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Licence to (kill?) play!
Friederike Heller gibt 007
die Welt und den Rest
von
Henner
Kotte
Bond, James Bond kämpft
mit harten Bandagen. Er hat uns vor Dr. No gerettet, er hat den Anschlag
aus dem All verhindert, er hielt die atomare Bombe mit bloßen Füßen
auf. Nebenbei schlürfte er Martini geschüttelt, nicht gerührt.
Er girlte um Ursula Andress, Sophie Marceau und Octopussy, und er hat all
die schönen Damen im Bett wirklich gehabt. Bond, James Bond war und
ist der göttliche Held im Dienste ihrer Majestät und unsres kalten
Krieges. Bis dato können wir uns nicht satt sehen an den bombastischen
Männern, effektvollen Tricks, hanebüchenen Stories.
Theaterregisseurin Friederike
Heller hat genau so viel Spaß an den absurden Geschichten vom Spion
wie wir. Aber so gut und böse wie Autor Ian Fleming sich die Welt
vorstellte, ist sie nicht mehr. Ist sie wohl auch nie gewesen, nur ham
alle dran geglaubt. Deshalb streitet seit dem 11. Oktober ein sehr gegenwärtiger
Bond, James Bond im Theater in der Fabrik. "Bondage: Agent entfesselt"
heißt das Ereignis, und auch dorten sehen wir, was den Bond, James
Bond ausmacht an Gespielinnen, Geschützen und Getränken. Nur
ist das Gut und Böse so mit frei im Westen und geknechtet im Osten
eben nicht mehr zu fassen. Die einen sind die Global Player des Worldbusiness,
andre kämpfen mit vielen Mitteln für die Akzeptanz des Landes
und einer Region. Und Bond, James Bond steht plötzlich zwischen diesen
Fronten und kann die Argumente der einen wie andren Seite gut verstehen.
Ist der alte Barde am Ende seiner Schlagkraft? Hat Held Bond, James Bond
ausgedient, steht nicht länger im Dienste einer Majestät?
Bereits mit den "Elementarteilchen"
schrieben Friederike Heller und Marcel Luxinger ein Stück Prosa auf
die Bühne. Das gelang. Und so spielt das neue Stück wieder mit
den literarischen Klischees. Aber auch mit der persönlichen Erfahrung.
Wenn Bond, James Bond in die Realität dreier Betriebswirtschaftsstudenten
einbricht, kennt Friederike Heller deren Bildungsstand und Wissen. Auch
die 1974 geborene Berlinerin trat das wirtschaftswissenschaftliche Studium
einst an. Nur verinnerlichte Friederike nie die Zahlen, Daten, Fakten.
Nach Semestern wechselte sie die fachliche Richtung und schrieb sich zur
Regieausbildung ein. Markennamen wie Jürgen Flimm trugen zu ihrer
Ausbildung bei. Und bereits Friederikes Abschlußinszenierung zeigte
der Regisseurin Liebe zu Literatur und Experiment. Der shakespearsche "Hamlet"
geriet an die "Fünf Freunde" einer Enid Blyton. Kinderseele meets
Königssohn, das ist der Stoff innovativen Theaters. Diese, unsre Welt
hat keinen Raum für Illusionen, die Gegenwart hat den Beweis des Gegenteils
längst angetreten. Nur so ein paar ganz kleine Träume darf ein
jeder ganz persönlich haben.
Mit eben diesen tradierten
Mustern spielt auch "Bondage: Agent entfesselt". Wie geht Mensch mit den
gesellschaftlichen Verschüben um? Wenn der Markt nunmehro keine Fesseln
kennt, wer bietet Einhalt? Selbst Bond, James Bond, der Held, erliegt den
Manipulationen der Macht? Fragen der Zeit, selten werden sie im Theater
so direkt verhandelt. Und das mit Spaß. Recht so und warum denn nicht.
Denn was, wenn nicht die Bühnenkunst, zeigt uns die Realitäten
ungeschminkt und läßt noch Raum für die Illusionen, die
wir dringend brauchen? Darauf einen Martini geschüttelt, nicht gerührt.
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