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Neues aus der Theaterwelt (31.12.2002)
von Henner Kotte

Panoptikum bewegter Schüler
Anja Franke schwimmt samt Narrenschiff im Altenburger Land

Daß Schüler starr schweigen, ist ungewöhnlich nicht. Daß Schüler schweigend bewegungslos öffentliche Plätze besetzen, erregt Aufmerksamkeit. Nicht nur während des Skatbrunnenfestes sieht der Schaulustige Bube, Dame und König in Altenburg wirklich. Zollt der Betrachter ihnen gebührend Beifall, bewegen sich die Figuren des Spiels. Es sind keine Puppen, die da den Markt besetzen. Die Skatbrüder und -schwestern sind echt. Das Panoptikum ist lebendig. In den Kostümen machen sich Mitglieder der Jugendkunstschule Altenburger Land den Spaß. Aber nicht nur in solchen Sachen stecken sie drin.
Anja Franke kennt diese Kunstschule persönlich von Eleve bis Dozentin. Bereits in den wilden Wendezeiten wurde die Kreativ Werkstatt Narrenschiff e.V., verantwortlicher Träger der benannten Jugendkunstschule, gegründet. Ich wollte, sagt Anja und gründete mit. Ziel, Zweck des Vereins war es sehr einfach, kunstwilligen und -interessierten Lernern die Möglichkeit zur Kunst auch zu geben. Schüler, die mochten und möchten, können dort richtige Kunst tun: Tanzen, Schauspielern, Keramik gestalten, Fotografieren, gar selbst für die Inszenierungen Kostüme, Bühnenbild und Ausstattung entwerfen. Jeder kann sich in allem versuchen, denn vor keinem, der will, werden Türen geschlossen. Mittlerweile ist diese Einrichtung in Stadt und Umland zur festen Größe geworden. Tanz gibt´s vom Alter 3 - 18 in sechs Klassen. Und nicht nur vor der Verwandtschaft wird es später gezeigt. Im Schauspiel üben ebenfalls der Gruppen sechs. Neben besagten Panoptikum hat die Kreativ Werkstatt schon mehr den Leuten geboten. Max Frischs Parabel "Andorra" setzte das Team in Szene, "Pinocchio", "Karneval auf dem Rialto", gar eigene Texte gelangen zur Bühne wie in "Lachen ist gesund", wo sie selbstverständlich neben den Klassikern á la Loriot stehen. Mehrmals hat man die gruslig gemeine Geschichte vom Prinzenraub in Altenburg vorgeführt. Diese Kindesentführung hat es geschichtlich wirklich gegeben. Und sie ist auch ein Höhepunkt in den Aufführungen gewesen. Publikum guckt gern bei Verbrechen zu.
Anja Franke hat in beiden Fassungen der letzten Geschichte ihre Rolle gegeben. Einmal war sie Regisseur im Spiel des Spieles, da floppte die Entführung dank Schauspieler kolossal. Nur das Publikum konnt´ herzlich lachen. Beim zweiten Mal war die Geschichte ernst, und Anja Franke erfuhr vom schrecklichen Geschehen an Prinzenmutterstatt, Margarethe hieß die Königin. Da war Einfühlungsvermögen und Talent gefragt. Anja Franke hat diese Herausforderung bestanden, und solch Richtung gar weiter noch verfolgt. Derzeit studiert sie Theater- und Kunstwissenschaft, dem Narrenschiff e.V. sei Dank. Ihrem Verein bleibt sie auch weiterhin treu. Und wie manchmal die Gelegenheiten so spielen, eines Tages mußte sie plötzlich in die Rolle der Dozentin schlüpfen. Auch diese Prüfung hat sie bestanden, Anja Franke gibt regelmäßig Kurs in der Kunst des Schauspielens. Erfahrungen hat sie ja ohne Frage.
Aber neben den wöchentlichen Möglichkeiten bietet die Jugendkunstschule Altenburger Land noch mehr. Ganze Klassen können in Projekttagen was erleben, in denen sie künstlerisch mittun müssen. Oder man meldet sich in den Ferien zur Fahrt ins Lager. Dort wird dann richtig intensiv geprobt, die Bühne zum erfolgreichen Abschluß ist am Ferienort vorhanden. Die Mittel für all diese Projekte stellen übliche Förderer wie Stadt und Land und Bund zur Verfügung. Spenden sind willkommen, völlig klar, wo nicht. Die Leiter aller möglichen Kurse sind Leute vom Fach, ausgebildet und mit einschlägigen Erfahrungen. Zur Zeit betreuen gut zwei Dutzend Mitarbeiter mehr als 200 Intressierte. Aber die könnten noch mehr werden, wie gesagt, keiner erhält eine Absage. Solltet Ihr Euch trauen wollen, nix wie hin.
Auch dieses Jahr wird es das Panoptikum geben. Altenburg könnte eine Sehenswürdigkeit mehr bekommen, nicht nur zum Fest. Da freuen wir uns drauf.

Inseln mit Hasen und Lerchen
Die kleine Freiheit der Frances Besler

Die Hasen saßen im Feld, nur war das Feld Wasser. Sie trauten sich nicht und wären ertrunken. Raus aus dem Auto, sagte sich Frances, raus, und die Hasen verjagt, auf daß sie schwimmen und leben. Die Hasen, sie taten's. Frances fuhr weiter, das Gehöft der Eltern auch eine Insel. Sandsäcke füllen und schleppen und hoffen, daß die Katstrophe nicht eintrifft. Nicht immer hat sich die Hoffnung bestätigt. Es hätte schlimmer noch kommen können. Ein Konjunktiv der nicht tröstet, der aber an Zukunft denken läßt.
Die andere Zukunft der Frances Besler heißt "Kleine Freiheit", am 22. September ist Premiere No. 1 vom Theater im Keller der Villa. Nach dem Namen, nun ja, hat man im Duden geblättert. Doch naheliegend ist die "Kleine Freiheit" schon, die große trug die Nummer sieben, lag in Hamburg und machte Hans Albers berühmt. Auch die Villa in der Lessingstraße hat Hausnummer sieben, und mit Berühmtheit ... Eine Kulturinsel in Leipzig soll die "Kleine Freiheit" schon werden. Regelmäßig wird dann gespielt: Theater, Lesung, Bühne in allen Variationen. Bislang ist man ein Zwei-Mann-Team plus Frau: Frances, Herr Miller und Marco Runge. Diese Drei meinen ab 22. September "Es war die Lerche", ein Klasse Klassiker der heitren Kunst. Noch hat man für die Proben Zeit, allerdings kann auch Frances nicht wissen, welche Hasen noch ihrer Hilfe bedürfen oder auf welchen Inseln sie Sandsäcke stapelt.
Aufgewachsen ist Frances auf jenem Gehöft nahe Torgau. Und wenn manche Mädchen von Pferden nur träumen, hatte sie Frances im Stall. Klar kann sie reiten. Klar hat sie nicht nur in der Bude gehockt und Freiheit genossen. Beim Abi dann hat sie "erstmal voll die Krise gekriegt" und die Schulen gewechselt. Sie sang bei Dawn of Fate hoher Stimme Metal. Mittlerweile kratzt's im Halse, was vielleicht Grund hat. Aber warum sollt man junges Leben nicht genießen? An der Schauspielschule hat sie sich beworben. Aber zur studierlichen Tätigkeit hat sie Sozialpädagogik ins Auge gefaßt. Noch davor ist der Numerus Clausus. So wirkt Frances Besler mit bei den Connewitzer Kammerspielen und spielt und spielt. Jetzt eben und gerade bei der "Kleinen Freiheit"

Gottliebchen rettet die Welt in die Hölle
Musik für Oper und Teufel: Detlev Glanert

Die Großmutter scheuert, vor lauter Reinlichkeit hält's den Satan in der Hölle nicht länger. Deshalb besucht er uns und die Welt, um Böses zu tun. Logisch. Er begegnet einem Lehrer plus Musterschüler Gottlieb, der Liddy samt Verlobten, einem häßlichen Lover, Rattengift, Mollfels und manch anderm dunklem Gelicht. Aber vom Teufel festgestellt werden muß: Es bleibt für ihn nix zu tun, der Mensch an sich ist böse genug. Und so kommt das Ende vom Lied: Der Teufel rutscht in die Hölle. Die Welt ward unter Gelächter gerettet.
Diese Geschichte klingt reichlich absurd. Und immer mal wieder wird Christian Dietrich Grabbes Stück auch gespielt, sprichwörtlich geworden ist es schon längst: "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung". Jetzt kommt das Werk völlig und neu zur Uraufführung im Hause der Oper. Detlev Glanert hat aus dem alten Theater neues Musiktheater gemacht, und das können wir sehen ab dem 2. des Februarmonats. Denn keinesfalls ist Oper etwas von gestern, glauben wir dem Komponisten und sind gespannt auf das komische Werk.
Nein wirklich, die Zeit für Opern wird immer sein, ist sie doch der einzig echt künstliche Formenausdruck in allen Belangen, und Musik und Text und Bild wirken zusammen. Niemals erhob Oper den Anspruch auf Realität. Aber auch nirgendwo anderen Ortes wird mit solch Inbrunst geliebt. So endlos mit Gesang gestorben. So hehr nach dem Guten gefleht. Ein Lügner, den solch Kunst völlig kalt läßt. Ein Lügner, der sich vom Ruf der Oper niemals beeindruckt fühlte. Und jeder hat an Märchen geglaubt. Sicher jedoch, die moderne Oper fristet ein spärliches Dasein. Kaum, daß man Komponisten kennte. Ja, voriges Jahrhundert und vordem nochmal, da war was los in der Oper, ein jeder Bursch auf der Straß konnte sie singen.
Dass Oper nicht tot gesagt wird, ist auch Detlev Glanerts Bemühen. "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung" ist bereits sein fünftes Bühnenwerk dieser Hinsicht. Der Erfolg ist sichtbar wie die Lust an der Freud. Klar hat man Grabbes Stück ein wenig gestrafft, die Ironie seiner Zeit in das Heute verlegt. Librettist Jörg W. Gronius ist geübt. Und Fred Berndt setzt die Geschichte in Hallische Räume. Solch enge Zusammenarbeit ist selten möglich. Halle verpflichtete Glanert, und dieser schrieb dem Ensemble quasi die Figuren in den Leib. Die Geschichte von Grabbe verfolgte den Komponisten bereits längere Zeit. Denn zeigt doch das gute Stück das Apokalypserl der Welt gegenwärtig. Da ist nix bieder, altbacken, verstaubt, da muß nur die richtige Musik noch dazu, dann paßt kaum etwas besser in heutige Zeit.
Mit zwölf hat Detlev Glanert begonnen zu komponieren, und das, obwohl er nie vom Bremer Elternhaus zu Musik und Instrument gezwungen wurde. Er wollte. Und bereits in den sehr jungen Jahren hat er sich grandiose Opernanfänge vorgestellt. Für den Beruf spät hat er instrumental zu spielen begonnen, Klavier erst im Studium gelernt. Aber gerade dieser verzögerte Eintritt in die klanglichen Welten, läßt den Komponisten manches anders sehen. Für die Schublade hat er niemals komponiert, von Vorteil, daß seine Werke sofort gespielt wurden. Vom Hamburger Jugendorchester zum Beispiel, dessen Mitglied Glanert auch war. 1985 wurde seine erste Sinfonie dort uraufgeführt, er zählte gerade 25 Jahre. Detlev Glanerts Talent überzeugte, Lehrer wie Diether de la Motte oder Hans Werner Henze haben ihn unterrichtet. Preise wurden von ihm gewonnen. Gastdozenturen und Einladungen an berühmte Musikhallen der Welt hat Detlev Glanert erhalten. Daß er für Halle komponiert, ist Musikdirektor Roger Epple zu danken. Ihn verbindet mit Glanert bereits eine lange gemeinsame Arbeit. Es ist bei derzeitigen Kulturkassen nicht oft, daß neuer Musik so auf die Bühne geholfen wird.
Detlev Glanerts Musik zielt auf Affekte, sie ist nicht das theoretische Experiment. Dieses hat ihn Hans Werner Henze gelehrt, ein Name, der Klang hat. Mit diesem Lehrer verbindet Detlev Glanert bis heute die Freundschaft. Wochenaufgabe des Seminares war z.B., ein Stück hysterischen Ausdrucks zu komponieren. Und wer genau hinhört, der weiß, daß sich Dramen auch nur zwischen Tönen abspielen können. Gefühl wird es auch in der neuen Oper reichlich geben: Liebe und Haß, Neid, Mißgunst. Dreizehn Schneider werden erschlagen. Bildung trifft auf keinen fruchtbaren Boden. Und letztlich zieht Gottliebchen am Efeu. Der Teufel ist weg, und wir haben wieder nur uns. Und die Oper dazu.

Gummibänder an Windmühlenflügeln
Die Chemie muß stimmen: Schauspielerin Heike Ronniger

Don Quixotte hängt und schwebt auf und nieder, und während die Philosophen debattieren, was den Mann da so in die Höhe treibt, sagt die Hure: Es sind Gummibänder. Damit holt sie die Intellektuellen auf den Boden der Tatsachen runter. Und Theater greift ins wirkliche Leben. Heike Ronniger gab dieser Hure Gestalt, und auch sonst so blickt die Schauspielerin den Tatsachen ins Auge.
Aufgefallen war die damalige Studentin Heike Ronniger bereits in Karl Georg Kaysers Inszenierung "Katzelmacher", einem Stück R.W. Faßbinders in deutsch deutlicher Gegenwart. Hinter biederen Kleinbürgerfassaden zeigt sich Kleingeist, Intoleranz, Haß. Wieder Faßbinder, wieder das Stück zur Zeit, wieder Kayser und wieder die Ronniger Heike, diesmal "Angst essen Seele auf" und die Stadt Meiningen. Der Regisseur erinnerte sich der Schauspielerin und verpflichtete diese als Gast an sein Haus. Mittlerweile tut Heike Ronniger dort am Theater einiges mit. Ihr gefällt die offene, ehrliche Atmosphäre des Miteinander. Und Meiningen besitzt ein herrliches Haus mit drei Rängen, die stets gut gefüllt sind. Da macht das Verbeugen mit ganz großer Geste richtigen Spaß von oben nach unten für all die Gesichter, die sahen.
Der Beruf Schauspielerin stand für die Ronniger nicht bereits in der Jugend so fest. Sie testete die Möglichkeiten der sozialistischen Freizeitgestaltung: Glasblasen, Tanzen und Singen, Junge Gemeinde, Zeichnen und GST. Schließlich sollte sie in der Gegend Leuna sich zur Chemielaborantin ausbilden lassen. Aber was alle im berüchtigten Dreieck da taten, darauf hatte Heike Ronniger nun mal echt wenig Bock. Also dementsprechend ganz was andres: Gärtnerin. Und dieser Job hatte es in sich, keineswegs nur behutsame Pflege von kleinsten Pflanzen. Die Ronniger mußte ran ans Kitten der Gewächshausfenster, ans Kohlen Tragen, Feiertags Heizen bis hin zum Unfall mit versengten Haaren. Nebenbei spielte Heike Ronniger mit im Arbeiter- und Jugendtheater von Leuna. Und dort traf sie Menschen, die sprachen sich aus, die taten Kultur, die wurden ihr Freunde. Das Angebot in die Saalestadt Halle ans Clubhaus der Jugend kam überraschend. Heike Ronniger nahm es an und war bald darauf Chef vom ganzen Betrieb da. Doch ihre Zeit mit den Theaterfreunden wurde immer knapper bemessen, und was einem wichtig ist, das sollte man tun (Binsenweisheit, aber wirklich richtig). Und deshalb ihre Bewerbung an Leipzigs Schauspielschule. Heike Ronniger bestand.
In Leipzig war auch ihr erstes Engagement. Heike Ronniger begeisterte als besagte ehrliche Hure, in "König Ubu", "Hexenjagd", "Der zerbrochene Krug". Sie verleiht ihren Personen die Menschlichkeit, die den besseren, überhaupt den Schauspieler ausmacht. Unheimliche Präsenz bewies sie mit der Darstellung nicht eben theaterüblicher Heldinnen, ihre "Heimarbeiterin" von Lothar Trolle brennt im Gedächtnis.
Mittlerweile lief ihr Leipziger Engagement aus, und Heike Ronniger arbeitet frei. Ein Knochenjob. Sie war (und ist) in Dresden zu sehen, in Erfurt, in Leipzig, vielleicht in Oldenburg, vielleicht anderswo noch, und natürlich in Meiningen schon von wegen dem dortigen Klima. Fest wohnen tut die Ronniger in der Messestadt Leipzig aus mehreren guten Gründen. Hier hat sie den Mann kennen gelernt, den sie mag. Der ist dort am Theater, und erstmals wirklich geküßt haben sie sich unter der Bühne, wo oben drauf "Hamlet" irgendwann aus dem Leben verschied. Und Leipzig ist Heimstadt für Tochter Marie, fahrendes Künstlerleben ist mit Familie nicht drin. Natürlich hat jede Schauspielerin Pläne und Macken. Heike kommt immer erst kurz vor knapp auf die Bühne. Die Kollegen wissen darum, Panik hält sich in Grenzen. Und Heike Ronniger würde gern mit Martina Eitner-Acheapong, der Regisseurin, zusammenarbeiten. Und dann würde sie gern ... und auch das ...
Die einzige Panne unterlief der Ronniger eben als jene Hure. Heike verfiel in breitesten sächsischen Dialekt: Gummiböndärr, und steckte Kollegen damit an. Gelächter auf offener Szene. Aber spätestens seit dem "Maschendraadsauun" ist Sächsisch wohl gelitten.

Damen in Familie
Die biografischen Parallelitäten der Daniela Schober und Anja Pahl

Ihre Gesichter sind auf der städtischen Bühne jetzt zu entdecken. Seit Spielzeitbeginn 02 gehören die Damen Anja Pahl und Daniela Schober fest zum Ensemble des Neuen Theaters. Der Einstieg ins berufliche Darstellerleben war fulminant. Zu sehen sind Daniela und Anja en famille als Mutter und Tochter im "Kindertransport". Da es ein Stück Geschichte ist, ist die Altersynchronität auch verständlich. Daniela ist Anjas Mutter in jüngeren Jahren. Zum Konflikt kommt es, als die Tochter der Mutter den festgelegten Panzer um die Seele zerstört. Die Vergangenheit ist nicht tot, sie ist nicht einmal vergangen.
"Durchgeheult hab ich die Nacht", sagt Anja Pahl, Schauspielerin. "Kindertransport" ist nervenzerrende Geschichte: Während die Eltern Juden in Deutschland bleiben, wird die Tochter in England adoptiert. Sie schweigt zu ihren wahren Lebensdaten. Per Zufall findet deren Tochter Indizien der tatsächlichen Biografie ihrer Mutter. "Ich habe von diesen Kindertransporten vorher nie gehört", sagt Daniela, "die Probleme stehen noch heute im Raum." Es ist nicht Geschichtsunterricht mit erhobenen Finger. Das Stück zeigt Geschichte, ist aber mehr. Einen Generationskonflikt trägt jedes Kind mit Eltern aus. Solch Situation ist nachvollziehbar. Auch der Zuschauer muß sich fragen (lassen), was wäre Deine Reaktion? Sicher muß Theater Fragen kompromißlos stellen. Regisseur Harry Fuhrmann ist ein Theaterabend gelungen, der unter die Haut geht. "Die Arbeit war sehr intensiv, wir mußten Grenzen überschreiten, von uns selbst viel preisgeben", sagen Daniela und Anja. So zeigen sie uns ihre Schauspielkunst.
Der Weg zur Bühne? Klar, sie haben gespielt in der Freizeit nach dem Unterricht. Anja in der Jugendtheatergruppe der Berliner Volksbühne. Aber: Erstmal Beruf gelernt - Hotelfachfrau. Wer sagt denn, daß Du die Schauspielprüfung bestehst? Wenn nicht, was wäre dann Deine Perspektive? Also nur und ausschließlich Einweg planen, birgt Risiken und enorme Enttäuschung. Auch Daniela faßte nicht sofort Mut für die Bewerbung an der Theaterhochschule. Sie jobbte als Redakteurin. Und nach Zeit dann von beiden das Vorspiel vor der Prüfungskommission. Daniela hat die "Minna von Barnhelm" gegeben, Anja war deren Freundin Franziska. Zufall einer gleichen Stückwahl. Zufall auch, daß beide die Aufnahme im ersten Anlauf gelang? Anja hat in Leipzig überzeugt, Daniela in Rostock. Talent, das sich durchgesetzt hat. Das Studium bot Möglichkeiten. "Ich habe mit Schauspielern zusammengearbeitet, viel gelernt", erzählt Anja, "man konnte was tun, wenn man wollte. Die praxisnahen Jahre am Leipziger Schauhaus haben uns Studenten nicht überfordert." Richtig in ein Theaterensemble führte die Ausbildung Danielas nicht. Klar hat man inszeniert, und hat als Student ein Stück auf der großen Bühne gezeigt, "aber integriert ins Theaterhaus waren wir in Rostock nicht", sagt Daniela. Doch Praxis gab's schon, Daniela war noch als Aktricen "von Menschen erzählen".
Halle ist nach dem Studium erstes Engagement. "Ich wollte schon im Osten bleiben", sagt Anja und auch Daniela. Erste stammt aus Ost-Berlin, Daniela wurde in Leipzig geboren. Beide haben jüngere Geschwister. Gekannt haben sich die Kolleginnen vordem nicht. Obwohl es hätte sein können, beim Treffen der Theaterhochschulen letztes Jahr in Zürich. "Aber kennengelernt haben wir uns erst hier in Halle." Das Neue Theater hat bereits beide gefordert. Anja ist Gretchen. Faust? Ja, aber in heiterer Adaption. Das Zweipersonenstück zeigt die Interpretationsmöglichkeiten einer einzigen Szene, Seite 89 ff. Stets ist Anja wieder Gretchen anders. Auch Daniela zeigte sich klassisch: Maria Stuart. Schiller in Bad Lauchstädt. Verstecken kann man sich bei diesen Rollen nicht, da muß an der Rampe spielen. Mit Herzklopfen sicher, aber das gehört zum Beruf. Und mal zusammen auf einer Bühne, "das wär schon schön". Und privat? Familie natürlich, Kinder gehören dazu. Anja war bereits schwanger. Im Stück "Kleinbürgerhochzeit" und im Gerücht. Halle? Bietet viel. Objekt 5 zum Beispiel und Kino mit Programm. Anja und Daniela sind manch Abend zusammen unterwegs in der Stadt. Nicht nur auf der städtischen Bühne kann man ihnen also begegnen. Überhaupt kommen sie mit uns Menschen hier schnell in Kontakt. Bereits vor der Premiere von "Kindertransport" haben sie diskutiert. Über die Geschichte. Über Drittes Reich und Massenvernichtung, über Menschenschicksal, über Kunst, auch über sich. Weil der Beruf ja nicht von der Person zu trennen ist. Nicht von Daniela Schober. Nicht von Anja Pahl. Und als nächstes? "Mal ganz was anderes", meinen beide. Wir freuen uns drauf.

Swingingpool und Holiday!
Der Werkzeugkasten der Pascal von Wroblewsky

Warum, fragt der Lehrling den Meister, warum nehmen Sie den großen schweren Kasten mit aufs Dach? Eine Schraube sitzt doch bloß locker, zur Behebung dieses Schadens braucht man nicht wirklich all die Instrumente. Junge, sagt der Meister drauf, man sollt' alles dabei haben, denn wer weiß, was einen erwartet. Der Werkzeugkasten am Mann erspart Zeit, Wege und Blamagen. Ein Bild, das Pascal von Wroblewsky gefällt.
Sie hat die Technik für's Handwerk drauf. Pascal von Wroblewsky ist uns im Ohr. Ihr erster Auftritt bereits blieb im Gedächtnis. Der war anno '84. Die Sonneberger Jazzoptimisten benötigten stimmlich Ersatz und baten Pascal. Das war beim Dixifest zu Dresden. Danach rollte man ihr den Teppich rot vor die Füße, seitdem gehört ihr Name zum europäischen Jazz. Pascals Tonträger "Swingingpool" ging mehr als 100.000 mal über den Verkaufstisch. Kein Mainstream aus den Hitparaden, aber noch immer aufgelegt, gar Kult. In Russlands Weiten reist man auch gegenwärtig Tausend Kilometer und mehr, um die Stimme Pascals zu hören. Das ist mehr als ein Kompliment, meint die Künstlerin, und weiß nicht immer, wie sie solches Zuneigung zurückgeben kann. Nur mit Stimme und daß sie da ist? Nicht nur in Moskau hat Pascal gesungen. Tourneen führten sie nach Kuba, China, Kamerun, nach Ghana, Holland, Frankreich ... Pascal von Wroblewsky stand auf der Bühne mit Dizzy Gillespie, Joe Pass oder Femi Kuti. Jetzt sehen wir sie in Halle. In der Theatrale.
Die Sängerin bereitet sich vor: Es ist der Abend ihres letzten Konzerts, da danach niemals wieder. Hat sie sich geschworen. Zweifel nagen trotz all dem vergangenem Ruhm: Wird sie gut genug sein? Werden ihr die Herzen der Fans noch einmal zufliegen? Sie hat bereits versagt, sie hat für Skandale gesorgt. Aber ihre Karriere führte sie auch an den Gipfel. Sie stand ganz oben auf der Gagenliste. Sie war weltweit der erste Plattenstar. Ihre privaten Exzesse waren genauso Schlagzeilen wert wie ihre Kunst der Interpretation. Man sprach über sie. Man sprach auch über ihr Versagen. Sie war frühe Entertainerin, ihr Leben Folie und Fläche der Reibung: Billie Holiday.
Holiday! nennt Autor Leonid Tumasov sein Stück vom Leben des Stars. Tom Wolter inszeniert. Und Billie ist Pascal. Was beide Frauen verbindet, sei unserer Interpretation überlassen. Aber es war ein bereits gehegter Wunsch, solch ein Stück auf die Bühne zu bringen. Die Zusammenarbeit von Pascal von Wroblewsky und Leonid Tumasov währt lang, so dass dies Stück ihr auf und in den Leib geschrieben ist. Wir lassen uns da gern überraschen.
Schauspielerfahrung hat Pascal. Legendär ihre Polly der "Dreigroschenoper" zu Altenburg. Im Gedächtnis: "Deutschland ein Wintermärchen". Auch Autor Tumasov ist die Bühnenkunst nicht fremd. "Luzifer" und "Idee Null" stammen aus seiner Feder. Neue Projekte sind in Arbeit. Von Beruf ist Leonid in Leipzig promovierter Arzt. Seit 1992 freiberuflich als Autor, Filmemacher, Musikproduzent. Sicher hat Billie Holidays Angst vorm Auftritt so nicht stattgefunden, aber es hätte so sein können. Und wie stets bei guter Kunst, erzählt ein Theaterstück mehr als von einem Leben. Für Holiday! haben Leonid und Pascal Möglichkeiten der Aufführung gesucht. In der Theatrale haben sie sie gefunden. Neben dieser Bühnenarbeit singt Pascal nicht nur weil es Job ist. Mit dem Dresdner Philharmonischen Jazzorchester ist und wird sie auftreten: "Klassik goes Swing, goes Latin". Mit Duo, mit Trio, mit Big Band und "Bajazzo" kann man Pascal von Wroblewsky hören. An Hochschulen unterrichtet sie. Sie hat ihr Studium abgebrochen. Zum einen lag ihr die Praxis näher. Zum anderen hatte sie bereits ihren Werkzeugkoffer dabei mit allen Instrumenten. Sie beherrscht die Techniken und ihre Nuancierung.
Wir müssen nicht mehr als Tausend Kilometer reisen, um uns von der Kunst zu überzeugen. Pascal von Wroblewsky in der Theatrale. Oder Billie Holiday?

Heimat & Klänge
Ortswechsel im Leben des Peter Schneider

Der Mann ist jung und aus dem Osten. Gebeten wird er von Künstlern des anderen Deutschlands zum Hausbau in den Hunsrück. Dort baut er mit am Aufschwung, musiziert und findet die Liebe. Zurück in die Heimat möcht er nicht mehr.
Dies ist das Schicksal des Peter Schneider, der im Film Jörg Wilhelm heißt. Peter ist Schauspieler und wirkt mit im Monumentalwerk des Regisseurs Edgar Reitz "Heimat". 24 Spielfilmfolgen sind bereits über die Bildschirme in mehr als 30 Ländern geflimmert. Auszeichnungen gab's en masse. Millionen Zuschauer wissen und leiden mit dem Leben der Familie Simon aus Schabbach übers ganze Jahrhundert 1919-99. "Heimat" gilt als umfangreichste Filmgeschichte des TV-Geschäfts. Die Dreharbeiten zur "dritten Heimat" haben begonnen. 2004 sind sie zu sehen. Sie zeigen jüngste deutsche Entwicklung und eben Peter Schneider.
Daß er Schauspieler werden wollt, auch ward, war Peter nicht unbedingte Erfüllung eines Lebenswunschs. 1975 geboren in Leipzig, aufgewachsen in Zeitz, galt Peters Interesse und Engagement erstens der Musik neben der Schule. Er spielt Klarinette, Saxophon, Klavier. Absolvierte die Spezial-Musik-POS Halle und weitere musische Ausbildungen, gründete und tat kräftig mit in diversen Formationen. Jazz, Funk ist bevorzugte Richtung. Die "Saitlinge" sind nicht nur in Bockwitz Begriff. Aber in Bockwitz organisieren die Mannen bereits zum vierten Male die Kleinkunst Nacht. Und Namen sind dorten aufgetreten, die man im Dorfe kaum vermutet. Und mittlerweile sieht sich das Festival in schwarzen Zahlen. Nicht eben häufig in gegenwärtigen Zeiten, daß Kultur finanziell etwas einbringt.
Es war konsequent, daß Peter Schneider studierte, Lehramt für Musik und Deutsch. Und doch war da noch so Sehnsucht nach ..., wie soll man's beschreiben? Jedenfalls: Wenn man nichts wagt im beruflichen und sonstigen Leben, wird man lebenslang den möglichen Chancen hinterher trauern. Was wäre gewesen, wenn ich hätte ... So hat sich Peter Schneider beworben auf Schauspielschulen Anzahl: 3. Und wenn keine ihn genommen hätten, hätt er eben kein Talent besessen, und Tschüß. Peter aber besaß augenscheinlich. Leipzig sagte schnellstens zu und immatrikulierte.
Nach der Theorie die Praxis: Chemnitz. Zwei Jahre wirkte Peter am Schauspielhause mit in "Romeo und Julia" u.a. Auch musikalisch wurde er gefordert in der "Rocky Horror Show" z.B und "Dracula" und anders noch: Für "Die Olsenbande dreht durch" schrieb Peter Schneider die Musik. Was heißt, der Junge kann auch Komponieren. Nunmehr ist das Studium abgeschlossen.

Sprung von der Klippe: Do It!
Thorsten Duit inszeniert ein Leipziger Spielplanplus

Do it! Thorsten Duit hatte gelesen und das Stück gefunden, das er unbedingt inszenieren will. Nur war vom Schauspiel der Plan mit seinen Finanzen sehr lange schon fertig, und Thorstens Job ist am Hause der des Assistenten, nicht der eines Regisseurs. Doch wenn man's unbedingt möchte, finden sich Zeit und Mitstreiter für Projekte auch außerhalb der regulären künstlerischen Arbeit. Thorsten Duit mußte die Kollegen Schauspieler nicht lang überreden, Constanze Becker und Stefan Kaminsky tun mit. Das Engagement und die Qualität bisher geleisteter Arbeit überzeugten Intendanz und Leitung. Am 23. Januar hat Igor Bauersimas "norway.today" in der Neuen Szene Premiere, Regie: Thorsten Duit.
Do it! August will es tun. Für seinen Selbstmord sucht er via Internet den Partner für einen gemeinsamen Tod. Er findet Julie. Zehn Tage darauf haben sie ihr letztes Arrangement getroffen. Beide stürzen sich von Norwegens Touristenattraktion, dem Prekestolen-Felsen, 600 Meter tief in den Abgrund. Ausgedacht ist dieser Fall keineswegs: Zwei haben sich wirklich auf diesem Wege verabredet und sind ihn zum Ende gegangen. Ob eines solchen freiwilligen Tuns kann man sich Gedanken machen. Igor Bauersima tat es und schrieb ein Stück von diesem gegenwärtigen Leben und Tod. Getrieben von einem Verlangen nach dem Absoluten, erfüllt von einer Mischung aus Todessehnsucht und Neugier sind seine Helden Julie und August auf der Suche nach absoluter Wahrheit. Bislang erlebten sie Abgründe virtuell nie real. Was ist Fake? Womit ist es ihnen wirklich ernst? Auf diese Fragen versuchen Julie und August die Antwort zu bekommen. Do it! Ihr Absturz ist endgültig. Es "ist eine Geschichte über zwei, die sich ein Stück weit was vorspielen", meint Autor Igor Bauersima. Thorsten Duit zeigt es uns.
Do it! Geboren 1969 in den Harzer Bergen sprach Thorsten bereits zum Abitur über Goethes Faust. Es folgte sein Zivildienst in der Altenpflege. Und da in dieser Dienstzeit die Verkürzung der Pflicht von Staats wegen beschlossen wurde, bestand er in den freigewordnen Monaten vor dem Studium seinen Berufsabschluß im Fach ambulant und stationär. Erfahrungen, die er bei der heutigen Arbeit nicht missen möchte. Nützlich sind sie nicht nur beim Seniorenprojekt für die Theaterthemenwoche "Altern und Beschleunigung" des kommenden Frühjahrs. Die Bochumer Uni bot Thorsten die beste Studienkombination von Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft und Germanistik und Psychologie. Bereits dort vor Ort tat er's und gründete die Theatergruppe Dum Spiro Spero. Er schrieb sich Stücke passend, er forderte von Kommilitonen Leistung. Learning bei Doing u.a. "Liebe oder lieber lassen? - Eine sexuelle Revue" oder "Innereien - Eine phantastische Triebshow" oder "König Ubu". Für letzteren gab's gar einen ersten Preis beim Theatertreffen zu Heidelberg. Neben dieser erfolgreichen eignen Arbeit hospitierte und soufflierte Thorsten in den Theatern von Gelsenkirchen, Dortmund. Er führte Regie. Er konzipierte eine Theaterreise auf den Spuren Goethes und ein theopraktorethisches Theaterspektakel mit acht Stunden Dauer. Er komponierte. Er trainierte die Moderatoren des Senders WDR beim Sprechen. Er produzierte "Die göttliche Komödie" Dantes in der Maschinenhalle Zweckel, Gladbeck. Thorsten probierte andres noch.
Do it! Er beendete sein Studium, Thema der Magisterarbeit: "Zur szenischen Gegenwart von Faust". Thorsten bewarb sich an Theatern des Landes, um seinen Beruf auch auszuüben. Die zweite Spielzeit ist er in Leipzig engagiert. Er assistierte den Regisseuren Wolfgang Engel, Johanna Schall, Markus Dietz, ... in Andreas Dresens diskussionswürdig heitrer "Akte Böhme" sieht man Thorsten Duit als Postangestellten in schickem Kostüm. Wir werden mehr noch von ihm hören und sehen. Thorsten hat seinen Vertrag am Leipziger Schauspiel verlängert.
Do it! Bevor Julie und August es endgültig tun, stellen sie Fragen. Thorsten Duit, Constanze Becker und Stefan Kaminsky stellen sie uns. Antworten muß ein Jeder selber finden. Der Sprung bleibt keinem erspart. Do it! Nur muß, kann, sollte unser persönliches "norway.today" nicht tödlich enden. Laßt uns drüber reden.

Gott schaut zu
"Faust" goes Rock und Schule

Es ist immer wieder dieselbe Geschichte und Pflichtlektüre jedes Schülers: Wissenschaftler strebt nach der absoluten Erkenntnis und geht dafür den Pakt mit dem Teufel ein. "Und zum Augenblicke könnt ich sagen, verweile doch, du bist so schön." So schön wird's natürlich niemals, als das man solch Worte sagen möcht: Es kann nur besser werden. Kennt jeder aus eigener Erfahrung. Und grad mal dieser Deutschunterricht ist niemals so, als daß man sagen möcht: Verweile doch ...
Aber Bildung ist nun mal Bildung, und da gehört nun dazu der Goethe und der "Faust". Das ist so, und das bleibt so. Was natürlich nicht bedeuten muß, daß deutsche Klassik langweilig sein müßt. Eine erfrischend andre Interpretation des alten Stoffs fand Rudolf Volz. Er machte eine Rockoper draus. Und diese können wir nun sehen. Im Theater (was 'ne Frage!). In Annaberg-Buchholz (na heu!).
Zum einen hat der Herr Doktor Rudolf Volz den goethschen Klopper gut gestrichen. Zum anderen hat er echt Gespür für Rock und Rhythmus. Meph und Faust, den Helden, ist echt gut zuzuhören. Regisseur Ulrich Schwarz setzte die Geschichte modern in die Szene des alten Theaters. Faust sieht aus wie Einstein und versucht wie weiland Frankenstein am neuen Menschen rumzubasteln. Geht schief, klar, und führt ihn in die persönliche Krise. Kommt Faust ohne Psychologe raus, da Gott und Teufel grade streiten, wer denn nun die Macht besitzt. Und so macht sich Meph (Peter Anders) auf die Socken, schmettert Lied gut und fasziniert. Auch Faust (Bastian Thurner). Der will nach Vertragsunterzeichnung mehr und mehr, gar Liebe. Gretchen (Sandra von Holn) ist keineswegs bigott und weltenfremd. Sie ist sehr gegenwärtig. Überhaupt: Die Inszenierung begeistert durch Sangeslust aller Beteiligten und manch gegenwärtigen Hieb auf die Gesellschaft. Die Mutter glotzt und glotzt Fernsehen. Die reifere Frau hat die Liebe noch nicht aufgegeben. Gar Meph verschlägt's die Lust. Gestalten hüpfen horrormäßig rum. Und Gott schaut zu und hat zu allem keine Meinung. Außerdem sieht er aus wie Frank Elstner, und man fragt sich, wo hat er die Kamera versteckt. Nein, Pflichtlektüre muß nicht anöden. Wirklich nicht. Und wenn's Euer Lehrer nicht draufhat, überzeugt ihn: Theater Annaberg-Buchholz - "Faust - Die Rockoper".



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