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Dolores O'Riordan   16.11.2007   Mannheim, Alte Feuerwache
von gl

Im Juni 2007 fanden gerade einmal zwei Konzerte von Dolores O'Riordan in Deutschland (Berlin und Köln), übrigens mit Ray Wilson als Support, statt. Dass sie im November genau ein einziges Konzert, und dann noch vor meiner Haustüre und dazu noch im gleichen Gebäude, in dem ich bei einem freien Radio eine Sendung gestalte, nachlegt, war eine wahrlich glückliche Fügung des Schicksals. Ein Interview war also geradezu Pflicht, da das 1. Soloalbum von Dolores "Are You Listening" mir extrem gut gefiel, obwohl ich keineswegs als CRANBERRIES-Fan bezeichnet werden kann. Tja, aber wie dran kommen, durch das Promotion-Vakuum aufgrund des Niedergangs von Sanctuary und keinerlei Email-Kontaktmöglichkeiten? Und auch hier wieder zwei glückliche Helferlein: Es klappte tatsächlich mit einer Audienz bei der Künstlerin, über ihren Bassisten Marco Mendoza und dessen Promoterin. Und einmal mehr bestätigt sich die Theorie, dass die wahren Stars mitunter WESENTLICH freundlicher und kooperativer sind als einstige Midclass-Acts, die GLAUBEN, noch immer die Diva raushängen zu müssen. (Siehe z.B. L.A. GUNS oder WASP.)

Ob mit THIN LIZZY, WHITESNAKE oder Dolores: Marco Mendoza hat immer gute Bühnenpräsenz!  War schon bei den CRANBERRIES mit dabei: Steve DeMarchi (ex-ALIAS)
Im Gegensatz dazu: Ein Marco Mendoza, der mit THIN LIZZY und WHITESNAKE diesen Planeten betourte, ist ein dermaßen lockerer, freundlicher Typ, so dass gleich noch ein Spontan-Interview mit ihm und Gitarrist Steve DeMarchi vorgeschoben wurde. Und auch der (ehemals bei den von mir sehr geschätzen ALIAS, Platte 1990 auf EMI und bereits bei den CRANBERRIES dabei) ist solch ein herzlicher Typ, dass ich es schier nicht glauben wollte. Die Krönung war aber dann das Meeting mit einer völlig entspannten, ruhigen und liebenswerten Dolores O'Riordan (wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, als sie bereits auf der Bühne stehen sollte!) die eher eine angenehme Plauderei denn ein Frage-und-Antwort-Spiel für Radio war. Sorry für diesen langen Passus, aber habe es extra mal mit reingenommen, da man oft in Presse-Interviews mit dem beklemmenden Gefühl rausgeht, doch nur die zurecht gelegten wiederholen Standard-Antworten vorgesetzt bekommen zu haben.

Den kennt man auch, wenn man genau hinschaut: Ex-THERAPY?-Drummer Graham Hopkins  Und noch ein DeMarchi: Steves Bruder Denny am Keyboard
Zu den o.e. Top-Musikern gesellt sich ein weiterer nicht ganz Unbekannter: THERAPY?-Drummer Graham Hopkins sorgt in Dolores' Band für den rechten Punch. Und Steve hat seinen Bruder Denny mitgebracht, der für die Keyboards zuständig ist. Das wissen sicherlich die meisten der ca. 800 Besucher an diesem Abend gar nicht, und wenn, könnten sie kaum was mit den Namen der erstklassigen Musiker anfangen, soll aber einmal als Grundlage dienen, warum nicht nur die Platte "Are You Listening" (bei der übrigens Gil Moore, ex-TRIUMPH mitgewirkt hat) so famos ausgefallen ist, sondern auch das Konzert zu den Highlights des Jahres zählen muss.

Noch in der Jacke, es war ja kalt  Dolores O'Riordan hinterließ einen durchgehend sympathischen Eindruck

Sexy Dolores  ... an der Tin Whistle beim Beginn von 'Human Spirit', einem neuen Song

... und auch an der Gitarre!  Dolores mit Akustik-Gitarre
Ohne Dolores beginnen die vier Instrumentalisten, bevor sie noch in einer Jacke die Bühne betritt und mit dem ersten von vielen CRANBERRIES-Stücken, nämlich "Linger", den Abend eröffnet. Ihr Stage-Acting ist selbstsicher, durchdacht und überaus sympathisch - sie lächelt viel, und ihre Tanzbewegungen wirken passend und absolut nicht deplaziert. Aus den ersten Reihen ist einiges an Geschrei zu vernehmen, dennoch bleibt die Veranstaltung weit entfernt von Fan-Hysterie, wenn auch einige DOLORES O'RIORDAN-Hardcore-Fans aus Italien und dem ganzen Bundesgebiet angereist sind. Das anschließende "Human Spirit" vom neuen Album, bei dem sie die Tin Whistle spielt, deutet den steten Wechsel dieses Abends zwischen alten und neuen Songs an. Denn jetzt kommt als 3. gleich der größte Hit in ihrer Karriere, klar "Zombie". Das hätten viele sicher nicht so früh vermutet, was dem Ganzen wiederum Spannung verleitet. Dolores hat inzwischen natürlich unter großem Gejohle ihre Jacke ausgezogen, zeigt ihr großes Kreuz-Tattoo und ein sexy Top. Der Gänsehaut-Song (1. Single vom neuen Album) "Ordinary Day", gewidmet ihrer jüngsten Tochter, ist als nächstes dran; doch faszinierend, wie viele mitsingen, wo doch "keiner" mehr Platten kauft! Heute sind definitiv große Anhänger der Künstlerin vor Ort. Diese einzigartige charismatische Stimme dominiert auch weiterhin nach der langen Pause, dieses fesselnde, in einem Moment hauchende, dann wieder mächtig schallende Organ hat heute absolut das Haus gerockt. Höhepunkte meinerseits "Loser" und "When We Were Young" vom neuen Album sowie "Salvation", von der ganzen Halle mitgegröhlt.

Fannähe der Extraklasse: Dolores ganz hautnah
Wenn auch der Anteil an Songs ihrer ehemaligen Band vielleicht einen Tick zu groß war, verliert der Abend nie an Intensität, wobei sich die Musiker (vermutlich so gewollt) doch sehr im Hintergrund aufhalten und selten mal einige Schritte vortreten, wenn die Hauptakteurin auf sie zukommt. Gegen Ende dann noch zwei absolut denkwürdige Ereignisse: Bei dem getragenen "Ode To My Family" klettert Dolores von der Bühne runter in den Fotograben und signiert WÄHREND dem Song Poster, CD-Cover usw. und lässt sich fotografieren, das ist wahrlich einzigartig. Und im Zugabenblock fordert ein kleines Häuflein Fans eindringlich das lediglich digital als "B-Side" veröffentlichte "Willow Pattern"! (Ein Hammer-Song, den ich gestehe, zuvor auch nicht gekannt zu haben) Dolores meint: "Aber nur, wenn Ihr mir helft, kann es jemand mit mir singen?!" Judith aus Frankfurt/Oder ist so mutig, wird auf die Bühne gebeten, erweist sich als textsicher - und macht ihre Sache mehr als gut! Als Dank für die Gesangsleistung (und die lange Anreise) gibt's eine herzliche Umarmung, die sicher kein inszenierter Gag war, sondern von Herzen kam.

Einzigartig und sensationell: Autogrammstunde WÄHREND des Konzerts!!!  Fan Judith auf der Bühne zusammen mit Dolores O'Riordan bei 'Willow Pattern'
Insgesamt gesehen ein seltenes (schade, dass nur so wenige Leute bei uns die Chance hatten, das zu sehen) und sensationell gutes Konzert, an dem es aber auch mal gar nichts zu meckern gab. No need to argue!!

Setlist:
Linger
Human Spirit
Zombie
Ordinary Day
Animal Instinct
Free To Decide
Black Widow
Pretty
When You're Gone
I Can't Be With You
Loser
Salvation
When We Were Young
----------
Shattered
Ode To My Family
How
Willow Pattern
Dreams

PS: Ganz großes Dankeschön an Sandra Schmidt, special thanks to Marco Mendoza for setting this up, Steve DeMarchi and Don Burton, Judith Weisgerber (für die Setlist) and of course Dolores herself!

Fotos: gl






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