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Coloured Rain    26.01.2002    Chemnitz, Baptistengemeinde
von rls

Das Schöne am Job eines CrossOver-Redakteurs ist die Tatsache, daß man (mitunter auch auf Umwegen) immer mal wieder Künstler bzw. Bands entdeckt, von deren akustischem Schaffen man bisher keinen blassen Schimmer hatte, die einem aber vom ersten Ton an einen superben Hörgenuß bescheren, so daß man sich fragt, warum sie bisher der eigenen Aufmerksamkeit entgangen sind. Zu dieser Kategorie zählen seit einem windigen Samstagabend auch Coloured Rain, deren Begutachtung mir Toxic Smile-Keyboarder Marek Arnold (der bei Coloured Rain für Saxophon und Klarinette verantwortlich ist) dringend empfohlen hatte, wofür ich ihm wahrscheinlich ewig dankbar sein werde. "Gospel Funk Soul" steht auf dem Keyboard von Bandkopf Marko Kappaun aufgeklebt, und eine gesunde Mixtur aus 60% der erstgenannten, 10% der zweiteren und 30% der letzten Kategorie schleuderte die Dresdner Formation ins ordentlich gefüllte, aber nicht übervolle Auditorium und erzeugte damit nahezu permanente Hochstimmung und akute Mitklatschneigung bei diesem (daß das Publikum bei einem Drumsolo im Takt weiterklatscht, hab' ich auch bisher selten gehört). Coloured Rain verstanden es meisterhaft, praktisch totgespielten Gospelstandards (die jeder zweite Ten Sing-Chor auch im Repertoire hat) ihre bandeigene Klangfarbe zu verleihen, wobei der Formation zugute kam, daß einige ihrer Mitglieder (etwa der erwähnte Marek Arnold) ansonsten überhaupt keine Affinität zur "Kirchenmusik" haben und deshalb gar nicht erst in Versuchung kommen konnten, in gängige Klischees zu verfallen. "Joshua Fit The Battle Of Jericho" schlich ausgesprochen bedächtig aus den Boxen (die paradoxen Parallelen der melodischen Komponente dieses Tracks zu Griegs "Hall Of The Mountain King" sind mir erst an diesem Abend richtig aufgefallen), wohingegen das folgende "Lean On Me" den vier Instrumentalisten - neben dem hinter seinen Tastenkästen stellenweise wie ein 70er Jahre-Keyboarder wütenden Marko und dem unauffällig im Hintergrund stehenden, aber akustisch voll präsenten und die wohl originellsten Farbtupfer setzenden Marek noch Bassist Jan Fabricius und Drummer Gaston Endmann - ausführlich Gelegenheit zum ungehemmten Solieren gab, ohne daß aber zum Selbstzweck drauflosgefrickelt wurde - der Song selbst stand im Mittelpunkt, und dort blieb er auch.
Was aber wäre ein ausgezeichneter instrumentaler Unterbau ohne die Krönung durch den entsprechenden Gesang? (Obwohl die vier Herren garantiert auch erstklassige Instrumentalversionen der Tracks hinbekommen hätten, bei dem niemand den Gesang entscheidend vermißt hätte.) Marko mitgerechnet, hatten Coloured Rain insgesamt sechs SängerInnen am Start, von denen sich zwei Drittel locker das Prädikat "Spitzenklasse" verdienten und das restliche Drittel das hohe Niveau zumeist erfolgreich zu halten versuchte. Pluspunkte sammelte die Sangesfraktion, indem sie es schaffte, den typischen hölzern-deutschen Touch zu vermeiden, ohne aber deshalb "gewollt schwarz" klingen zu wollen. Gerade Stefanie Haak und vor allem Corina Schindler gingen deshalb nicht nur als optische Aushängeschilder von Coloured Rain durch, sondern kolorierten den Regen mit wunderbaren Regenbogenfarben - Stefanie eher in "traditioneller" Prägung, Corina hingegen mit einer dramatischen Expressivität der Marke "Janis Joplin meets Tina Turner", wie man sie in Deutschland nicht oft findet. Andererseits wußten Coloured Rain fast immer genau, wo sie die Grenze zur Überladung der Tracks zu ziehen hatten (der Anfang von "Down By The Riverside" bildete die einzige Ausnahme - allerdings ist dessen mehrstimmiger Satz im Original schon sehr verdichtet angelegt). Zwei Stunden lang bestrahlten sie das begeisterte Publikum mit positiver Energie und machten ihrem Tourmotto "Celebrate" alle Ehre - das Publikum ließ sich nur allzugern anstecken und gab sich nach dem abschließenden "Oh Happy Day" ohne zwei Zugaben nicht zufrieden. Coloured Rain verbanden Professionalität mit ehrlicher Natürlichkeit, religiöse Erbauung mit erstklassigem Kunstgenuß - und sie erschufen mit einer neunköpfigen Besetzung ein musikalisches Monumentdes (Eigendefinition) "Modern Gospel", dem andere nicht mal mit dreistelligen Personalzahlen zu Leibe rücken könnten. Beide Daumen weit nach oben!
 






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