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Coloured Rain   15.05.2004   Chemnitz, Ev.-meth. Friedenskirche
von rls

Gut zwei Jahre ist es schon her, seit ich Coloured Rain erst- und bisher auch letztmalig live gesehen hatte - Grund genug also, einen verregneten Maiabend mal wieder zum Besuch dieser bekanntermaßen sehr starken Liveband zu nutzen, welche diesmal im Rahmen der Ost-Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche einen Jugendtag ausgestaltete und denselben mit dem erwähnten Abendkonzert beschloß. Die Kirche war fast bis auf den letzten Platz gefüllt, und am Sound (der bei Bandakativitäten in Kirchenräumen ja immer einen Risikofaktor darstellt) gab es prinzipiell auch nicht allzuviel zu deuteln.
Personell hatten die Coloured Rain, die da auf der Bühne standen, gar nicht mehr so viel mit der Band gemeinsam, die ich anno 2002 nur zwei Straßen weiter bei den Baptisten gesehen hatte. Klar, Bandhäuptling Marko Kappaun ist logischerweise noch dabei, der vielseitige Schlagzeuger Gaston Endmann auch, und mit Paul Glennon blieb auch einer der stärksten Sänger der damaligen Besetzung erhalten. Der etatmäßige Saxer Marek Arnold konnte terminbedingt nicht dabeisein, ihn vertrat Dirk Reinhardt als Gast und machte seine Sache gut, wenngleich man ihn als Continuospieler kaum vernehmen konnte - dafür trat er in etlichen starken Soli um so deutlicher in Erscheinung. Bassist Thomas Wolfram, der für "the groovy kind of modern gospel" (so die aktuelle Eigenstildefinition der Band) natürlich eine alles andere als unwichtige Rolle spielt, hatte sich in den wenigen Wochen seiner Bandzugehörigkeit schon gut eingefuchst, wenngleich er noch nicht an allen Stellen dort zu liegen kam, wo's geplant war. Trüge er übrigens noch eine Dauerwelle, man könnte ihn optisch kaum von einem gewissen Atze Schröder unterscheiden. Umfangreichst umbesetzt worden war schließlich auch die Sangesfraktion: Rückkehrerin Elisabeth Markstein hatte schon seit einiger Zeit den Löwenanteil der Leadvocals übernommen und füllte ihre Rolle mit großer, manchmal gar etwas überdosierter Theatralik (und einer manchmal leider auch noch zu "deutsch" klingenden Stimme) aus. An manchen Stellen wäre weniger wirklich mehr gewesen, während an anderen akustische Wohlfühlergebnisse blühten. Für deren größtes sorgte allerdings Kollege Paul, der in "Train To Jordan" eine unglaubliche Präsenz und Emotionalität legte. Auch die beiden neuesten Mitglieder der Sangesfraktion waren bereits solistisch eingebunden. Dabei fiel auf, daß Kornelia Kohfelds für sich betrachtet gleichfalls hervorragende Stimme mit der von Elisabeth noch keine endgültige Harmonie erreicht hatte - ein Problem, welches sich vermutlich mit der Zeit durch eine laufende Anpassung von selbst erledigen wird. Sebastian Pöschl, als Nesthäkchen gerade anderthalb Wochen (!) vor dem Gig eingestiegen, schlug sich ganz außen ebenfalls wacker. (Kuriosum am Rande: Die beiden singenden Damen sind größer als die beiden singenden Herren.)
Diese Besetzung ackerte sich also durch ein anderthalbstündiges Programm modern arrangierter gospeliter Traditionals und bestach mit der von der Band gewohnten Spielfreude, der ehrlichen Arbeit auf der Bühne und einem schweißtreibenden Charakter besonders bei den etwas heftigeren Tracks (von denen noch einer in den recht kontemplativen Teil etwa zwischen Minute 20 und 40 hätte eingebaut werden können). In diesen Formen läßt man sich diese schon fast totgespielten Tracks (eine Titelaufzählung erspare ich mir) immer wieder gern gefallen, und das Publikum war ganz offensichtlich auch dieser Meinung, da es begeistert applaudierte, wenngleich seine Sangeslust etwas zu wünschen übrig ließ. Dafür gab's aber wieder das bekannte und immer wieder wirkungsvolle Kunststück, daß das Publikum während Gastons Drumsolo klatschenderweise den Takt hält, zu bestaunen. Mit großen Songpausenpredigten hielten sich Coloured Rain zurück, fanden ein gesundes Maß und ließen sonst lieber die Songs für sich predigen, was gleichermaßen fröhlich-ausgelassenes wie nachdenkliches Liedgut einschloß. Die absolute Partystimmung im Publikum bei erstgenannten wurde im Prinzip nur durch die Kirchenbänke gebremst; beim im Juni anstehenden Coloured Rain-Gig auf dem Landesjugendcamp in Röhrsdorf bei Chemnitz hingegen dürfen sich die sächsischen Seismologen auf dem Collmberg vermutlich schon mal auf mittelschwere Erdbeben einstellen.



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