|
King’s X, Psychedelic Kings
19.06.2000 Dresden, Star Club
von
Janet
Ca. 170 km mussten meine beiden
Begleiter und ich hinter uns bringen, um in der sächsischen Landeshauptstadt
einen denkwürdigen Abend zu verbringen, der sich ohne Zweifel in meine
Top-Favourite-Liste einreiht. Den Auftakt bildete eine knapp zweistündige
„Warteschleife“, während der die Spannung stieg und stieg und wir
angeregt über unsere Erwartungen fachsimpelten, bevor kurz vor 23
Uhr endlich die PSYCHEDELIC KINGS (siehe Foto oben) die Bühne betraten.
Die drei Burschen, die in Dresden wohnen und den Metropolen Berlin, London
und New York entstammen (und ich Ahnungslose quatsche natürlich den
einzigen Deutschen auf englisch an...), konnten der eher verhaltenen und
zahlenmäßig mageren Meute mit ihrem energiegeladenen, gut gelaunten
Funk-Rock-Groove-Bastard mehr als nur Höflichkeitsapplaus entreißen.
Ein besonders frenetischer Gast schwenkte gar seine Freundin schwungvoll
durch die fast unerträglich heiße Luft... Die Anheizer boten
eine locker-flockig-flotte Bühnenshow, verbreiteten eine ausgelassene
Stimmung und huldigten immer wieder Heiko vom Star Club und vor allem ihren
großen Idolen KING’S X. Was selbige dann aufführten, war nicht
so ganz von dieser Welt. Meine Skepsis gegenüber Bands, die aus nur
drei Leuten bestehen, muss ich wohl endgültig ad acta legen. Und auch
das unsinnige Vorurteil, feinsinnige Alternative-Künstler seien live
on stage eher lahm. Ganz im Gegenteil: KING’S X rockten wie Hölle.
Eines aber stimmt leider: Solche begnadeten Musiker machen Musik hauptsächlich
für Musiker, und an denen mangelte es im Auditorium nicht. Die standen
meist steif und stumm da, wurden immer kleiner und blasser und schüttelten
beschämt die Köpfe. Insbesondere Gitarrist Ty Tabor raubte mit
seinen gefühlvollen und technisch über jeden Zweifel erhabenen
Soli ein ums andere Mal den Atem. Irre war das Raunen, das durch die Menge
ging, als er einen E-Bow zum Einsatz brachte. Ein kaugummikauender Doug
Pinnick (Bass, Gesang, siehe Foto unten) hatte acht Ersatz-Plektren an
seinem Mikroständer kleben (die sechs übriggebliebenen wurden
im Publikum verteilt - ich hab eins!), feierte lustige Rückkopplungs-Orgien
und sang sich die Seele aus dem Leib (was für eine Mimik!!!), und
Drummer Jerry Gaskill trommelte wie ein junger Gott. Nein, was war das
geil! Vor allem die flotteren Sachen vom 1994er „Dogman“-Album gingen ab
wie Luzie. Die Stücke vom neuen Output, „Please
Come Home...Mr. Bulbous“, kannten die meisten noch nicht, aber es war
sehr beeindruckend, wie viele Besucher den Star Club mit eben jener CD
in der Hand verließen. Während des Gigs allerdings verhielt
sich das Publikum ziemlich reserviert. Es dauerte ungefähr eine Stunde,
bis die wenigen, die richtig Party feierten (so auch meine Begleiter und
ich) den Rest der Anwesenden zumindest soweit animiert hatten, dass sie
KING’S X nicht so ohne weiteres von der Bühne ließen. Wir kamen
in den Genuss von zwei Zugabenblocks, und die waren allererste Sahne. Jam-Attacken
ohne jeden erkennbaren Takt, ohne Melodie oder sonstige strukturierende
„Maßnahmen“, und trotzdem kam alles perfekt präzise auf den
Punkt, als wäre da nur einer statt drei Musikanten am Werk. Es war
berauschend, und ich kam mir so manches Mal wie in Ekstase versetzt vor.
Am Ende brüllten wir. Wir konnten’s einfach nicht fassen, was da geschehen
war. Interessant auch, wie die Band scheinbar genau in Rollen aufgeteilt
ist: der verrückte Powerman an den Trommeln, der charismatische Grinsekuchen
am Bass und der goldige introvertierte Stille an der Gitarre. Den Gesang
teilten sich die Drei, wobei Doug Pinnick den Löwenanteil übernahm.
Einfach grandios. Und dann
sind KING’S X bei allem Können auch noch derart bodenständig
geblieben. Nach der Show gaben sie sofort Autogramme, Kurzinterviews und
ließen sich mit uns fotografieren. Die sympathischste Truppe, die
ich seit langem erlebt habe, und ein absoluter Gänsehautgig sorgten
dafür, dass mir die 170 km Rückfahrt dann auch noch schnurzpiepe
waren.
© by CrossOver
|
|
|