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Paul Di'Anno, God's Army, Neon Sunrise   03.12.2005   Bochum, Matrix
von tk

Der Flyer zur Veranstaltung
Ich war eigentlich nie ein großer MAIDEN-Fan, wenngleich ich die Frühwerke der Band stets respektierte und die Metalszene ohne die eisernen Jungfrauen nur sehr schwer vorstellbar wäre. Dennoch gab es an diesem Abend ein MAIDEN-Revival der besonderen Art, schließlich enterte mit PAUL DI'ANNO der erste Sänger der NWoBHM-Legende die Bühne, um mit seiner Begleitband "Phantoms Of The Opera" (bestehend aus Membern der deutschen Band RE-VISION) die guten alten Zeiten vor der Dickinson-Ära aufleben zu lesen. Nostalgie pur war also angesagt.
Als die Gelsenkirchener NEON SUNRISE den Abend eröffneten, tummelten sich gerade mal ein paar Seelen in der Matrix, was nicht verwunderte, denn der Sound der Jungspunde lag irgendwo zwischen Neo-Thrash, Melodic-Metalcore und undefinierbarem Irgendwas-Metal, passte demnach auch nicht wirklich zum musikalischen Hauptprogramm. Der sich bisweilen doch hart an der Grenze zum Erträglichen bewegende Livemix tat sein übriges dazu. Die halbe Stunde Spielzeit hätte sich der Fünfer also sparen können und die Zeit stattdessen im Proberaum verbracht, um den Prozess musikalischer Identitätsfindung in Gang zu bringen.
GOD'S ARMY sind da aus ganz anderem Holz geschnitzt. Wie Phönix aus der Asche erhob sich das Allstar-Quartett und trat etwas los, womit das unwissende, mittlerweile um einiges zahlreicher vor der Bühne versammelte Publikum wohl nicht gerechnet hatte. Ein Feuerwerk grandioser, stilistisch zwischen alten MAIDEN und MOTÖRHEAD liegender Songs prasselte auf uns hernieder, dargeboten von Vollblutmusikern, die eine hochprofessionelle und mitreißende Show präsentierten und tonnenweise genialer Riffs aus dem Ärmel schüttelten. Besonders Basser und Sänger John A.B.C. Smith war die pure Freude. Der Mann war ungeheuer agil, veranstaltete Kunststückchen mit seinem Lieblingsinstrument, schäkerte permanent mit dem Publikum und kam mit solchen Statements wie "No beer on stage", während er an seiner Wasserflasche nuckelte, auch recht schnippisch wie sympathisch rüber. Der Song "God Must Be Crazy" wurde speziell unserem allseits beliebten amerikanischen Präsidenten und seiner Politik gewidmet. Nach einer knappen Stunde Spielzeit war das Spektakel vorbei und man schaute in reihenweise staunende und glückselig gestimmte Gesichter.
Beim Intro zur Show von PAUL DI'ANNO wurde es bedrohlich eng vor der Bühne. Als der alte Mann dann ins Scheinwerferlicht humpelte und noch etwas verhalten ungläubig in die Menge schaute, gab's kein Halten mehr. Rein optisch erinnerte er mich an Telly Savalas alias Kojak, aber was Paul im Laufe des mit alten MAIDEN-Klassikern gespickten Sets gesanglich bot, war allererste Sahne. Außerdem wurden auch einige Songs des '92er "Murder One"-Albums seiner Band KILLERS zum Besten gegeben. Die spielerische Leistung seiner Begleitband, die sich nach einem Song der ersten MAIDEN-LP stilecht "Phantoms Of The Opera" benannte, muss lobend hervorgehoben werden, denn die Jungs agierten wie eine routiniert eingespielte Einheit und reproduzierten den Gitarrensound sehr nah an den Originalen der Früh-MAIDEN-Phase. Man spürte ihnen die besondere Ehre ab, mit ihrem Idol gemeinsam musizieren zu dürfen. Allen voran Schlagwerker Dominik hatte Paul zum Knutschen gern. Es war als würde man auf eine Reise in längst vergangene Zeiten mitgenommen. Die inzwischen rappelvolle Matrix kochte und brodelte. Als dann "Killers" vom gleichnamigen '81er MAIDEN-Album folgte, war die Stimmung auf dem Siedepunkt und es war mitunter schon lebensgefährlich, sich in der wild bangenden und divenden Masse aufzuhalten, so dass ich mich in hintere Gefilde zurückzog. Paul zeigte sich tief beeindruckt vom Bochumer Publikum und hauchte "Deutschland, ich liebe Dich"-Bekundungen in die Reihen, bevor er weitere Klassiker seiner langen Musikerlaufbahn folgen ließ. Auch wenn der Livemix für meinen Geschmack etwas zu sehr auf Lautstärke ausgerichtet war, gab's am Gesamtsound eigentlich nichts auszusetzen.
Als extraordinäre Zugabe wurde der komplett ausrastenden Fanschar mit dem RAMONES-Coverstück "Blitzkrieg Bop" ein besonderes Bonbon kredenzt, welches Paul an den Anfang seiner wilden Punk- und Rock'n Roll-Zeit katapultierte.
Ein grandioser Gig, der wieder einmal deutlich macht, warum die Blütezeit des wahren Heavy Metal nicht gegen Gold aufzuwiegen ist. Weitere Bilder gibt's unter www.obliveon.de zu bestaunen.

Nicht Steve Harris, sondern Christoph Lücker  Der Vertreter von wahlweise Dave Murray, Dennis Stratton oder Adrian Smith  Die Frontreihe der Phantome der Oper

Telly Savalas aka Paul Di'Anno von hinten ...  ... und von vorn

Setlist PAUL DI'ANNO:
Intro (Strings + Ides)
Wrathchild
Prowler
Marshall Lokjaw
Dream Keeper
Murders In The Rue Morgue
The Beast
Remember Tomorrow
Impaler
Faith Healer
Children Of Madness
Killers
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Transylvania
Phantom Of The Opera
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Running Free
Blitzkrieg Bop
Sanctuary

Fotos: Ludwig Lücker & Michael Kuhlen



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