" ist dementsprechend oft etwas irreführend, bezeichnet er doch im Normalfall keineswegs einen ohne seine Bandkollegen spielenden Gitarristen, sondern einen, der gerade Lead- und keine Rhythmuspassagen spielt, wobei auch diese Termini äußerst schwammig sind). Aber E-Gitarre solo? Das reichlich einstündige Konzert beseitigte etwaige Zweifel bezüglich dieser eigentümlichen Instrumentation aber in vollständiger Manier, ohne daß der Solist dabei in die wirrsten und verdrehtesten Konstruktionen abdriften mußte, wenngleich er das bisweilen auch schon mal tat, aber "songdienlich" und nicht zum Selbstzweck. Wiedererkennbare Strukturen, gelegentlich gar eingängige Melodien stellten keinesfalls Fremdworte in Buders Schaffen dar, und "wiedererkennbar" bezog sich dabei sogar auf einzelne Songelemente, die sich der Wahlberliner unbewußt bei anderen Kollegen "ausgeliehen" hat - der Rezensent überlegt seit Tagen, an wen ihn die Melodien im eher ruhigen "Brothers III" erinnern, während die Parallele zu Led Zeppelins "Kashmir" gleich im Opener "Changes" ohne Probleme heraushörbar war. Über die Frage, ob man Buders Kompositionen nicht auch auf der Akustischen spielen können würde, oder über technische Erörterungen (welche Gitarren spielt Buder, welche Verstärker verwendet er ...) mögen sich Gitarristen und sonstige Fachleute austauschen, zu denen der Rezensent, der mit Mühe die Riffmelodie von "Smoke On The Water" auf den Saiten zupfen kann, nicht gehört. Dafür würde er sich wünschen, "Requiem For Alexander Litwinenko" doch mal im Kontext einer Band zu hören, denn speziell aus der ersten Songhälfte ließe sich vermutlich erstklassiger abgrundtiefer Doom Metal zaubern. Aber auch im Solokontext funktionierten viele der Ideen sehr gut - exemplarisch sei mal "Face Of Time" hervorgehoben, das quasi die Entschleunigung eines menschlichen Lebens ab 30 (die Buder gerade erreicht hat) in Töne umsetzt, ergo ebenso kraftvoll wie nervös-hibbelig und energiesprühend beginnt, um mit zunehmender Dauer immer gesetzter zu werden und schließlich das Lebenslicht vollends ausgeblasen zu bekommen. Buder bestritt das Konzert übrigens ohne "gitarrenfremde" Hilfsmittel (also kein im Hintergrund mitlaufender Drumcomputer oder so), sieht man einmal von einem Geigenbogen ab, der hier und da die Rolle von Plektrum oder Fingern zu übernehmen hatte. Im Verlaufe des Konzerts wurde er auch ansagetechnisch immer lockerer und baute reihenweise staubtrockenen Humor ein, der reihum Lachstürme verursachte. Das Publikum belohnte die ungewohnte, aber intensive Darbietung mit reichlich Applaus, und auf besonderen Wunsch von Kirchenbezirksjugendwart Andreas Bergmann packte Buder als Zugabe auch noch einen Song aus, mit dem er zwar schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hat, den er aber gar nicht mehr so gerne live spielt, da man ihn mittlerweile selbst als Klingelton satt hat: Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565, das einzige Cover des Gigs (sein Hauptset enthielt ausschließlich Eigenkompositionen), vom alten Bach stammend oder auch nicht (da kursieren immer noch umfangreiche Zweifel). Und was soll man sagen - eine feine Umsetzung ist ihm da gelungen, wenngleich man sich manche Linie noch ein wenig schärfer herausgearbeitet gewünscht hätte (aber vielleicht ist das ein subjektiver Wunsch des Rezensenten, der noch die etwas schärfer konturierte Lightmare-Fassung von Teilen des Stückes in "Bachtro" im musikalischen Langzeitgedächtnis aufbewahrt). So endete ein außergewöhnliches und interessantes Konzert, und wer Ähnliches erleben möchte, schaue mal auf www.hannesbuder.de vorbei, ob der Meister der Sechssaitigen vielleicht mal in seiner Nähe gastiert.

Setlist:
Changes
A Proper Girl
Brother I
Opening Your Heart May Cause Pain And Pleasure In Yet Unknown Intensity
Requiem For Alexander Litwinenko
Brother III
Face Of Time
Openyoureyescloseyoureyes
Kristin
Pain
Be Hope
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Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565



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