|
ProLife-Festival
10.11.2001 Bautzen, TIK
von
*tf
Tradition auf der einen Seite
– immerhin gibt’s das Festival nun schon ein paar Jährchen – Neuerung
auf der anderen – vom Frühjahr rutschte der Termin auf den Herbst
– gab‘s wieder reichlich verschiedene musikalische Kost von Köln über
Seiffen und Leipzig bis Most in der Tschechischen Republik.
Den Beginn markierte die Seiffener
Band Highlight, welche als Sechser
plus (soundtechnischer) Steuermann vom ersten Titel an unmissverständlich
klarmachte, in wessen Auftrag sie gekommen waren. Titel wie „Komm zu Jesus“
oder „Jetzt ist die Zeit“ lebten vom missionarischen Text sowie Eifer der
wechselnden Frontmannen. Etwas deplaziert wirkte dazwischen der mit eigener
Textversion zu Gehör gebrachte Prinzengassenhauer „Alles nur geklaut“,
wohl auch deshalb, weil das musikalische Konzept der Seiffener durchaus
schlüssig wirkte und als bodenständiges Fundament den Liedern
Profil und Wiedererkennbarkeit bot. Die dichten Arrangements geboten instrumentale
Gleichberechtigung, aus der sich von Zeit zu Zeit der Leadgitarrist, seltener
der Basser, wohlklingend abhob. Die Band hatte es nicht leicht, das noch
etwas kühle Publikum aus der Reserve zu locken, versuchte es jedoch
trotzdem mit der Aufforderung rhythmischer Handbewegung und zunehmendem
Erfolg. Irritation meinerseits durch den häufigen Wechsel des Leadsängers.
Dringende Erfordernis schien es mir nicht zu sein, wohl eher die optische
Umsetzung des musikalischen Gleichberechtigungsgedankens. Auch das Schlagzeug
blieb nicht unbewechselt. Beim Song „I believe“, dem stärksten Titel
des Sets, wurden die Sticks weitergegeben. Der Song selbst zeichnete sich
durch atmosphärische Dichte aus, die man sich öfter gewünscht
hätte. Und gleich noch einen drauf setzte die Combo mit „Nur Du allein“.
NDW-Keyboardsounds mit hymnischem Finale. Schön.
Nach einer kurzen Umbaupause
kamen Kölner Musiker zum Zug. Copper Crane, was soviel wie
„Kupferkraniche“ bedeutet, gingen gleich richtig zur Sache und machten
von Anfang an klar, was zu erwarten sein würde: Die überaus angenehme
wie druckvolle Stimme der Frontfrau plus teilweise virtuoses Instrumentalhandwerk.
Der Gitarrenmensch wedelte dazu auch noch bei solistischen Passagen rhythmisch
mit seinem üppigen Haar, dass es eine wahre Freude war, ihm zu zu
hören und zu schauen. Das Auditorium, welches vom Set der Kraniche
mehr als angetan war und den Vierer heftig feierte, wurde gelegentlich
durch gekonnte musikalische Trugschlüsse verblüfft. Die Dramaturgie
der Songs war stimmig und so konnte es nicht ausbleiben, dass auch der
Titel „Hate“ sein Happy End bekam. Das Publikum wurde durch mehrere freundliche
Ranrück-Aufforderungen dazu gebracht, ein wenig näher an die
Bühne zu kommen. Nicht zu nah und das war gut so, da im letzten Drittel
doch ein paar pogende Gestalten auszumachen waren. Zum Schluss des Sets
hin waren sich Musiker und Auditorium einig, eine gute Zeit miteinander
verbracht zu haben. Nebenbei: CDs der Kupfernen waren der Renner beim abendlichen
Tonträgerbasar.
Abermals wurde die Bühne
für wenige Minuten außer Betrieb gesetzt und dann geentert durch
eine Leipziger Combo – nicht ganz richtig, da der Bassmann aus Essen kam
– mit dem leicht zu merkenden Namen reiprich
und pötsch – die band. Treffsicher hieß der erste Titel
„Wie hat das angefangen?“ und das Publikum wurde beizeiten gewahr, dass
die Kost der vier Männer plus Schlagzeugfrau nicht zur leicht verdaulichen
Kategorie gehören würde. Ernst, ironisch, zuweilen auch augenzwinkernd
wurden vertonte Trakls, Rimbauds und ähnliche Kaliber dargeboten.
Ein großer Vorteil für die Annahme der Songs war der mitunter
theatralisch zu nennende Vortragsgestus von Sänger Reiprich, der auch
zu einigen der Titel hilfreiche Einführungsworte sprach. So wurde
das Eis zwischen Bühne und dem Davor in Bälde geschmolzen und
die anfänglich zögernden Beifallsbekundungen nahmen an Vehemenz
zu. Die Schlagzeugfrau trat im Titel „Mein armes Herz“ auch noch vokalistisch
in Erscheinung. Mit überwältigendem Erfolg, wie‘s schien – lauschten
doch die Zuhörer bis zum allerletzten Ton gespannt. Passend zur Jahreszeit
dann noch ein vertonter Nietzsche-Text. „Bald wird es schneien“ erwies
sich allerdings nicht als seherisch, hatte es doch bereits am Vortag leise
gerieselt.
Wie im Flug verging die abendliche
Zeit und die nun folgende Band aus dem böhmischen Most war auch schon
die letzte für dieses Jahr beim Bautzner Festival. No
Feeling, so der Name des Vierers ohne Steuermann – wie bei Copper
Crane und reiprich und pötsch stand Fritz Hennig an den Reglern (riesigen
Dank noch mal an dieser Stelle) – spielten sich mit sonnigen Punkklängen
bereits nach wenigen Tönen in die Herzen des Publikums. Die einen
nannten es Pogo, die anderen tippten auf einen speziellen sorbischen Männertanz.
Jedenfalls hüpfte es gewaltig vor der Bühne und die Musiker hatten
offensichtlich ihren Spaß dran. Kompromisslos gab‘s was auf die Ohren,
kompromisslos der spielerische Eifer der tschechischen Kollegen, kompromisslos
das oft als mörderisch zu klassifizierende Tempo der Songs. So ging‘s
quasi vom Start direkt zum Ziel fast ohne Pause. Die Titel gingen ineinander
über oder erstarben in kreischendem Gitarrensound, dem selben, aus
dem der nächste Titel auferstand. Instrumentaltechnisch waren die
Stücke auf einem recht hohen Niveau und obwohl man den Herrn Schlagzeuger
kaum optisch bemerkte – akustisch war er stets unmittelbar vorhanden. So
war es den Böhmerländern auch vergönnt, noch eine Zugabe
nachzuschieben und mit „Holiday in Cambodia“ von den DK‘s konnte man eigentlich
nichts verkehrt machen. Ein denkwürdiges Lied für ein denkwürdiges
Festival, dem im nächsten Jahr etwas mehr Publikum zu wünschen
bleibt.
Für alle, die sich optisch
einen Eindruck machen wollen, noch ein Tipp fürs Internet:
www.bilderprolife.de.vu
© by CrossOver
|
|
|