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Fury In The Slaughterhouse, Schulz, Gregory Darling   01.04.2008   Mannheim, Rosengarten
von gl

Gregory Darling eröffnet den Abend und sprichwörtlich "keine Sau" scheint den Mann mit Hut zu kennen. Es hat ein klein wenig was von "Perlen vor die Säue", was sich da ereignet, als Gregory einige Lieder seiner tollen "Shell"-Platte vorträgt, entweder am Klavier oder auch mal mit dem Mikro als Sänger. Da ist es wohl auch nebensächlich, dass sich mit Danni Bardot der ehemalige DARLING CRUEL-Gitarrist zu Gregory gesellt hat, um ihn live auf dieser Tour zu unterstützen, was jedoch nicht zum Vortrage eines der gemeinsamen alten Lieder führt. Wunderbar eingängiges Liedgut wie die Hits - na, zumindest für mich - "Angel Of Mercy" oder das melancholisch verträumte "Medication" werden vor einer schweigend auf die Bühne starrenden Masse aufgeführt, obwohl wie immer bei FURY der Künstler zuvor von einem Bandmitglied angekündigt wurde.
Gregory Darling  Gregory Darling

Gregory Darling  Gregory Darling

Und auch beim zweiten Opener, dem einfach nur SCHULZ betitelten Klampfer und Sänger wird Unterstützung gewährt, denn Christof Stein-Schneider kommt für einen Song mit dazu. Ansonsten war der Schulz in meinen Augen absolut nichts Besonderes.
Schulz erhält Schützenhilfe von Christoph von FURY

Es ist mein 11. Fury In The Slaughterhouse-Konzert, man könnte fast meinen, ich sei Fan der Band ... :-) Und in den 18 Jahren seit meiner ersten Live-Begegnung mit ihnen haben sie, soweit ich es beurteilen kann, live nie enttäuscht, nie abgesagt und sich nie irgendwelche Arschloch-Aktionen geleistet. Sie haben stets mit Herzblut unpeinlich ihre Arbeit verrichtet, sichtlich Spaß an der Sache gehabt und das kam einfach bei den Leuten an.

Na, was haben wir denn heute so im Programm?
Sie hatten es schon lange im Voraus angekündigt: Es sollte ihre letzte Tournee werden und die führte sie wieder zurück in den Mannheimer Rosengarten, wo sie zu ihren erfolgreichen Zeiten den größten Saal drei Mal füllten. Dieses Mal ist es der Musensaal, das gibt aber immer noch mehr Besuchern als im Capitol die Chance, die Hannoveraner nach 21 Jahren noch einmal zu sehen. Los geht's mit "Cut Myself Into Pieces", wonach gleich der DJ gehängt wird und man spürt sofort, das ist kein Abspulen und Routine einer Abschiedstour, die Band brennt noch und das kommt klar rüber.

Mister Zuverlässig Christian Decker am Bass  Who needs 2 Bass Drums? Rainer Schumann sicher nicht
"Hello And Goodbye" mag passend zum Tourmotto "Farewell & Goodbye" das Motto dieser sehr gut mit ca. 2000 Leuten besuchten Veranstaltung sein (klar, dass zum Schluss noch "Goodbye So Long" vom "Nimby"-Album kommt), und gleich als 4. Stück kommt einer der größten Hits: "Radio Orchid" mit Kais obligatorischem Ausflug in den Mob. Eine in anderen Ländern wie den USA wohl undenkbare Sache, dass sich ein Sänger ohne Bodyguard direkt in die Masse begibt, aber er hat bis heute festgehalten an diesem fannahen Entgegenkommen.
Sie hören zwar auf, dennoch gibt's einen brandneuen Song: "Jericho" vom Karriererückblick "Don't Look Back", eben nicht einer schnöden Hit-Aneinanderreihung, sondern einer geschmackvollen Compilation von raren Takes, B-Seiten und wenigen neuen Songs. Und so sieht auch die Set-List heute abend aus, eben nicht - wie evtl. vom einen oder anderen erwartet - die allseits bekannten Songs runtergezockt, sondern sehr elegant einige ältere kaum gespielte Perlen mal wieder ausgegraben - sehr schön, danke.

Christof Stein-Schneider steht wie immer links außen  Kai Wingenfelder in seinem Element

Einzigartig: 2 Songs direkt inmitten des auf dem Boden sitzenden Publikums gespielt  Die Wingenfelder-Brüder hautnah zum Anfassen
Und sie haben sich wahrlich etwas Besonderes ausgedacht und begeben sich als Sextett komplett unter die Zuschauer, bitten die komplette Halle, sich hinzusetzen und spielen nicht nur einen, sondern ZWEI Songs ("One Good Reason" und "Bring Me Home") in dieser einzigartigen Umgebung. Fury unplugged und hautnah zum Anfassen sozusagen. Als sich nach dem ersten Song einige ältere Semester unter Strecken erheben wollten, befiehlt Kai: "Sitzenbleiben, noch nicht fertig" und er kenne das, das Rheuma ... Oben dann wieder wie das eh und je war, die üblichen Frotzeleien und gegenseitigen Veräppelungen, und FURY sind eine Band, wo alles spontan ist und eben nicht jeden Abend die gleichen Sprüche kommen, wenn ich auch die alten Grabenkämpfe zwischen Gero und Christof immer noch am gnadenlosesten fand.

Das Licht war auch nicht zu verachten  Die letzten traurigen Töne von Gero Drnek an der Quetschkommode
Die edle Licht-Installation mit den sechs Säulen soll nicht unerwähnt bleiben. Gegen Ende wird dann die Hitdichte größer und es gelingt dem Mannheimer Publikum, die Band dreimal zurückzuholen, so dass die Netto-Spielzeit bei weit über 2 Stunden liegt. Auch wenn man es schon mehrfach erlebt hat, die Endlos-Gesänge von "Won't Forget These Days" - auch Minuten nachdem die Band die Bühne verlassen hat - sind immer wieder etwas ganz Besonderes, was einfach fehlen wird in unserer Live-Landschaft ... Nach zwei weiteren letzten Überraschungen "Come On" und "Down There", wozu sich Gero etwas wehmütig mit dem Akkordeon auf den Bühnenrand setzt, spielen Kai und Christof dann zu zweit die allerletzen sanften Klänge von "Seconds To Fall".

Die allerletzten Töne von Christof und Kai als Duo in spärlichem Licht  Eine wunderbare Live-Band verabschiedet sich zum letzten Mal ...
Absolut abrupt und völlig unpassend ertönen schon 2 Minuten danach, als einige Zuschauer einfach nur noch dastehen und auf die leere Bühne gucken, die Akku-Schrauber der Crew, die mit Getöse und Geklapper den Abbau beginnt.
Bleibt nur noch DANKE zu sagen für all die Shows und Platten von Fury In The Slaughterhouse, Ihr werdet vermisst werden, das ist sicher.

PS: Wie schnell sich die Zeiten ändern, belegt eine kuriose Randnotiz: 2004 in einem Interview von einem Bandmitglied noch geäußert: "Die Zahlen unserer Albumverkäufe entsprechen keineswegs mehr den Zahlen der Konzertbesucher; das liegt wohl daran, dass man noch kein Konzert downloaden kann." Und anno 2008 gibt's genau das, und es wird während des Gigs auch von der Band beworben: Auf Wunsch bekommt man nach Konzertende auf einem USB-Stick das Konzert vom aktuellen Abend zum Kaufe angeboten und, wer möchte, sogar die Zugabe dann nach Hause nachgeliefert ... Also, da bewahre ich mir lieber die Erinnerung im Kopf.

Fotos: gl






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