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Blind Guardian, Freedom Call
03.05.2002 Lichtenfels, Stadthalle
von
mst
Nachdem Blind Guardian die
hochgesteckten Erwartungen bezüglich ihres neuen Longplayers erfüllen
konnten, war man nun auf die livehaftige Umsetzung gespannt. Für ein
ordentliches Umfeld war bestens gesorgt: Über zweitausend Fans sorgten
für ein ausverkauftes Haus in Lichtenfels und mit Freedom Call bewies
man auch ein glückliches Händchen bei der Wahl des Support-Acts.
Da ebenjene aus Nürnberg stammen, wurde der heutige Gig ein kleines
Heimspiel, aber ich behaupte einfach mal, dass Freedom Call auch ohne diesen
Bonus abgeräumt hätten. Schon als sich Daniel Zimmermann hinter
seine (im Vergleich zu manch Gamma Ray-Show)
recht kleine Schießbude setzte, war aufgrund der Publikumsreaktionen
klar, dass die Band hier offene Türen einrennen würde. Die Fans
wollten feiern und Freedom Call gaben ihnen den Grund dafür. Mit glasklarem
Sound, professionellem Auftreten und einer ansteckenden Spielfreude wurde
der „Gute-Laune-Metal“ der vier Jungs von der Menge begeistert aufgenommen.
Zwar hat die Musik eine deutliche Helloween-Schlagseite zu „Keeper“-Zeiten,
aber die Kompositionen stimmen und der Vergleich mit Michael Kiske ist
für Sänger Chris auf alle Fälle als Kompliment zu verstehen.
Freedom Call boten uns einen guten Querschnitt von „Stairway To Fairyland“
und „Crystal Empire“, sowie zwei Songs vom neuen, im Juni erscheinenden
Album „Eternity“. Diese zwei Titel stellten für mich zusammen mit
der Bandhymne „Freedom Call“ und dem Rausschmeißer „A Hymn To The
Brave“ die Höhepunkte des Auftritts dar. „The Eyes Of The World” war
schon klasse, aber das mit grandiosen Chören versehene, phantastische
„Metal Invasion“ dürfte wohl mit zum Besten gehören, was die
Gruppe bis heute verbrochen hat. Einziger Kritikpunkt bei Freedom Call
war, dass sich einiges doch ziemlich „brav“ anhörte (die Bemerkung
eines Freundes über die „Wolfgang Petry des Metal“ war nicht ganz
aus der Luft gegriffen) doch wenn die neuen Stücke nur einigermaßen
repräsentativ waren, hat sich dieses Problem auch erledigt. Schließlich
wollen wir mit unserer Musik ja immer noch Rebellen sein und dafür
ist ein gewisser Härtegrad unabdingbar. Die Reaktion des Publikums
nach ca. 45 Minuten war jedenfalls eindeutig: Daumen hoch für Freedom
Call!
Die folgende Umbaupause machte
einen schon mehr als neugierig. Ein Vorhang wurde abgenommen, so dass Thomens
Schlagzeug sichtbar wurde, bei dessen Größe man sich schon fragte,
ob da ein Fernseher + Kühlschrank eingebaut war. Eine beeindruckende
Lichtanlage und eine Menge überall verteilter Pyros (im Fotograben
lief man ständig Gefahr, von einer plötzlich auftretenden Hitzewelle
einseitig gebräunt zu werden) ließen Großes erahnen. Und
es sollte sogar noch besser kommen. Nach dem Intro „War Of Wrath“ folgte
mit „Into The Storm“ der standesgemäße Einstieg und das Publikum
klinkte total aus. Mit „Welcome To Dying“ legte man einen Klassiker nach
und verwandelte die Menge in ein Meer aus fliegenden Haaren und erhobenen
Fäusten. Die Stimmung war wirklich unglaublich. Als Hansi Kürsch
vor dem stürmisch geforderten „Valhalla“ darauf hinwies, dass man
gedenke ein Live-Album mitzuschneiden, steigerte sich der Jubel in blanke
Hysterie. Es wurden lediglich vier neue Stücke gespielt, von denen
auch nur „The Soulforged“ (mit toller Flammenkulisse) und die von der „And
Then There Was Silence“-Single bekannte Ballade „Harvest Of Sorrow“ überzeugen
konnten. Speziell bei „Under The Ice“ merkte man den Unterschied zwischen
CD und Live-Show überdeutlich. Auf CD ein Glanzstück anspruchsvoller
Metal-Musik, konnte es live überhaupt keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Doch was soll‘s, Blind Guardian setzten an diesem Abend auf Klassiker und
boten reichhaltig Material der vergangenen Scheiben. Die Fans waren begeistert
und verdonnerten beispielsweise die Band beim „Bard‘s Song“ zu Statisten,
als sie den Song größtenteils im Alleingang intonierten. Die
Band nutzte jeden Quadratzentimeter der Bühne und bescherte dem Publikum
speziell mit dem knallharten „Goodbye My Friend“, dem Abräumer „The
Script For My Requiem“ und dem, den regulären Set beschließenden
„Imaginations From The Other Side“ jede Menge Glücksmomente. Es war
jedoch logisch, dass die „Guardians“ so nicht davonkommen würden.
„Lost In The Twilight Hall“, „A Past And Future Secret“ (mit großen
Fackeln absolut brillant in Szene gesetzt) und „Time Stands Still (At The
Iron Hill)“ hießen die drei Zugaben, doch auch nachdem sie das zweite
Mal die Bühne verließen, gab sich die Menge nicht zufrieden.
Mit „Mirror Mirror“ legte man noch ein letztes Brikett nach, bevor endgültig
Schluss war. Schweißgebadet, den wenigen noch vorhandenen Sauerstoff
aufschnappend, strömten über zweitausend Leute glücklich
und zufrieden dem Ausgang zu. Ein Konzert der Extraklasse.
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