Zweites Seminar für Jugendmusik in Friedensau – ein Resümee
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von Jörgen Zschunke
Vom 7. bis 11. Mai 1997 fand
in Friedensau das zweite "Seminar für christliche Popularmusik" statt.
Die Veranstalter hatten mit 60 Teilnehmern gerechnet, doch es kamen 150.
Die Organisatoren in Friedensau vollbrachten daraufhin eine Meisterleistung.
Dafür sei ihnen an dieser Stelle herzlich gedankt.
Daß das "weltliche"
Abschlußkonzert mit Pe Werner und Ulf Weidmann doch in der Kapelle
stattfand, war richtig, denn nicht alle weltlichen Texte sind ungeistlich,
und nicht alle frommen Vokabeln sind automatisch geistlich. Während
dieses Konzerts mußte ich oft an die Forderung Dietrich Bonhoeffers
denken: Wir müssen lernen, weltlich von Gott zu reden. Mir scheint,
Pe Werner hat das getan.
"Heiße Eisen"
In den Grundsatzreferaten ging
es auf intellektuell hohem Niveau hart zur Sache. Auf dem Programm standen
die Themen "Die religiösen Aspekte in der Rock- und Popmusik", "Christliche
Popularmusik zwischen Konsum und Mission" und "Geheime Botschaften in der
Rockmusik". Die Veranstalter hatten es sich wahrlich nicht leicht gemacht,
denn an diesen "heißen Eisen" konnte man sich schon sämtliche
Finger verbrennen. Die Referenten kamen von den Universitäten Bonn
und Hamburg sowie vom Hessischen Rundfunk.
Die Fragestunden waren immer
zu kurz, Antworten nicht immer zu haben. Die Farbpalette unserer Welt umfaßt
nun einmal viel mehr als nur schwarz und weiß, und die Zwischentöne
sind nicht immer leicht zu deuten. Auf anderen Gebieten sind wir uns dessen
durchaus bewußt, nur bei der Musik hätten wir gern einfache
Lösungen. Die bekamen wir nicht. Wir sind nach wie vor unterwegs,
müssen Fragende und Suchende bleiben.
Einige Thesen
Religion spielt in der Popularmusik
eine große Rolle. Sie hat aber die Tendenz, Grenzen zu durchbrechen,
will den Spielraum erweitern, mehrdeutig sein und nicht festgelegt werden.
Von daher ist sie nur bedingt geeignet, eindeutig christliche Botschaft
zu vermitteln. Die christliche Popularmusik wurde stark hinterfragt. Es
bleibt aber die Überlegung, ob junge Christen ausschließlich
mit missionarischer Zielsetzung musizieren dürfen, oder ob nicht auch
die Freude am eigenen Spiel und die persönliche Kreativität Daseinsberechtigung
haben. Andernfalls müßte man konsequenterweise unseren Posaunenchören
alle Spielstücke aus dem Barock verbieten.
An den immer wieder beschworenen
"geheimen Botschaften" durch Rückwärtsspielen von Poptiteln ist
– zumindest nach gewissenhaften klanganalytischen Untersuchungen – nichts
dran. Exakter als Prof. Rösing von der Universität Hamburg hätte
man dieses Thema in der kurzen Zeit nicht behandeln können. Vieles
in diesem Zusammenhang ist Spekulation und Geschäft. Unreflektierte
Aufregung bringt uns da nicht weiter.
Wenn jemand durch Popmusik
beeinflußt wird, so Prof. Rösing, dann durch die Vorwärtsbotschaften
dieser Titel. Er gab uns Nachdenkenswertes mit auf den Weg: Warum reden
so viele Poptitel so negativ von unserer Welt? Sind sie vielleicht viel
mehr Widerspiegelung unserer kranken Zeit und Welt, als wir denken? Leider
kommt dieser sozial- und gesellschaftspolitische Aspekt in der Auseinandersetzung
christlicherseits oft zu kurz.
Nach den Schlußworten
von Bruder Kabus waren wir zwar am Ende dieses Seminars, aber noch lange
nicht am Ende unseres Suchens und Fragens. Daß bei einem solchen
Treffen auch Morgenandacht und Abendsegen ihren Platz haben – und das durchaus
nicht nur als "frommer Rahmen" –, sei hier am Rande erwähnt. Der Gottesdienst
mit den Friedensauer Geschwistern war ein Fest.
Zum Schluß ein Wort an
alle Skeptiker und Kritiker: Bleibt weiterhin skeptisch, bleibt weiterhin
kritisch – aber begleitet uns, die wir Antworten suchen, auf unserem Weg.
Die Verteufelung von Musikstilen, Instrumenten, Rhythmen oder sogar Menschen
sollte allerdings der Vergangenheit angehören.
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