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Konzert zum 20. Ökumenischen Bandtreffen    17.03.2001     Hirschluch
von *tf

Bereits im Vorfeld ahnte ich, dass dieser Konzertabend zu einem ungewöhnlichen Ereignis werden sollte. Schließlich waren 23 Bands angetreten, um in einem 12-stündigen Marathon ihren aktuellen musikalischen Standort zu bestimmen. Den Anfang markierten gegen 14:30 Unscheinbar, die in ihren selbstverfassten Songs zwischenmenschliche Probleme aufs Korn nahmen und dies in einer höchst unkonventionellen Form präsentierten, die gelegentlich in unbekümmertes Drauflosspielen á la Probenraum kippte. Folgend enterten fresh 5 die mit viel Liebe aufgebaute Bühne. Sie boten eine bunte Popmelange aus ABBA, Major Tom und Umwelt- wie feministischen Emanzipationssongs. Letzteres mag nicht verwundern, bestand doch die fünfköpfige Truppe zu vier Teilen aus weiblichen Wesen. An dieser Stelle kann ich meiner angenehmen Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass die Gesamtheit aller auftretenden Bands eine Frauenquote von fast fünfzig Prozent verbuchte.
Liederträume nannte sich die 8-köpfige Combo, die anschließend folkig daherkam. Auch hier standen Coverversionen, u.a. von Dylan, den Kellys und Rod Stewart, im Mittelpunkt des Geschehens, angereichert durch eine ziemlich schwache Eigenkomposition. Der als Dirigent fungierende doppelt so alte Bandleader bestach durchgängig durch einen hohen Entertainmentfaktor. Als nächste gospelten sich Intakt in die Herzen des Auditoriums. Die sehr jungen MusikerInnen brachten bereits mit dem Openener „Oh happy day“ den Saal zum Kochen. Auch ein selbstverfasster Song in der Tradition des NGL wusste zu überzeugen. In den folgenden Ginger Nuts verbarg sich ein gitarrenbestücktes Damenduo, welche schon als Preisträger beim Festival „Junges Lied“ in Brandenburg geehrt wurde. Zu recht, denn die sowohl solistisch als auch im Duetteinsatz überzeugendes Stimmen ließen das Publikum in andächtige Verzückung ausbrechen. Der professionell wirkende Auftritt machte den anwesenden Nachwuchsmusikern klar, dass sie es hier mit einer anderen Spielklasse zu tun hatten. Und wenn die beiden Musikerinnen ihre noch vorhandenen gitarrenarrangiertechnischen Reserven anzapfen, muss man kein Seher sein, um ihnen eine verheißungsvolle Zukunft vorauszusagen. Als nächstes betrat Sp-Echt die Arena, eine Band, die schon zum Urgestein des Bandtreffens zu zählen ist. Im Sound der 60er bis 80er boten sie eine bunte Palette musikalischen Frohsinns dar, zehrten dabei vorwiegend von den entertainerischen Fähigkeiten von Frontmann Florian. Vor einer wohlverdienten Pause spielten noch PC Pusteblume 99 auf. Der Altersdurchschnitt dieser Kapelle lag bei geschätzten 12 Jahren, die Halbwertzeit der dargebotenen Songs um ein vielfaches darüber. Blue Suede Shoes und ähnliche Kaliber versetzten die Hörerschaft in ausgelassenen Frohsinn.
Nach einer Stunde zum Ohrendurchlüften gings mit DVP – Die Verpeilten gleich richtig zur Sache. Von rockig bis sphärisch reichte das Spektrum der mit Spielfreude dargebotenen Songs. De Nada im Anschluss übten sich im Spagat zwischen balladesken Folkbestandteilen und mithüpfgeeigneten Parts. Letztere nahm das Publikum dankbar auf und zeitweise herrschte gar Volkstanzfeeling. Die anschließend zu hörenden Band-r-is (gesprochen Bänderriss) hielten das stimmungsvolle Level durch ihr Gebräu aus Rock´n´Roll, smoothem Barjazz und einer hymnischen Ich-liebe-Dich-Ballade. Besagte Ballade hätte gute Chancen, durch entprechendes Pushen zur Teeniehymne zu werden. Zeit zur Ruhe zu kommen bot der Auftritt des Barden Christoph Schubert. Die mit sächsischem Unterton dargebotenen Songs des Wahlberliners verfügten über poetisches Potential, sieht man mal vom Vergleich der Haut seiner Liebsten mit flauschig-weichem Klopapier ab. Die besinnliche Atmosphäre wurde neben stilvoller Beleuchtung durch eine Menschin, welche Seifenblasen ausspie, gefördert. Schluss mit Gemütlichkeit machten Irenzo, welche anschließend die Bretter erklommen. Punkrock mit deutschen Texten gepaart mit massiver Frauenpower ließen zaghafte Pogoversuche keimen. Amüsant der Auftritt der nächsten Herde, die den schönen Namen Polylux-3H trugen und experimentellen Gitarrenpop darboten. Zum Bühnenbild gehörten zwei im back herumstehende quatschende Biertrinker, die das Bild eines chaotischen Gesamtkunstwerks vervollständigten. Die in britischen Sound vorgetragenen Songs lebten gleichermaßen von den zugrundeliegenden guten Ideen wie von der charismatischen Ausstrahlung des Frontshouters. Danach hatten es Astray schwer, mit ihrer singegruppenmäßigen Musik reiche Ernte einzufahren. Herzlicher Beifall wurde jedoch auch ihnen zuteil. Etwas mehr Begeisterung löste anschließend die Frauenkapelle Divine aus, die eine Art Grunge-Pop spielten. Entwicklungsfähig, dennoch durchaus goutierbar. Heavy on Wire - wer dahinter metallisches vermutet, liegt meilenweit daneben – ein Liedermacherduo brachte das Publikum wieder in ruhigeres Fahrwasser. Die doppelbödigen, teilweise sarkastisch anmutenden Texte nahmen so ziemlich alles aufs Korn. Und trafen. Bisweilen kam flapsiger Humor á la Helge S. auf, der die beiden Protagonisten einer Persiflage von Biermanns Söhnen nahebrachte. Für Frohsinn beim Auditorium sorgte nicht zuletzt Andy, das Bandmaskottchen, welches mit finsterer Miene, Bad-Religion-T-Shirt  und Sonnenbrille bierflaschenbewehrt das Bühnenbild darstellte. Die nächstfolgenden Turned Tomatoes boten wieder härtere Kost. Progrock politischer Natur sowie sphärische Klänge mit Rezitativ sorgten für Abwechslung, die durch ein Hammerfall-Cover (Hammerfall verprogrocken! Kult!!! - Anm. rls) komplettiert wurde. Besinnlich wurde es anschließend mit dem Damendreier Pelorojo, der perkussiv-akustisch eine intime Stimmung aufbauen konnte. Die Haare der Drummerin sorgten für farbliche Akzente ebenso wie die am Set befestigte Riesenchrysantheme gleichen Farbtons. PöAPö sorgten als nächste mit einer Mixtur aus Bluesrock und Toten Hosen für Partystimmung. Wenn das Publikum nicht schon etwas ermattet gewesen wär´, wäre es ganz sicher zu spontanen Tanzszenen gekommen. Die überzeugende Frontfrau Franziska war der Mittelpunkt des Geschehens, nur im letzten Songs durch Triangelfee Emma im Hintertreffen. Noch einen Zacken besser war allerdings die Frontfrau der im Anschluss zu hörenden Combo Just a P, die trotz eines überaus fragilen Eindrucks mit einer Riesenstimme gesegnet ist. Der dargebotene ProgRock mit Metaltouch ließ mich einige bangende Heads sichten. Das Publikum spendete zu Recht tosenden Applaus. Kurz darauf kamen Pungent Sound, welches sich als beißender Klang übersetzen ließe, jedoch nicht das Gelbe vom Musikei trifft. Die in direkter Seattletradition geschriebenen und kompromisslos im selbigen Sound umgesetzten Songs boten wenig Platz für eigene Farben. Um so mehr Eigenständigkeit legten im Folgenden ATA an den Tag. Drum´n´Bass aus Sampler und Effektgerät plus kollektive gitarristische Improvisation sicherten den Musikern die volle Aufmerksamkeit der Lauschenden. Der Einsatz eines Weltempfängers zeigte philosophische Tiefe, wobei das tierische Moment in Form von undressierter menschlicher Lautäußerung nicht zu kurz kam. Der in den Tiefen der Eingeweide rumorende Bass weckte meinen leeren Magen und so war ich von tiefer Dankbarkeit erfüllt, als LaKuRo, das zuletzt spielende Ensemble, welches melodiösen, jazzig angehauchten Rock zum Besten gab und vom Publikum dafür mit Feuerzeugschwenken belohnt wurden, ihre Instrumente gegen 2:30 zur Seite legten und mir die Möglichkeit eröffneten, noch ein Sandwich plus lecker Getränk in chilliger Caféatmosphäre genießen zu können. ÖNDE.
 






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