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Sunrise & Voicepoint Choir: Kreuzweg   09.04.2004   Limbach-Oberfrohna, Lutherkirche
von rls

Geschlagene acht Jahre hatte dieses Großprojekt in der Schublade verbracht: Zwischen 1993 und 1996 erlebte das österliche Poporatorium "Kreuzweg" insgesamt 22 Aufführungen, bevor sich Sunrise dauerhaft anderen Aufgaben zuwandten (u.a. entstand das Weihnachtsmusical "Betlehem"). Über die Jahre hinweg kamen aber immer mal wieder Anfragen, und da die strukturellen Bedingungen durch den halbwegs stabil zur Verfügung stehenden Voicepoint Choir deutlich verbessert waren, entschlossen sich Sunrise, das Werk wieder auszugraben und für die derzeitige Besetzung umzuarrangieren. In der Osterzeit 2004 standen dann insgesamt vier Liveaufführungen auf dem Programm, von denen ich mir das "Heimspiel" am Karfreitagsnachmittag in der Lutherkirche in Limbach-Oberfrohna ansah. Die völlig zugeparkten Straßen rings um die Kirche ließen schon vorm Betreten der Kirche eine Prognose des reichlichen Besuchs zu - letztlich war die Kirche brechend voll; warum man angesichts der Überfüllung die Chorempore nicht für die Öffentlichkeit freigab, blieb dem Außenstehenden unverständlich.
In insgesamt 18 Teilen zeichnet das Oratorium Christi Weg vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung nach. Die sehr vielschichtigen, teils komplexen Arrangements lassen in Verbindung mit den Texten die Kategorisierung als Programmusik zu. Im Vergleich mit der 1993er Urversion hatte sich die Besetzung der Band etwas geändert - der Klarinettist ist nicht mehr dabei, und anstatt einer Zweiermannschaft an Akustik- und E-Gitarre übernimmt Mario Herold diesen Job mittlerweile allein, nur in der "Grablegung" noch zur Akustischen zurückwechselnd und ansonsten gemäßigtes Riffing verschiedener Provenienz (brillant: die "Westerngitarren" in der "Gefangennahme") sowie erstklassige Leads beisteuernd, die sich ausgezeichnet in das fast sinfonisch-rockige Gesamtbild einfügten. Daß Sunrise-Kopf/-Keyboarder/"Kreuzweg"-Alleinkreativling Michael Fröhlich seine Zeit als Musikstudent nicht nur in der Mensa verbracht hat, machte die Klasse des Gesamtwerkes deutlich (man vergegenwärtige sich, daß er es im Alter von gerade mal 22 Jahren geschrieben hat), aus dem diverse Chorpassagen noch einmal herausgehoben seien (etwa die extrem schrägen "Bin ich's"-Passagen in "Das Abendmahl" oder die "Barabas"- und "Kreuzige ihn!"-Volksstimmen). Und daß bei allem Anspruch die Eingängigkeit nicht auf der Strecke geblieben ist (und man zu diesem Zwecke auch keineswegs die Bereiche der Tonalität verlassen muß, wie die Hälfte der E-Komponisten des 20. Jahrhunderts irrtümlich glaubte und drei Viertel ihrer im 21. Jahrhundert wirkenden Kollegen glauben), bewiesen nicht nur hymnenhafte Passagen wie das Chorfinale in "Petrus", sondern auch die Tatsache, daß ich beachtliche Teile der Musik tatsächlich noch im Hinterkopf hatte, obwohl ich das Werk seit 1993 nicht mehr live gehört hatte. Artrock vom Feinsten boten dramatische Tracks wie "Am Kreuz", und die Kontrastwirkung dessen bombastischen Schlusses und der anschließenden leisen Keyboardinterpretation des Chorals "Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen" dürfte bei keinem der Anwesenden spurenlos geblieben sein. Eine besondere Hervorhebung verdienen auch noch die Gesangssolistinnen (eine besser als die andere), wohingegen man den Herren (besonders Jesus aka Stephan Dietrich und Pilatus aka Ronny Pontow) ein wenig mehr stimmliche Durchschlagskraft gewünscht hätte (was allerdings vermutlich auch am Sound lag und dessen einziges Problem darstellte - Gideon-Keyboarder Markus Mittelbach, der direkt vor einer der Boxen saß, hatte mehr Männerstimmen in der Gesamtschallbalance als ich in der hinteren Kirchenecke; insgesamt aber bestach der Sound durch gebirgsbachartige Klarheit). Aber spätestens das bombastische, aber nicht überladene Finale "Die Auferstehung" (was für eine Gesangsmelodie!) machte dieses klitzekleine Manko vergessen, und das enthusiastisch applaudierende Publikum erzwang noch eine Zugabe - die Auferstehung fand an diesem Tag also gleich zweimal statt. In einer gerechten Welt würden Sunrise vor Ostern mit diesem Werk drei Wochen auf große Deutschlandtour gehen, und wer in den Folgejahren ein bißchen an der Herstellung dieser Gerechtigkeit mitwirken möchte, nehme via www.sunrise-rockband.de Kontakt auf und buche "Kreuzweg" für seine Gemeinde.



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