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Killswitch Engage, As I Lay Dying   05.08.2008   Leipzig, Werk II
von rls

Zwei der derzeit angesagtesten Metalcorebands (oder, da das Wort "Metalcore" ja niemand mehr hören will: Modern Melodic Death Metal-Bands) nutzten die Gelegenheit, um zwischen diversen Festivalgigs auf europäischem Boden noch ein paar Clubshows einzuschieben, selbst wenn es in den Clubs zu dieser Jahreszeit mitunter nicht gerade kühl ist. Da machte auch die große Halle im Werk II keine Ausnahme, obwohl zuvor auch noch eine Periode mit eher wenig sommerlichen Temperaturen zu konstatieren gewesen war - in der Halle jedenfalls herrschte drückende Hitze, wobei dankenswerterweise die Luftqualität dank des Rauchverbotes immer noch im annehmbaren Bereich blieb. Die vielleicht zu zwei Dritteln gefüllte Halle bekam nach einem ausgedehnten Soundcheck zunächst As I Lay Dying zu sehen (ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, daß der Trommler von ferne aussieht wie Axel Rudi Pell?) und partiell auch zu hören. Der Rezensent hatte schon vor einer Dekade die These aufgestellt, daß Melodic Death live nur bedingt beglückend ist, wenn man die Gitarren, besonders die Leadgitarren, nicht klar und deutlich hört - und diese These kann man auch auf den Metalcore ausdehnen, wofür der Gig dieses Abends ein neuerliches Beispiel bot. Einerseits stimmte zwar das Energielevel der von der Bühne gepusteten Songs zweifellos, aber der zwar nicht richtig schlechte, indes mit Fug und Recht mäßig zu nennende Sound verschluckte doch etliche Feinheiten und raubte dem bisweilen durchaus filigranen Material der fünf Amis einen nicht geringen Teil seines Reizes. Tim Lambesis versuchte dieses kleine Manko mit einer starken Energieleistung am Mikro und freundlicher Publikumskommunikation wieder wettzumachen, aber das gelang ihm natürlich nicht, denn die Gitarren wieder herzaubern konnte er damit selbstredend nicht. Das Publikum ließ sich indes die Laune nicht vermiesen, feierte das ältere "Forever" (mit großem Mitshoutpart) ähnlich ab wie neuere Werke Marke "Within Destruction" oder "The Sound Of Truth" (zu Recht, denn es sind und bleiben hervorragende Modern Melodic Death Metal-Kompositionen) und zeigte sich betreten, daß die Band schon nach sieben Songs die Bühne verlassen mußte und keine Zugabe genehmigt bekam. Wenn man bedenkt, daß As I Lay Dying eigentlich längst selbst Headlinerstatus haben, könnte man hier fast mit Vokabular Marke "verheizt" operieren. In umfangreicheren Packages mag ein so kurzer Set okay sein - aber bei gerade mal zwei Bands?
Als Killswitch Engage eine extrem lange Umbaupause ablaufen ließen, in der über mindestens die Hälfte der verstreichenden Zeit auf der Bühne nichts passierte, erhärtete sich der Verdacht, daß man den Konzertabend hiermit nur weiter ausdehnen, also summiert nicht ganz so kurz erscheinen lassen wollte und vor einem weiteren metalcoretypisch kurzen Set stünde - aber er bestätigte sich nicht, denn Killswitch Engage spielten unterm Strich doch recht lange und boten somit einen volumenseitig noch ansprechenden Gegenwert für die 23 Euro Eintrittsgeld. Daß sie das Thunderstorm-Shirt des Rezensenten gesehen hatten und daraufhin einen besonders doomlastigen Set zusammenstellten, darf zwar bezweifelt werden - aber fest stand, daß sie tatsächlich vergleichsweise doomlastig agierten und die Doomparts in einem breiten Spektrum von Classic Doom bis zu Crowbar-Hardcoredoom angesiedelt hatten, und auch die allgemeine Tempoobergrenze lag ein gutes Stück unter derjenigen von As I Lay Dying. Dafür durften sich die Headliner über einen etwas saubereren Sound freuen, der zwar immer noch Teile der Gitarren unhörbar gestaltete (weniger diejenigen von Bandkopf Adam D.), aber die allgemeine Balance etwas weiter verbesserte. Generell überraschte der vergleichsweise homogene Set, der nicht mal Hits wie "Rose Of Sharyn" nennenswert aus der Menge hervorstechen ließ, was durchaus als Kompliment zu verstehen ist und auch vom Publikum mit entsprechender guter Stimmung honoriert wurde. Einen markanten Eindruck hinterließ zudem die äußerst wandlungsfähige Stimme vom mittlerweile auch nicht mehr ganz so neuen Leadsänger Howard Jones (der außer dem üblichen Gebrüll und dem nicht minder unüblichen Cleangesang auch mannigfache Zwischenstufen beherrscht, beispielsweise auch eine angerauhte Stimmlage Marke Endachtziger-Hetfield hinbekommt, wie er an diesem Abend bewies), nicht weniger beeindruckend fielen allerdings Adams Backing Vocals aus - der Mann könnte in jeglicher denkbaren Band vom Melodic Rock bis zum Black Metal als Leadsänger einsteigen. Die Bühnenshow schmiß er übrigens auch gleich noch fast im Alleingang, wobei sich sein Humor in den Ansagen ungefähr bei Mario Barth einpendelte, was man wahlweise gut oder nicht so gut finden kann. Die letzte Zugabe kündigte er als "von einem kleinen Mann stammend" an, und so erklang programmgemäß "Holy Diver", original bekanntlich der Titelsong des Dio-Debüts, der in der vorliegenden Livefassung allerdings deutlich machte, daß zwischen den Metalcore-Marktführern und dem kleinen Sangesgott samt seinen damaligen Spießgesellen doch noch ein, zwei Treppchen an Qualitätsunterschied und sicherem Händchen im Einsatz der musikalischen Mittel zu überwinden sind, und das war nicht nur an den hier viel zu undifferenzierten Gitarren, die es selbst dem Rezensenten und Dio-Anhänger unmöglich machten, den Song auf Anhieb am Introriff zu identifizieren, festzumachen. Nichtsdestotrotz mobilisierte die Classic Metal-Fraktion zu diesem Song noch einmal die Haarpracht und brachte sie zum Rotieren, sich wegen der dadurch erzeugten kühlenden Luftbewegung dankbare Blicke von den Nachbarn einhandelnd. Kein schlechter Gig, nein, das nicht - aber ein richtig guter für die Ewigkeit klingt eben auch anders. Trotzdem ein unterhaltsamer Abend.



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