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Street Of Hope    27.10.2001    Pfaffengrün, Turnhalle
von rls

35 Minuten nach Beginn des vor diesen Gig geschalteten Jugendabends in Pfaffengrün eintreffend, sah und hörte ich die Erzgebirger Street Of Hope justament eine textlich christianisierte Version von "Marmor, Stein und Eisen bricht" zum besten geben, und im weiteren Verlaufe der Veranstaltung gab's noch einiges aus der Sparte "klassisches christliches Jugendlied" zu hören, das Thema des Jugendabends "Großes Leben für kleine Leute" um einige Dimensionen bereichernd (ein Theateranspiel und eine leider überlange, aber ansprechend gehaltene Quasi-Predigt gehörten ebenfalls dazu). Ich kannte Street Of Hope vorher nur von den sechs Tracks ihrer "Titanic"-Mini-CD und hatte schon meine Bedenken, daß sie sich stilistisch relativ radikal umorientiert haben könnten, aber ...
... nach einer Versorgungspause stand dann das eigentliche Konzert auf dem Programm, in dessen Verlaufe deutlich wurde, daß Street Of Hope musikalisch tatsächlich mehrdimensional agieren und bei entsprechender Gewichtung des Programms von der Rentnerweihnachtsfeier über das Dorffestzelt bis zum "richtigen" Hardrockgig praktisch alles spielen können. An diesem Abend konzentrierten sie sich auf letztgenannte Komponente, würzten die 70 Minuten aber mit Ingredienzen aus den beiden anderen genannten Typen, was das größtenteils im Teen-Alter befindliche Auditorium mit wohlwollendem Applaus bis begeistertem Rumhampeln würdigte. Das gelegentlich imperfekte Zusammenspiel wußte man mit einer gehörigen Portion Selbstironie zu überspielen, verlor jedoch nie seine ehrliche christliche Grundzielsetzung aus den Augen, nicht zum Selbstzweck zu spielen, sondern für den einen und einzigen Höheren. Stilistisch klangen Street Of Hope größtenteils mindestens 20 Jahre älter, als sie tatsächlich waren (das Cover von "Sweet Home Alabama" sprach Bände), brachten jedoch genug jugendliche Frische auf die Bühne, um keine Minute lang angestaubt zu wirken - allen voran Sänger Thomas, der wie ein Gummiball über den von den Instrumentalisten freigelassenen Platz der Bühne hüpfte, dabei zwar nicht alle Töne traf, aber mit großem Enthusiasmus ans Werk ging und auch eine mehrminütige Saitenrißpause problemlos überbrücken konnte, indem er einfach über jedes Bandmitglied eine lustige Geschichte erzählte. Höhepunkt des Gigs war für mich klar "Titanic", ein kraftvoller Rocker mit schönem emotionalem Mittelteil und Leadgitarren, die fast so schwerelos und trotzdem bugwellenerzeugend durchs Wasser zu schweben schienen wie das titelgebende Schiff seinerzeit. Leadgitarrist André muß sowieso noch extra hervorgehoben werden, denn der Mann hatte den stressigsten Job des ganzen Abends und agierte neben der Gitarre noch am Backingmikro, den Keyboards, der Mundharmonika, der Posaune und einmal gar hinterm Schlagzeug, als sich der etatmäßige Trommler Timo einen Zerrwanst schnappte und man das stark Randfichten-lastige "Steich ei - mir fohrn in de Tschechei" (ein Cover vielleicht?) intonierte. Als weitere Auflockerung fungierte der Einsatz von Trompete (Thomas) und Posaune (André), ohne daß man deswegen gleich ins Trötencore-Areal abdriftete oder funkige Vibes erzeugte - das Ganze erinnerte dann eher an die ähnlich angelegten Passagen auf Riots "Privilege Of Power"-Album, ging als halbwegs modernes Element durch und dürfte auch Bassist Olli, der in seinem Heimatort den Posaunenchor leitet, hier aber ob seiner viersaitigen Verpflichtungen nicht mitblasen konnte, keine entscheidenden Trommelfellrisse beschert haben. Dieses Level konnte nicht durchgängig gehalten werden, aber in der Gesamtbetrachtung überwogen die Positiva klar, und somit führte die "Straße der Hoffnung" an diesem Abend auf die Gewinnerseite, was auch das Publikum so sah, das die Band nicht ohne zwei Zugaben ziehen ließ. Als letzte derselben intonierte man übrigens spontan eine augenzwinkernde und pathetisch herrlich überzeichnete Version des Anton Günther-Kultklassikers "'s is Feierobnd", bei dessen letztem Refrain die Band kollektiv von der Bühne marschierte, es dem Publikum überlassend, die letzten Zeilen fertigzusingen.
 






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