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PartySan Open Air    07.-09.08.2003   Bad Berka
von Janet

Das Motto des PSOA, "Hell is here", hat diesmal allzu wörtlich zugetroffen: ganz Deutschland schwitzte, und das PartySan-Publikum briet in der Gluthitze des fast schattenfreien Festivalgeländes. Da halfen nur wenige Dinge: Pavillons, viel Wasser und Strohhüte mitschleppen, wenig bewegen, sich ein nasses Handtuch um die Schultern legen. Es war so heiß, dass unsere extra organisierte elektrische Kühlbox (mitsamt zweiter Autobatterie) die Getränke und Frühstücksutensilien gerade mal auf Temperaturen brachte, die sie vor dem Zerlaufen bzw. Kochen bewahrten. Sehr unangenehm. Wollte man sich bei Tageslicht (hier: brutal knallender Sonne) tatsächlich eine Band ansehen, lief man große Gefahr, Sonnenbrand, Sonnenstich und Hitzekoller gleichzeitig zu erleiden. Ein bisschen lustig sah es aus, wie kleinste Schattenfleckchen mit Menschen übervölkert waren. Nicht dass es da kühl gewesen wäre, oh nein! Nur die Sonnenbrandgefahr war ein bisschen geringer.
Auffällig war von Anfang an, dass mehr Leute dagewesen sind als je zuvor. Am zweiten Tag musste sogar ein zweiter Zeltplatz auf dem Stoppelfeld eröffnet werden, wo früher nicht mal der erste Platz auf der Wiese richtig voll gewesen war. Durch die extreme Hitze machte sich die höhere Besucherzahl am Tage überhaupt nicht und in der Nacht nur geringfügig bemerkbar; das PartySan blieb also gewohnt übersichtlich und gemütlich. Auch ansonsten alles beim alten: supernettes Personal (habe erfahren, dass die Leute in der Küche und an den Bierständen und vielleicht auch anderswo freiwillig gratis arbeiten; stimmt das wirklich??? wenn ja, dann absolut alle Achtung, denn das sind wahre Knochenjobs; aber bei den Bikern, nebenbei bemerkt, ist das so üblich, und bei den PartySan-Organisatoren handelt es sich ja um ebensolche ...), unglaublich faire Preise - wobei ich mal die Tageskarten ausnehmen muss, vor allem weil die auch am Sonnabend, als die drittletzte Band am Start war, noch in voller Höhe verlangt wurden ... - und eine friedliche Wohlfühlatmosphäre. Die Dixi-Situation war ok, sogar die Wasserversorgung klappte, und das bei sicherlich dreifachem üblichen Verbrauch.

Am Anreise-Donnerstag spielten wie auch schon letztes Jahr wieder einige Bands auf der Zeltbühne: FRAGMENTS OF UNBECOMING, BURIED GOD, TENEBRE und POSTMORTEM. Ich habe keine davon wirklich gesehen, erst als Denis vom HELLBORN METAL RADIO aus Jena auflegte, war ich am Start und feierte mit einigen Verrückten bis spät in die Nacht.

Fall Of Serenity

Fall Of Serenity
Am Freitag hieß es erstmal viele Stunden in der Hitze rumzubringen, ohne dass ansonsten viel passierte. Etliche Metaller nutzten die Zeit, um sich im schönen Bad Berkaer Freibad abzukühlen. Erst kurz vor 16 Uhr - und kein Grad kühler - begann das reguläre Festival mit der thüringisch-sächsischen Band FALL OF SERENITY. Die mitunter noch sehr jungen und zum Teil vegan lebenden Death Metal-Musiker verstehen es normalerweise, durch ihre äußerst agile Bühnenpräsenz das Publikum enorm mitzureißen, allerdings war dies bei der sengenden Hitze nahezu unmöglich. Um es überhaupt vor der Bühne auszuhalten, da, wo kein bisschen Schatten war, musste man stillestehn. Die Leute wirkten müde. FALL OF SERENITY gaben trotzdem alles. Für den letzten Song holten sie noch einmal ihren alten Drummer auf die Bühne - der allerdings unterstrich eher die Qualitäten des neuen.
Die deutschen RESURRECTED haben auf ganzer Linie enttäuscht - mieser Sound, mieses Arrangement.

Muuucuuupuuuruuulent
Wie es besser geht, zeigten anschließend MUCUPURULENT. Die ebenfalls deutsche Band mit den meisten "U"s (die aber im internationalen Maßstab definitiv noch von Huun Huur-Tuu aus der Mongolei geschlagen wird - Anm. rls) hat gegroovt wie Hölle. Das ging voll in die Fressen der begeisterten Anhänger, während mich Krach jeglicher Art zunehmend langweilt. Die 2 Gitarren schafften es, trotz des nicht vorhandenen Basses einen wirklich fetten Sound hinzuzaubern. Erstmals gab es hier auch einen richtigen Moshpit. Die Sonne war zwar noch nicht untergegangen, knallte aber nicht mehr gar so erbarmungslos vom Firmament.
Die norwegischen Black Metaller Helheim waren die mit Abstand grottigste Band des Festivals. Wir flohen.
Zu DISBELIEF, wieder aus hiesigen Landen, kam ich zurück und staunte nicht schlecht. Was war das denn? "Neurosis auf Metal", hatte mich ein Freund vorgewarnt. Hat mir nicht viel genützt, weil ich Neurosis so gut wie nicht kenne. Innerhalb weniger Songs war ich schwer verliebt. Aber wirklich beschreiben kann ich den Stil nicht. Es war durchaus irgendwie psychedelisch, aber trotzdem 100% Metal. Atmosphärisch und extrem düster, aber auch bösartig und aggressiv. Es hat mitgerissen, wenn auch vielleicht nicht im üblichen Sinn. Leiderleider hatte ich einen neuen Film im Auto vergessen, so dass ich von dieser auch optisch ansprechenden megageilen Darbietung keine Fotos schießen konnte. Diese Stimme, ein Mix aus höllischen Death Metal-Grunts und verstörendem cleanen Gesang, werde ich so bald nicht vergessen. Im Nachhinein eines der beiden Highlights für mich auf dem diesjährigen PartySan. Wow!

God Dethroned
Erst als die Niederländer GOD DETHRONED spielten, kriegten wir mit, wo der Sound am besten war: hinten direkt an der Technik. Ist ja auch irgendwie verständlich. Es war dort ein wahrer Ohrenschmaus. Die Death Metaller spielten sehr sauber und bewiesen ihre Fähigkeiten ein ums andere Mal.

Im Gegenlicht: Vader
Schwer begeistert zeigten sich die Massen von den Polen VADER, die damit zum heimlichen Headliner des Tages mutierten. Vorne an der Absperrung wurden einige junge Damen beinahe zerquetscht. Die Stimmung war großartig. Irgendjemand sagte, da stünde der Bassist von Behemoth auf der Bühne. Meinetwegen. Mir ist der hier gezeigte Death Metal - naja, nicht aufregend genug.
NAGLFAR (aus Schweden) sind die einzige Band, die ich an dem Tag nicht beschreiben kann, weil ich sie nicht gesehen habe. Gute Leistung meinerseits, finde ich, die ich aber am Sonnabend ganz und gar nicht fortsetzen konnte.

Malevolent Creation
Den Abschluss des Abends stellten die US-Amis MALEVOLENT CREATION dar. Während vor dem VADER-Gig die Leute alle brüllten: "Va-der, Va-der, Va-der", wie man das in etwa von "SLAY-ER!!! SLAY-ER!!! SLAY-ER!!!" kennt, fiel mir auf, wie schwer es eine Band wie MALEVOLENT CREATION diesbezüglich hat ... (Wobei sie da keineswegs am schlimmsten dran sind. Die portugiesischen Black Metaller Filii Nigromantium Infernalium dürften da noch bedeutend mehr Probleme bekommen haben - Anm. des grinsenden rls) Nichtsdestotrotz gab's hier weiter nichts zu meckern, Extrem-Death Güteklasse A stand auf dem Plan und wurde auch durchgezogen. Einziger Knackpunkt: dem neuen Sänger (von Hateplow) fehlt gegenüber dem alten ein bisschen Druck in der Stimme, der Gesang ist nicht so kräftig. Der neue Drummer aber macht seinen Job hervorragend.

Was tun gegen die Sonne?
Der Sonnabend begann wie erwartet mit einer mörderischen Hitze. Diesmal fuhr ich mit ins Schwimmbad. Gott, war das herrlich. Das Wasser hatte 24°C, aber angesichts einer Außentemperatur von 37°C kam es einem wie Eiswasser vor. Am liebsten wäre ich da geblieben, bis die Sonne unterging. Statt dessen fuhren wir zurück zum Zeltplatz und es ging mir noch schlechter als am Vortag. Hat man einmal die Kühle genossen, erscheint einem die Hitze erdrückender als vorher. Es war eine wirkliche Qual an diesem Nachmittag, und ich zog es vor, mich mit einem nassen Badetuch bedeckt hinzulegen und mich nicht weiter zu bewegen. Ich verpasste so FALLEN SAINTS, DARK FORTRESS (beide Deutschland), KATAFALK (Niederlande) und THORIUM (Dänemark). Erst mit den Belgiern ABORTED, kurz vor 18 Uhr, traute ich mich in die Sonne. Weil ich mich zwar bewegte, aber nur langsam, kam ich zu spät, um noch Fotos machen zu dürfen (das ist wie üblich nur während der ersten drei Songs erlaubt). Abgesehen davon, dass sie ihr Carcass-Cover "Carnal Forge" nicht spielten und ein paar Soli verunglückten, war das ein ziemlich geiler Auftritt.
Die Deutschen DESASTER sind leider eine der vielen Black Metal-Bands, die kein Mensch braucht. Langweilig; der Gig zog sich ewig in die Länge.

Primordial-Alan

Die Saitenfraktion von Primordial (ausschnittweise)
Dafür gleich anschließend das zweite Highlight: PRIMORDIAL aus Irland. Im Vorhinein war das in diesem Jahr, wenn ich ehrlich bin, die einzige Band, auf die ich mich wirklich gefreut hatte. Und wie sich das gelohnt hat! Sänger Alan begrüßte die Meute mit einem beinahe verzweifelten "This is too hot for Irishmen" um 19.45 Uhr. Aber sogleich wurde losgelegt. Ich war erstaunt. Ich hatte PRIMORDIAL zuletzt und das einzige Mal 2000 auf dem With Full Force gesehen und bemerkte nun bedeutende Veränderungen: Alan hat schon immer ein bisschen schräg gesungen, aber er tut es offenbar nicht mehr gar so extrem wie früher. Außerdem ist die gesamte Band selbstbewusster im Auftreten geworden, hat die Schüchternheit, die ich vor drei Jahren wahrgenommen hatte, abgelegt. Auch wenn große Teile der Musik sehr pathetisch daherkommen und an Bathory erinnern, fahren PRIMORDIAL doch auch des öfteren ein richtig derbes Black Metal-Brett. Eine Irland-Fahne hing auf der Bühne, um auch ja keine Irrtümer aufkommen zu lassen. Klasse Vorstellung, das! Zum Abschied noch einmal ein - diesmal sichtlich erleichtertes (die Sonne war inzwischen hinterm Horizont verschwunden) - "Fucking beautiful here! And fucking hot."

Das Auditorium bei Primordial

Das Auditorium bei Marduk
Naja, und um ehrlich zu sein, endet hier mein Bericht. DIMENSION ZERO (Schweden), BEHEMOTH (Polen), und KATAKLYSM (Kanada) hab ich, obwohl ich das zum Teil wollte, gar nicht gesehen. Beim heutigen Headliner MARDUK (Schweden) war ich zwar nochmal vorn, aber fand es öde. VERSTÄRKERTOD, die den endgültigen Abschluss bildeten und auf der Zeltbühne spielten, fand ich zwar mal lustig, aber diesmal musste ich mir den Nonsens nicht geben. Vermutlich hatte mich die Sonne gründlich geschafft. Wir saßen den Rest des Abends unter unserem Pavillonidyll und führten angeregte Gespräche.
Und so ging - auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole - mal wieder eines der schönsten Festivals Deutschlands zu Ende. Vielen Dank an die gesamte Crew, die, auch wenn sie aufgrund der stetig steigenden Besucherzahlen immer professioneller werden müssen, dennoch die Kumpels von nebenan geblieben sind. Vielen Dank auch an alle Besucher, die ihren Müll tatsächlich - auch ohne Zwangspfand auf Mülltüten - weggeräumt haben. Hierher komm ich auf jeden Fall immer wieder gerne.

Alle Pics: Janet Schleitzer



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