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Liedermacherfestival
19.05.2001 Crossen, Schloss
von
Annabell
Berger
Das romantische Schloss Crossen
liegt in Thüringen am Hang des Elstertales. Mit den weitläufigen
Gebäuden und den 2 Höfen bietet es auch in seinem noch unsanierten
Zustand eine gute Kulisse für ein Festival der Liedermacher. Der Sänger,
die statt Notenblättern Textblätter auf ihren Pulten stehen haben,
wenn überhaupt. Mit den angereisten Protagonisten dieser Kunst hat
Wilfried Mengs als Organisator wieder ein weites Spektrum der existierenden
Liedermacherszene nach Thüringen geholt.
Um 14.00 Uhr begann das Spektakel
mit einem Kinderprogramm von Latsch & Bommel. "Lauter Lügenmärchen"
wurden den Kindern aufgetischt. Zum Beispiel die Geschichte von einer Quietsch-Ente,
die Bad, Flur, die ganze Wohnung überflutet haben soll. Die Künstler
Arndt Bethke und Matthias Schiller bewiesen mit ihrem Programm Spontaneität
und Echtheit. Sie wurden selbst zu kleinen Jungen und als solche spielten
sie für die Kinder und mit den Kindern.
Nach dem Umbau der Technik
in den Barocksaal des Schlosses begann 18.00 Uhr das Abendprogramm mit
der Prämierung der Preisträger des Liedwettbewerbes "Courage".
Den 3. Preis erhielt der leider nicht anwesende Liedermacher Wolfgang Winkler
aus Sulzbach im Saarland mit seinem Titel "Wo man singt da lass dich ruhig
nieder". Ein treffendes Motto für den Abend. Den 2. Preis erhielt
Arndt Bethke mit seiner Band "Vier Hände Staub", Titel "Schieb doch
wieder Leben nach". Die Moderatorin Andrea Preuß verband den Titelnamen
gleich mit dem Hinweis, dass Arndt Bethke vor kurzer Zeit Vater eines Sohnes
geworden ist. Dann präsentierte sich der Preisträger des 1. Preises,
Christoph Martin Neumann aus Möhra/Thüringen mit einem
Kurzkonzert. Kurioserweise heißt der Titel des Siegerliedes "Der
Wettkampf fällt aus". Begleitet von Multiinstrumentalist Dieter Gasde
aus Eisenach sang der Pfarrer und Liedermacher dann seine Lieder, mit Betroffenheit
auch ein Lied über den von Rechtsradikalen in Ahlbeck ermordeten Norbert
Plath.
Im gut gefüllten Saal
ging es dann um 19.00 Uhr weiter mit "Terpentin". Sebastian G. Birr/Jan
Mareck boten mit schauspielerischem Talent und sehr schönen musikalischen
Arrangements, "lyrische Chansons und gegrölte Melancholie am Kneipenklavier",
in diesem Falle ein Bechstein-Flügel. Aber das Programm funktionierte
und der Barocksaal wurde zur Kleinkunstbühne für den Menschen
Sebastian G. Birr und das gebannte Publikum. Jan Mareck, der Pianist, fügte
sich gekonnt ein in die Szenerie. Dann "Vier Hände Staub",
eine Gruppe aus Berlin um den Sänger und Liedermacher Arndt Bethke.
Ausgeklügelte Arrangements die doch beschwingt und leichtfüßig
daherkommen. Akustikgitarre, Bass, Violine und Perkussion umspielten die
verdichteten Gedanken, Ansichten, Träume Bethkes. Das Zuhören
war eine Lust. Nach einer Pause in der man sich gastronomisch und anderweitig
versorgen bzw. entsorgen konnte, ging das Programm weiter mit dem Wahlmünchener
Trollius Weiss. Heilpraktiker hat er gelernt und der schaut ihm
ab und zu auch aus den Texten. Schalkhaft analysiert er die Personifizierung
der Computertechnik, den Esoterikmarkt und sich selbst. Malt lebendige
Seelenwelten, sich selbst begleitend auf der Gitarre und mit sporadischem
Einsatz der Mundharmonika. Er hatte auch die Fähigkeit sich in die
Herzen der Zuhörer zu singen, die es ihm mit viel Applaus und der
Forderung nach einer Zugabe dankten. Dass es den typischen Liedermacher
nicht gibt, dass jeder der auftretenden Künstler etwas ganz eigenes
auf die Bühne bringt und dem Publikum übermittelt, spürte
man auch als Manfred Maurenbrecher mit seinem Konzert auf Trollius
Weiss folgte. Lebensnahe, derbe Erzählkunst folgte der wohlgefeilten
Satire und Wortspielerei. Und während Trollius Weiss bei seinem Konzert
vorwiegend still auf seinem Barhocker saß, hüpfte und sprang
Manfred Maurenbrecher auf der Klavierbank herum und seine Finger über
die Tasten. Der ganze Mann war Bewegung innerlich und äußerlich.
Er geriet ins Schwitzen, bei Liedermachern ein eher ungekanntes Phänomen.
Das Publikum dankte es dem Meister mit viel Beifall, folgte seinen Erzählungen.
Doch auch der letzte Beifall verhallte irgendwann gegen Mitternacht.
Mit ca. 300 Besuchern wertete
der Initiator Wilfried Mengs, selber auch freischaffender
Liedermacher, die Veranstaltung als erfolgreich. Die Grundintention, Liedermacher
verschiedener Szenen zusammenzuführen und in Thüringen die Liedermacherkultur
zu fördern wurde erfüllt. Diese Intention ließen sich das
Kulturministerium des Landes Thüringen, die Landesarbeitsgemeinschaft
Soziokultur Thüringen, der Saale-Holzland-Kreis und auch die Gemeinde
Crossen etwas kosten, sie unterstützten die Veranstaltung großzügig.
Im Foyer des Schlosses wurde eine Ausstellung mit Bildern und Skulpturen
von Ralph Ebersbach gezeigt.
Internetadressen:
Wilfried Mengs: http://www.laurarecords.de
Manfred Maurenbrecher: http://home.snafu.de/mauren/
Vier Hände Staub: http://www.vier-haende-staub.de
Trollius Weiss: http://www.trollius-weiss.de
Wolfgang Winkler: http://www.wolfgang-winkler.de
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