www.Crossover-agm.de Die Bücher der Gebrüder Kotte (21.08.2005)

Wolfs Sippe - Friedrich, Markus, Konrad
Das Mädchen Lutz hat's satt und haut ab zur Tante nach Berlin. Die hat keinen guten Ruf, liebt jedoch einen alten Genossen, der sie vom Aufbau der DDR überzeugen kann. Lutz und Tante Emmi und Genosse Jupp heuern im Uranbergbau an und geraten in die Konflikte des jungen Sozialismus. Bornierte Parteibonzen, durchsetzungsfähige Russen, AG Wismut, leichte Damen, schwerer Suff und einstürzende Gruben - es war anno '58 starker Tobak, was Regisseur Konrad Wolf im Film "Sonnensucher" erzählte. Kann der Sozialismus mit solcher Kunst gelingen? Nein und Machtwort: Uraufführung 14 Jahre später.
Fast alle Filme Konrad Wolfs reizten zur Diskussion, zumindest in der DDR. "Ich war 19" zeigte in autobiografischen Episoden das Kriegsende. "Solo Sunny" präsentierte sozialismusfern hiesiges Selbstbewußtsein. "Der geteilte Himmel" vermauerte eine Liebe. Einfach hat es sich Konrad Wolf mit seiner Kunst nicht gemacht, linientreu auch nicht sein Verhalten als Kulturfunktionär. Heuer im Oktober wäre Konrad Wolf 80 geworden. Konrad Wolf ist früh verstorben. Doch seine knapp 60 Jahre Biografie zeigen das 20. Jahrhundert im Klassenkampf: Privatleben durch Geschichte gebrochen, Geschichte im Privaten. Die Filmenthusiasten Wolfgang Jacobsen und Rolf Aurich legen zu seinem 80. Konrad Wolf die Biografie auf den Tisch - "Der Sonnensucher" (Aufbau).
Vater Friedrich Wolf war Arzt und Kommunist und ein bekannter Autor. Friedrich Wolf empfand die "Kunst als Waffe". Oft griffen seine Dramen (alle bei Aufbau) ein ins Zeitgeschehen. "Cyankali" macht Front gegen §218. "Professor Mamlock" glaubt ans Gute im Deutschen, bis ihn der Faschismus abserviert - mit dieser Parabel verfilmte Sohn Konrad 1961 das einzige Werk seines Vaters. Der verfaßte andrerseits auch den vielleicht ersten Band von Ratgeberliteratur - "Die Natur als Arzt und Helfer" (Mitteldeutscher Verlag), schrieb liebevoll witzige Kindergeschichten für seine Söhne - u.a. "Die Weihnachtsgans Auguste" (AtV). Die Wolfs verließen das faschistische Deutschland, fanden in Moskau Asyl. Konrad kehrte als Offizier der Roten Armee in die Heimat zurück, wurde Filmregisseur. Sein Bruder Markus ward 1953 "Spionagechef im geheimen Krieg" (List) und blieb "Der Mann ohne Gesicht" bis zu seinem Outing. Auch Markus Wolf betritt die Öffentlichkeit literarisch. "Die Troika" (AtV) schildert Freundschaft im Leben seines Bruders Konrad. Dieses Leben Lesestoff und Zeitgeschichte.
Jacobsen und Aurich haben recherchiert und erstaunliche Details zusammengefunden. Das Stuttgarter Familienleben der Wolfs ist liebevoll und von gegenseitiger Achtung geprägt. Auch wenn Mutter Else Seitensprünge des Schriftstellergatten zu akzeptieren hatte und akzeptierte. Sie nahm Geliebte wie Stiefkinder in ihre Familie auf. Das sowjetische Exil ist hart. Der kommunistische Autor weltreisend als Agitator, Frau und Kinder werden mit den stalinistischen Säuberungen konfrontiert. Markus und Konrad besuchen die Schule und erlangen die sowjetische Staatsbürgerschaft. Das Gefühl der "russischen Seele" werden sie niemals verlieren. Konrad wird mit 17 Jahren Offizier der Roten Armee, das deutsche Heimatland ist Feind. Leicht fällt Konrad der Entschluß nicht, im sozialistischen Deutschland Bürger zu werden, Moskau liegt ihm näher. Vater Friedrich wird erster Botschafter der DDR in Warschau. Bruder Markus erlangt bizarren Ruhm und Erfolge bei der Auslandsspionage. Konrad wird Filmregisseur und Präsident der Akademie der Künste. Leider bleibt im Buche das Leben in der DDR stets offiziell. Den Privatmensch Konrad Wolf verlieren die Autoren aus den Augen. So lesen wir von Kulturkämpfen und Standpunkten und den Zensoren, nichts von Ehe, Vaterglück und persönlichen Katastrophen. Wir könnten sie vermuten, aber nix genaues weiß man nicht, scheinbar auch die Biografen.
Bleiben die Filme. DDR-Sozialisierten blieb der Sohn des Friedrich Wolf mit seinen Arbeiten lange suspekt. Aber bereits Konrad Wolfs frühe Werke sind nie so linientreu, wie man sie sehen wollte. "Lissy", "Sterne" und "Der geiteilte Himmel" werden anläßlich im Oktober auf 3Sat wieder gezeigt. "Mama, ich lebe" beeindruckte durch den anderen Blickwinkel auf den Krieg. Deutsche werden auf Deutsche schießen - 1977 auch ein Kommentar zur Gegenwart, es wurde aufgerüstet und starke Worte gefunden. Der Erfolg von "Solo Sunny" kam für den Regisseur überraschend. Die sozialistische Gegenwart war bei Konrad Wolf kaum Thema, und jetzt traf er damit genau den Nerv. Sunny (gespielt von Renate Krößner) setzt ihren Glücksanspruch im festgefügten System durch. Sicher, sie leidet, ist lädiert und kämpft doch für ihre Ziele weiter. Kritischen Auges wurde der Film aus Behörden beobachtet, das Publikum hat ihn geliebt.
"Der Sonnensucher" erzählt die Geschichte der Familie Wolf. Das allein ist Ehren wert und interessant. Mehr aber noch: Man bekommt Lust, die Filme zu sehen, in den Büchern zu lesen. Wolf ist als Markenzeichen in der Kunst eines der schlechtesten nicht. Diskutieren wir.

Jörg Böckem hing an der Nadel und ist beim Spiegel Journalist. Jetzt erzählt er uns aus seinem Junkieleben. Ups, das ist genauso, wie man es sich vorgestellt hat. Elend. Bitter. Ohne Perspektive. Außer, man will selbst heraus. Böckems Text ward hochgelobt ob seiner Ehrlichkeit. Mag er ehrlich sein, interessant ist er nicht. Denn auch wenn der Jörg behauptet "Laß mich die Nacht überleben" (DVA, Hörbuch bei tacheles) ist die Gefahr nie existentiell, da weiß Herr Böckem schon, wie er im gut bürgerlichen Leben bleibt. Auch Sprache, Stil und Episoden scheinen kalkuliert und abgezirkelt. Beeindruckend zu diesem Thema Philipp Schiemanns "Suicide City" (Killroy Media), da werden wir selbst in den Abgrund gestoßen.

Ethan Coen ist einer von denen, die den Oscar. Mit seinem Bruder nämlich schuf er legendäre Filme. "Barton Fink", "Fargo", "The big Lebowski", ... sind gut in unserem Gedächtnis. Wiedergefunden und aufgelegt ist Ethans urkomische, absurde, makabre Kurzprosa. "Falltür ins Paradies" (Kein & Aber) ließe sich auch als Parabel lesen und zeigt das Amerika der Gegewart in seinen Auswüchsen. Die machen manches Mal Angst, manchmal birst man vor Lachen. Jedenfalls sind sie nah dran am Leben, und wer weiß wie absurd wir hier auf dem alten Kontinent denen in Übersee erscheinen.

Joe R. Lansdale ist einer der ganz Harten. Sein "Mein toter Hund Bobby" ist eine der grauslichsten je geschriebenen Erzählungen. Nun führt er uns in "Die Wälder am Fluß" (DuMont). Harry ist zwölf und sein Leben gleicht dem eines Huck Finn oder Tom Sawyer. Bis Harry eine bestialisch hingerichtete Frau findet und die Legende vom Ziegenmann Gestalt erhält. Amerika in den 30ern: Rassenwahn, wirtschaftliche Depression und beeindruckende Landschaften. Das Buch eine gelungene Melange aus historischem, Entwicklungs-, Bildungs-, Kriminalroman. Und sein Autor ein "erschreckend begnadeter Erzähler". Mehr davon!

Indien ist den meisten Terra incognita. Doch die Legende des Bollywood ist auch unsrer Breiten angesagt. Fernsehstationen zeigen mehr und mehr dieser Schmachtschinken. Haben ja auch was. Daß unter den Darstellern Zickenkriege, Mord und Totschlag herrschen, ist anzunehmen. Indien sei da nicht anders als Amerika. "Inspector Ghote geht nach Bollywood" (Unionsverlag) ist Spaß und klassischer Krimi. Autor H.R.F. Keating ward für Werk und Helden preisgeehrt. Zu Recht. Urlaubslektüre nicht nur für Indien.

Oscar Wilde war das enfant terrible der viktorianischen Gesellschaft. Böse treffen seine Worte, seine Stücke legen Mechanismen frei. Wilde genießt Lebensstil und Öffentlichkeit. Die Liebe zum Jungen Bosi läßt den Dandy sich selbst vergessen. Der Skandal erregte England. Wilde hat den Abgrund der Gefühle und den Knast niemals überwunden. "De profundis" (hörverlag) ist der Brief an den Geliebten, die Abrechnung. Neben der persönlichen Tragik ist der Text Spiegel einer verlogenen Gesellschaft. Die Geschichten des Lebens tragischer als ausgedacht - beeindruckend gelesen von Michael von Au.

Nick Hornby wußte uns schon mehrmals zu beeindrucken. Jetzt hören wir seine Meinung zu Kunst und Moderne. Da hat einer von den Angesagten ein fulminantes Werk geschaffen: Tausend kleine Brüste ergeben einen "Nipplejesus" (hörverlag). Logo, die Bigotten schreien, die Innovativen zerreden, die Unverstandenen interpretieren und ein Arbeitsloser steht täglich davor - er hat die Aufsicht im Museum und muß begreifen, daß diese Kunst mehr sein will, als sie ist. Da wird Brust und Jesus klein und kleiner. Wir jedoch haben das Vergnügen und einen bissigen Kommentar zu Szene. Auf in neue Sphären bzw. Kunsthallen, vorher aber hören.

Kleiner Tip: Weltsicht eingeschlossen
Wir erinnern uns: Da kam einer aus der Anstalt, sprach nix und wurde von Erinnerungen heimgesucht. "Spider" (BvT) ward von David Cronenberg beängstigend verfilmt. Auch das Buch läßt in die Gedanken psychisch Deformierter blicken. Autor Patrick McGrath ist ein Meister, der die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele beschreibt. Auch Sir Hugo Coal scheint für seine Mitmenschen verloren. Gelähmt sitzt er im Stuhl und grunzt, mehr bekommt die Umwelt von ihm nicht mit, dabei ist sein Hirn sehr wach und beobachtet genau, was Frau und Butler, Tochter und Lover tun. Sie tun nichts Gutes. Oder? Die eingeschränkte Sicht des Kranken läßt vieles nur vermuten. Wie auch der Roman. Können wir dem Erzähler glauben? Patrick McGrath gelingt das Kunststück uns die Geschichte zweimal zu erzählen, die aufgeschriebene und die, die wir uns denken können. Nicht weniger bizarr. Letztere "Groteske" (BvT) erzählt von einer ganz anderen Liebe. Lesevergnügen auf "allerhöchstem literarischen Niveau" lobte die Kritik, wir würden's steigern, wenn der Superlativ diese Möglichkeit zuließe. Lesen!

Wir sind fasziniert von Katastrophen. Und während Herr Schätzing gekonnt einen "Schwarm" trivialer Kunstmittel nutzt, geht Simon Winchester andere stilistische Wege. "Krakatau" (btb), diese Insel existiert nimmer, ein Vulkan hat sie zersprengt. Im Jahre 1883. Hollywood hat einen Filmschinken aus den Schicksalen und Toten geschnitten. Simon Winchester nähert sich mit Akribie den Fakten, der Geschichte. Fachbuch? Sachbuch? Wir erlesen eine Menge Wissenswertes. Spannender als jeder Roman. Wir wissen, Katastrophen faszinieren, selten so stilsicher und gut.

Mr. T.C. Boyle heißt der Liebling. Und er weiß sich und seine Bücher perfekt zu vermarkten. Auf uns gekommen ist nunmehr des Autoren "Dr. Sex" (Hanser). Den gab es realiter, er hieß Alfred Kinsey. Seine Studie zeigte Amerikas Schlafzimmer. Nun zeigt uns Boyle belletristisch etwas vom Menschen Kinsey. Denn der Held des Romans tut mit an der sexuellen Revolution und erprobt Praktiken selbst. Was sich interessant anhört, liest sich erstaunlich leidenschaftslos. Unterliegt hier ein Autor dem kommerziellen Denken? Gewinnbringender allemal die Lektüre von Boyles früheren Werken. Gerade wiederaufgelegt "Grün ist die Hoffnung" (dtv), da ist das Leben noch so schräg, wie's sein sollt.

Manchesmal stockt einem ob menschlicher Gewalt der Atem. Die Schlagzeilen vermelden es täglich. Andreas Marneros, Hallenser Gerichtspsychologe, nähert sich den Tätern Berufes wegen. "Blinde Gewalt" (Scherz) widmet sich Rechtsradikalen und ihren zufälligen Opfern. Bruder, Freundin, Obdachloser - unvorstellbar die Exzesse menschlicher Gewalt. Nein, die Lektüre macht keinen Spaß. Der Leser muß sich zwingen. Es sind Tatsachen, diese Gewalt existiert. Stellen wir uns.

Bücher mit Scheibe sind uns bereits aufgefallen. Angenehm. Nun erreicht uns der Band "Tweedhosenaustronaut" (Voland&Quist). Der landet im Volvo genau vor Opas Staffelei. Die Alten geben ihre Marschmusik auf, holen einen Vorschlaghammer und malen zum Schluß Pimmel mit Heidschnucken drauf ... Das is'n Spaß, der Ralphi tot und Autor Jürgen Noltensmeier uns aus den Ilse-Erika-Shows bekannt. Der Erzählungsband vereinigt beste Geschichten, die phantasievoll Lachen machen, samt CD zum Nachhören. Wir wünschen gute Unterhaltung, kann man nicht oft genug wünschen. Und diesmal wirklich angebracht.

Horst Bieber beeindruckte mit psychologisch genauen Kriminaldramen. Nunmehr legt er uns Werk No. 15 vor: "Anna verschwindet" (grafit). Kind verschwunden, Spuren in die Vergangenheit und neuer Mord. Die Fäden sollten kunstvoll gewoben werden, endeten jedoch im Knäuel, das zu entwirren schwer fällt. Reduktion hätt' dem Buche gut getan, so verschwindet nicht nur Anna in der Geschichte, auch der Leser taucht nicht wieder auf. Schad irgendwie.

TIP: Heimat, wir grüßen dich
Heimat - das Urwort bezeichnet "Ort, Gebiet oder Land, in dem geboren und aufgewachsen ist oder dem er sich durch längeren Aufenthalt, längere Tätigkeit dort zugehörig fühlt". Deutschland heißt die unsere, und schon steht vor uns das Bild von Bäumen, Bergen, Gartenzwergen. Das ist unsre Heimat nicht. Zumindest kann man sie nicht darauf reduzieren. Autoren in Vielzahl nähern sich dem Begriff und ihrem Empfinden. Gar die ganz, ganz Großen dieser Zunft. Zu Unrecht in die Sparte Heimatdichter gestellt (auch konnt die Verfilmung "Bergkristall" sehr nahe legen) ward Adalbert Stifter. Stifter ist mehr und wird heuer 200. Nicht nur deswegen wiederentdeckt man seine Werke. Sorgfältig ediert erschienen "Sämtliche Erzählungen" (dtv), nicht zum durch-, aber zum immer wieder lesen. Anders real die Geschichte der "Schwabenkinder" (piper). Tatsächlich bot man Alpenkinder in Schwaben auf dem Marktplatz feil. Erschütternd schildert uns Elmar Bernreuter das Schicksal des Jungen Kaspanaze. Die Elendsgeschichte geht gut aus, wir hatten es gehofft, doch im Leben ist dies nicht zu erwarten. Daß die Politiker der beteiligten Länder dem Roman ein Vorwort schenken, halte ich für unlauteren Wahlkampf. Auch dieser eine Heimatgeschichte, die heiße Phase ist gelaufen - deutschlandweit.
Unsre Heimat gebiert Legenden. Gertrud Habersaat ist eine solche. Die sozialistische deutsche Nation folgte diesem Frauenschicksal via TV. Gertrud diente ihrem Herren, heiratete einen Nazi, baute auf die braune Zukunft in den besetzten Ostgebieten, scheitert. Nach dem Kriegsende kehrte sie mit fremden Kindern heim in den Ort ihrer Herkunft. Gertrud nimmt ihr Schicksal in die Hand und kämpft für die bessere Gesellschaft. Es verwundert, daß diese "Wege übers Land" (AtV) uns erstmal gedruckt erreichen. Eine Heimatgeschichte hinter der Heimatgeschichte, es hätte gefreut, wenn dem Roman Filmbilder beigefügt wären (tut man doch sonst bei jedem Schinken) und ein wenig Rezeptionsgeschichte dieses Werkes. Mich tät gar sehr interessieren, was ND und andere Funktionäre meinten, denn unkritisch wurden diese Wege mitnichten geschildert. Der "Daniel Druskat" (ebd.) selbigen Autors Helmut Sakowski hat es denn auch später in die Giftschränke des Sozialismus geschafft.
Alina heißt Schmidt und dieser Name ist Stigma. Zumindest in der Sowjetunion, wo die Russlanddeutschen den Nimbus des Feindes nie abzulegen vermochten. So ist es dem Großvater Traum, sein Geburtsland zu verlassen und ins Land seiner Vorvorvorvorväter zu ziehen. Dort wird von ihm und Familie die Heimat vermutet. Eleonora Hummel schildert emotional und detailreich deutsche Jugend in der UdSSR. Auch wenn Roman draufsteht, fehlt den Episoden der literarische Atem. Schade, denn die Autorin weiß zu erzählen, beherrscht Sprache und Gestus, verhängt sich jedoch in ihrer eigenen Biografie. Kann man doch sagen, daß es die eigne Person ist, die im Buche lebt. Erfahren wir hier von der Jugend und Abfahrt der Heldin gen BRD, sind wir gespannt, wie Alina/Eleonora in der neuen Heimat und Dresden angekommen ist. "Die Fische von Berlin" (Steidl) verführt mit dem Titel, ist aber durchaus eine Entdeckung. Wir warten auf die Fortsetzung. Ehrlich.
Georg kommt wieder. Woher? War er auf großer Amerika-Tour? Schipperte er wochenlang auf einem Lastkahn übers Meer? Oder verbrachte er diese Zeit inkognito am Rande der Stadt? Nein, die Antwort wird der Leser nicht finden. Gekonnt hält Autor Holger Oertel die Schwebe. "Die Reise nach A." (VUP) ist intelligentes Lesevergnügen und besticht durch Komposition und Stil. Wieder in Dresden zu Hause erwarten Georg Frau und Irina, nicht nur dieses Verhältnis muß der Held neu bestimmen. "Heute kam ich durch den Wald, eine Stunde bis nach Wunschdorf, ich fühlte mich als ein anderer in anderer Zeit, da ich vor mich hinging im Grün und nicht einen Menschen zu Gesicht bekam. Nahm von wilden Kirschen und überlegte, wie lange ich überleben könnte in Wald und Feld, versehen nur mit den Dingen, die ich im Augenblick bei mir trug." Weggegangen. Angekommen?
Tja, ohne Heimat ist Leben nicht und nicht Literatur. Durchaus kann ein Blick in die Bücher lohnen, abseits von Klischee, Reiseführer und Wanderplan, man erfährt mehr über Heimat, andere Heimat und sich.



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