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TECHNO-FREAKS FALTEN BRAV DIE HÄNDE
aus: Pressedienst des Deutschen Evangelischen Kirchentages

Grelles Neonlicht flimmert über die Wände. Die Luft ist heiß und feucht. Aus mannshohen Boxen dröhnen dumpfe Bässe. Teenager recken ihre Arme in die Luft, zucken im Takt. Der Holzfußboden bebt. Jugendpfarrer Bernd-Jürgen Hamann und die Junge Gemeinde der Luisen-Kirche Berlin bieten mit der Technomesse in der Lutherkirche einen außergewöhnlichen Gottesdienst zum Kirchentag: "In Techno Deo Gloria" heißt das Spektakel, das sie seit Anfang 1996 regelmäßig vor allem in ihrer Berliner Heimatgemeinde veranstalten. Etwa tausend Jugendliche, aber auch einige Erwachsene strömen am Donnerstag abend zur Lutherkirche. Schon eine Viertelstunde vor Beginn der Veranstaltung platzt das Gotteshaus aus allen Nähten. Bänke und Emporen sind voll besetzt, viele sitzen auf dem blanken Boden. Nachzügler müssen draußen bleiben und werden auf die nächste Veranstaltung am Samstag vertröstet.
Zu Beginn der Messe betritt Mephisto in schwarzem Umhang die Kanzel. Umwabert von künstlichen Nebelschwaden prahlt er triumphierend, Techno-Musik sei Höllenzeug. Doch da schallt "Gottes Stimme" aus dem Lautsprecher: "Mit eigenen Waffen werde ich dich schlagen. Denn auch Techno soll zu meinem Lob beitragen." Die Gemeinde antwortet mit tosendem Beifall. Neben dem Altar hantieren die DJs Mack Beth und Essex an ihren Plattentellern. Gekleidet sind sie nach dem neusten Szene-Look: schwarz-weißes Lackleder, Plateauschuhe und Hosen mit Kuhfellmuster. Essex' Haare leuchten neongrün, an Mack Beth' Oberkopf wackeln zwei winzige Zöpfchen.
"Wir wollen nun beten", kündigt Pfarrer Hamann an. Brav falten die Techno-Freaks die Hände. "Durch die einzigartige Atmosphäre verstärkt sich für mich das spirituelle Erlebnis", ist sich Kerstin Birnatzki, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Luisengemeinde, sicher. Auch Pfarrer Hamann fachsimpelt: "Trance-Techno ist voll von Mystik. Wir wollen Spiritualität statt Ritual!"
In seiner Predigt plädiert der Jugendpfarrer dann auch energisch für eine Modernisierung der Gottesdienstes: "Kirche muß sein, für die, die heute leben". Die klassische Gottesdienstordnung wird jedoch eingehalten. "Wir legen großen Wert darauf, die Techno-Musik im Kontext der Liturgie einzusetzen", betont Hamann im Gespräch nach dem Gottesdienst. "Kyrie, Gloria und Abendmahl - die klassischen Formen der Messe behalten wir bei."
"Das ist doch alles eigentlich total konservativ. Nichts ehrliches, sondern ein riesiger PR-Gag", beschwert sich eine Punkerin und verläßt das Gedränge. Die meisten anderen Besucher sind jedoch begeistert. "Für mich war Gottesdienst immer Pflichtprogramm. Hier macht er richtig Spaß", strahlt die 15 Jahre alte Nadine Dickel aus Düsseldorf.
Höhepunkt des Gottesdienstes ist die Konfirmation von DJ Mack Beth. Verstohlen wischt sich die junge Frau dabei Tränen der Rührung aus den Augenwinkeln. "Zwei Kirchentagsbesucher haben ebenfalls spontan beschlossen, sich im Samstagsgottesdienst taufen und konfirmieren zu lassen", kündigt Pfarrer Hamann nicht ohne Stolz an.



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