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Belohnung: Face im Trailer:
In Chemnitz und Halle und Leipzig werden Moderatorinnen für "Creeps" gecastet
von Henner Kotte

Up to you, der Traum ist wahr. Petra, Maren und Lilly haben es geschafft. Sie sind erwählt, das Fernsehen hat sie eingeladen. Sie haben sich aufgestylt und geübt, sie haben ein Demoband vollgequatscht und versendet. Jetzt sind sie drin, zumindest im Studio. Da gibt's Kaffee und Wasser und Obst ganz umsonst.
Aber stellen die Maiden fest: Sie sind drei, und Moderatorin wird eine. Oder? Dann spricht Meister Arno durch den Äther und läßt sie den Eignungstest vollführen. Die drei selbstbewußten Damen können ihn bestehen und führen sich und alles vor. Trotzdem geht das an die Substanz, denn zum einen müssen sie dem Herrn Arno gefallen, zum anderen die Konkurrenz schlagen. Petra, Maren und Lilly kämpfen um den Job und um ihr eignes Leben.
Autor Lutz Hübner ist ein wenig das Wunderkind deutscher Dramatik und gegenwärtig auf fast allen deutschen Bühnenbrettern drauf. "Das Herz eines Boxers" brachte ihm den Jugendtheaterpreis. "Gretchen 89ff" machte uns den Goethe heiter. Und seiner Stücke gibt es viele, die den Nerv von uns und unserer Zeit treffen. Klar hat Lutz Hübner Erfahrung. Geboren 1964 in Münster studierte er Germanistik, Philosophie und Soziologie. Er wurde zum Schauspieler ausgebildet und führte Regie u.a. in Neuss und in Karlsruhe und in Magdeburg. Und "Creeps" hat all das, was jung und alt ins Theaterhaus zieht, man kann lachen, lächeln, diskutieren und sich fragen, ob man und wie man solche Chancen nutzt. Denn Moderator(in) hört sich gut an, das bringt Publicity und Geld, man wäre ...
Up to you, in Halle rotieren die Mädels im Kleinen Thalia. Franziska Ritter hat das Warm-up der Kandidatinnen mit Rhythmus und feinem Gespür in Szene gesetzt. Andrea Ummenberger ist die sportliche Chemnitzer Petra und nachvollziehbar einfühlsam. Sofie Maruschka Häusler kämpft mit grünen Idealen und der Mutter sehr real. Recht abgeklärt kommt Katharina Hauck als Tochter eines großen Namens daher. Besonders eklig ist des Arnos Stimme aus dem Off (Enrico Petters), er läßt die Puppen gnadenlos tanzen und ist sowas von fies ... Das alles fesselt uns Betrachter und ist nicht nur als Deutschstunde außerhalb der Pflichtlektüre zu empfehlen.
Up to you, in Leipzig fährt der bagage-Besucher (oder wir Kandidaten?) erstmal Bus, um ins Studio zu gelangen. Bereits auf dem Wege machen uns Sieglinde Reimann und Gösta Bornschein die Anforderungen sehr klar: Sprachübungen, Verhaltensmaßregeln und andere Tips werden gegeben, und wir bekommen die Ahnung, wie's den Bewerbern so geht. Annegret Geist (Petra) macht was her und unterstützt die Konkurrenz mit ostdeutschem Sozialgewissen. Karin Werner (Maren) scheint manchmal ein wenig zu introvertiert, aber ergreift unsere Seelen mit der Sehnsucht der "Titanic". Renate Schneiders (Lilly) Arroganz bröckelt augenscheinlich. Und manchmal könnte Herr Arno aus dem Off (Reinhart Reimann) die Marionetten gemeiner zappeln lassen. Petra Siegel samt Marion Firlus erzählen uns die Vorleben der Moderatorinnen den Personen gemäß, die Regiseurinnen verzichten auf Schnickschnack, und das macht uns die Allmacht neuer Medien noch brutaler. Gelungen und des Ansehens wert.
Up to you, wenn Chemnitz schon im Stücke vorkommt als Synonym des vergessenen (aber liebevollen) Ostens, dann muß das Stück auch in Chemnitz auf die Bühne. Und nicht nur deshalb hat es Katka Schroth dort auch inszeniert. Aber so recht vertraut die Regisseurin dem Text nicht, denn um das Einzelschicksal in die Allgemeingültigkeit zu erheben, sprechen die Mädels oft auch im Chor. Das zur Masse machen, rächt sich, denn die hoffnungsvollen Damen mutieren zu Schablonen ohne Charakter. Judith Hermsdorf (Petra) schreit, spricht aber deswegen nicht hiesig. Judith Raab (Maren) kommt im Glitzerfummel ihren Idealen kaum nah. Und Lydia Stäublis (Lilly) Part ist nur nervend. Daß die Off-Voice (Carsten Knödler) auf die Bühne muß, zerstört dann völlig die Dramaturgie. Schad irgendwie so für Chemnitz und für das Stück.
All diese "Creeps" in unserer mitteldeutschen Provinz machen uns das eine klar: medienverführt, -verseucht sind wir schon. Denn grabe einjeder in seinen ureignen und ganz geheimen Sehnsüchten rum, einmal auf Sendung, einmal Idol, einmal berühmt, wer wäre es nicht gern. Für Lilly, Maren und Petra endet das Casting mit ihrem Face im Trailer für die neue Show. Wenigstens zum Vorspann hat's bei ihnen gereicht. Ist ja auch was. Wichtiger für sie aber ist: Sie sind um Erfahrungen reicher und haben ihre Konsequenzen gezogen. Wir Zuschauer auch.



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