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Neues aus der Theaterwelt (04.12.2005)
von ks

"Ich lehne es ab, ein Held zu sein. Ich bin ein Mensch des 20. Jahrhunderts, das ist alles".
Mit diesem recht viel sagenden Satz beendet Hans Sahl seinen ersten Monolog im "Theaterabend über das Leben". Und wahrlich, über das Leben und seine Kuriositäten erfährt der Zuschauer viel im Stück "Das lange Weihnachtsmahl". Hans Sahl, ein jüdischer Schriftsteller aus Dresden, eröffnet einen Theaterabend, bei dem es sich um den Menschen und das Leben dreht. Er erörtert Fragen nach dem Sinn/Inhalt des Lebens, nach der Bestimmung des Menschen, dessen Fremdheit in der Welt. Die "Kapitulation des Ichs von der Wirklichkeit" ist ebenso Thema wie Zerstörung und Anpassung, Gewalt, Umkehrung der Gebote. Immer bereit, dem "Verbrechen seine menschliche Würde zurückzugeben" begibt sich Hans Sahl mit seinem Alter Ego an verschiedene Orte wie Berlin oder New York.
Wenngleich die Monologe und die Gespräche mit seinem Alter ego viele interessante Fassetten aufzuweisen haben, verlangen sie dem Zuschauer doch viel Geduld ab. Erst nach über einer halben Stunde erscheint das übrige Ensemble auf der Bühne um dem Theaterstück eine neue Wendung zu geben - Weg vom Monolog hin zum immer wiederkehrenden Dialog in Thornton Wilders "Weihnachtsmahl".
Hans Sahls Überlegungen dienen als Rahmen der eigentlichen Geschichte, was im Zusammenhang mit der Tatsache betrachtet, daß Sahl Wilders Übersetzer war, einen nachträglichen "Aha-Effekt" beim Publikum hervorruft, schließt sich doch der Kreis seiner Betrachtungen in den Darstellung von Wilders Stück.
"Das Weihnachtsmahl" ist die immer wiederkehrende Szenerie des Weihnachtsabends in einer typischen, amerikanischen Familie. Innerhalb von 40 Minuten und einer einzigen Szene werden 90 Jahre und vier Generationen derselben Familie vor- und dargestellt. Das Wiederholen der Dialoge, Handlungen, Namen der Kinder verdeutlicht den Lauf der Zeit. Obgleich keiner der heranwachsenden Nachkömmlinge wie die Elterngeneration werden will, passiert ihnen genau dies.
Ein schwieriges Stück, dem sich die Schauspieler des Allraunen Theaters angenommen haben. Und sicherlich ist es nicht für jeden Theatergänger geeignet. Dennoch schafft es Raum zum Nachdenken, die Handlungsstränge sind nachvollziehbar und zum Schluss, wenn alles einen Sinn ergibt, ist man froh, einem Theaterabend übers Leben beigewohnt zu haben.

Das Allraunen Theater spielt "Das lange Weihnachtsmahl" wieder (passend) im Dezember, und zwar am 9., 11., 15., 16., 17. und 18.12.2005 jeweils 20 Uhr im Theater unterm Dach (im Theaterhaus Rudi, Dresden).



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