www.Crossover-agm.de Die Bücher der Gebrüder Kotte (01.02.2015)

Cyberpunk is not dead! Zumindest nicht, solange ein kleiner Verlag wie Begedia noch Anthologien wie "Fieberglasträume" herausgibt. Schon für diesen Titel hätten Frank Hebben und André Skora einen Preis verdient. Und natürlich für die Auswahl der Geschichten und Graphiken und die wunderschöne Gestaltung. Wie schon von Nova gewöhnt mit Kurzbiographien der Schriftsteller und Graphiker am Ende. Mit einer farbigen Illustration pro Geschichte. Das ist schon vom ersten Eindruck her eine Freude. Allerdings sind die Geschichten so schnell, dass keine Gefühlsduselei aufkommen kann. Wir werden daran erinnert, wie wir uns die Zukunft schon immer vorgestellt haben, nicht mit Streichelhandys und Nettigkeiten im Dating-Portal sondern beherrscht von multinationalen Konzernen und der Mafia ("Übergänge fließend"), mit Körpererweiterungen, um uns der feindlichen Umwelt stellen zu können und mit Designer-Drogen, ohne die wir weder auf die richtige Geschwindigkeit kommen noch jemals wieder bremsen können. Hoffen wir, dass weitere kybernetische Geschichten folgen werden und dass uns Kleinverlage das Lesefutter bieten, das für die großen offenbar nicht mehr genug Gewinn abwirft.

Manches gehört zu den Klassikern. Sowohl Schriftsteller als auch Bücher. Und die können immer mal wieder aufgelegt und gelesen werden. Isaac Asimovs "Stahlhöhlen" gehören definitiv dazu. Kaum zu glauben, das Buch (locker zur Foundation gehörend) ist jetzt über sechzig Jahre alt und strotzt nur so vor aktuellen Themen. Überbevölkerung, Ausländerhass (!), Umweltverschmutzung, Arbeitslosigkeit durch Automatisierung, Menschlichkeit von Robotern, Verkehrskollaps, Erforschung des Weltraums, soziale Ungerechtigkeit ... Auf dreihundert Seiten. In der heutigen Marktwirtschaft hätten die findigen Verleger daraus locker mehrere Trilogien gezaubert. Seien wir also froh, dass Isaac Asimov daraus noch einen spannenden Krimi gemacht hat. Ein berühmter Forscher der Spacer ist erschossen worden. Kommissar Baley bekommt den Fall übertragen und er entwickelt in rascher Folge interessante Hypothesen über den Tathergang. Immer wieder ein Genuss: Die Autobahnen sind leer, weil sich die Bevölkerung auf Rollwegen mit verschiedenen Geschwindigkeiten fortbewegt. Aber Vorsicht, nichts fallen lassen und bei Verfolgungsjagden nicht durch das Kernkraftwerk flüchten!

Eine jüdische Mutter schenkt ihrem Sohn zwei Hemden. Kaum hat er das erste an, sagt sie ganz traurig: "Das andere gefällt dir also gar nicht." Das ist meine Lieblingsanekdote aus Paul Watzlawicks "Anleitung zum Unglücklichsein". Aber bei weitem nicht die einzige. Der Psychiater Watzlawick zeigt in seinem kurzen Bändchen (manchmal gekoppelt mit anderen Werken) gängige Mechanismen, wie aus der realen Welt bedrohliche selbstbewahrheitende Prophezeiungen entstehen und zu Katastrophen auswachsen können. Gemeinsam mit "Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen" gibt das Buch das Rüstzeug, dem Teufelskreis des Nullsummenspiels (Der Gewinn des anderen ist nicht mein Verlust. Zumindest nicht immer.) zu entgehen. Häufig reicht es ja schon, zu erkennen, wenn die Vergangenheit verklärt oder verteufelt wird, um sich mit der Gegenwart zu beschäftigen. Und mit den Mitmenschen. Zeitlos gut. Zum Immer-wieder-mal-Lesen!



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