www.Crossover-agm.de Die Bücher der Gebrüder Kotte (16.10.2011)

Die Science Fiction hat eine Glanzzeit als Pulp-Fiction erlebt. Mit Groschenheften, die auf billigem Papier gedruckt wurden und meist Kurzgeschichten enthielten. Auch zu DDR-Zeiten gab es Hefte des Neuen Abenteuers, in der neben Thrillern (wie hießen die damals eigentlich?) rare wissenschaftlich-phantastische Geschichten erschienen. Auf druckfreundlichen 32 Seiten die Konkurrenz zu den Krimis des Blaulichtes. Und nun gibt es sie wieder, als BunTES Abenteuer, in handlichem Taschenformat mit Hinkuckern als Titelbild, zum Teil auch Illustrationen im Heftinneren. Als liebevolle Privatinitiative werden im Zwei-Monats-Takt Erzählungen veröffentlicht. Von großen Namen der sowjetischen (Jefremow!) und ostdeutschen (Krohn!) Phantastik. Neben neuen Werken und Erstübersetzungen auch vergessene Werke von Klassikern. Besonders die Bände 5 und 6/2011 werden jeden Fan erfreuen: Michael Szameit meldet sich nach langer Zeit zurück! Wie immer mit einem flüssig und flott geschriebenen, zwingend konstruiertem Plot, voller guter Ideen, die häufig nur einen Nebensatz Raum bekommen. Wahrscheinlich sind gar nicht alle Arabesken beim ersten Lesen zu erkennen, ein Favorit ist auf jeden Fall der Friedensminister Oligarch Greb Nettug. Man fiebert sofort mit dem kleinen Drogendealer Mark mit, der in einer Unterwasserkuppel lebt, die von HORST regiert wird, dem Hohen Oligarchischen Rat der Sozialislamistischen Trinität. Hoffen wir auf mehr Bücher von Michael Szameit und auf mehr Hefte BunTES Abenteuer! Nebenbei: TES steht für Tu Es Selbst.

"Mann, Mann, Mann. Es gibt so Jahre, da möchte man gar nicht aufstehen." Und Horst Evers hat sie hinter sich. Denke ich. Auf jeden Fall hat er mit "Gefühltes Wissen" ein kleines hilfreiches Buch geschrieben, um sich besser zu fühlen. Vielleicht nicht schlauer, wie nach "Unnützem Wissen", aber man weiß, man ist nicht allein. Es gibt auch andere Menschen, die sich über Alltagssituationen noch wundern können, z.B. warum ein echter Pass in der Zwischenzeit genauso teuer ist wie eine gute Fälschung. Und Menschen, die auch leiden, wenn sie z.B. einen durchgeschwitzten Pullover anhaben. Oder freche Antworten auf die Frage nach dem Weg bekommen. Und Menschen, die wunderbare Ideen haben: Beispiel "Irgendwann werd ich nochmal aufs Patentamt gehen und sagen: 'Guten Tag, ich habe eine wichtige Erfindung gemacht.' Das gehört wirklich zu den Dingen, die ich noch unbedingt in meinem Leben machen will." Und der Clou an diesem Buch: Es ist kein Hörbuch sondern ein nettes kleines Ding, das in die Tasche passt und dessen Geschichten nur zwei-drei Seiten lang sind. Darüber freut sich jeder (U-)Bahn-Passagier.

"Zeit ist eine Eigenschaft der Natur, die verhindert, dass alle Dinge gleichzeitig geschehen. In letzter Zeit scheint das nicht mehr zu klappen." Mit solchen Sprüchen würzt Jim Baggott sein amüsantes Buch "Matrix oder wie wirklich ist die Wirklichkeit" (rororo science). Vom Geld über Zitronen bis zu spukhaften Fernwirkungen, er entwirft ein Kaleidoskop unserer Welt, bei dem auch Neo verunsichert wäre. Nein, wir können uns wirklich auf nichts verlassen, das wir zu sehen glauben. Und darüber wissen können wir gleich gar nichts. Das Interessante daran ist aber, dass wir bei weitem nicht die ersten sind, die sich solche Fragen stellen (mussten). Kenntnisreich plaudert Baggott über Philosophen, Physiker, Wirtschaftswissenschaftler, Autoren, Psychologen, die nicht nur ihre Zweifel an der Realität hatten sondern uns gute Gründe nennen, eher an Gedankenexperimente als an die eigene Existenz zu glauben. Und er zitiert nicht nur Anekdoten und lustige Aphorismen, sondern verweist auch immer wieder auf Filmszenen, die wir in diesem Licht noch nicht gesehen haben. Ein kurzweilig Lesen, nicht für die Vollständigkeit und den letzten Stand der Forschung, sondern zur Unterhaltung und der verblüffenden Erkenntnis, dass sich viele (alle?) Wissenschaften die Frage stellen, wie verlässlich ihre Forschungsgegenstände sind oder ob es sich um eine gigantische Täuschung handelt. Wir können uns nicht sicher sein, aber müssen wir das auch unbedingt? "Vielleicht ist unser Leben ja auch ein Traum. Und es wäre interessant, wer ihn träumt und ob der Träumer wohl Spaß dabei hat."



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