www.Crossover-agm.de Die Bücher der Gebrüder Kotte (06.06.2004)

Christopher Rice weiß um Jugend und deren "Grausame Spiele" (Ullstein). Er kennt die Verwicklungen auch sexuell. Kennt das Streben nach Erfüllung. Kennt das Schweigen. "Der Schneegarten" (ebd.) - sein zweites Werk zum Thema - gibt ein Bild vom amerikanischen Campus-Innenleben. Wer mit wem und mit wem nicht. Homo, Sekte, Gewalt und Trunksucht. Manche der Frustrationen liegen tief und lang zurück. Gekonnt werden die privaten Sehnsüchte in die Katastrophen geführt. Die sind unvorhersehbar logisch und gnadenlos schockierend. Auf unserer persönlichen Hitliste besten literarischen Nachwuchses steht Herr Rice ganz oben. Wahrlich.

Immer mal wieder erreicht uns vergangene Literatur der DDR. "Die Entgleisung" (mdv) der Inge von Wangenheim ist schier unglaublich, stürzt doch ein Zug voll Pornos in den realen Sozialismus. Bei aller Heiterkeit, die Geschichte läßt tief blicken. Wie auch "Das Mädchen auf der Lotosblume" (Aufbau) der Brigitte Reimann. Zwei Erzählungen, die aus dem Nachlaß das Können der Autorin, mehr noch ihren unverstellten Blick auf die bessere Gesellschaftsordnung zeigen. Es war nicht alles schlecht, ist Floskel. Man hätte vieles besser machen können / müssen. Kritik und Literatur gab es in Qualität, gut daß Verlage sich erinnern.

Nürnberg ist Einheit mit den Reichsparteitagen der NSDAP. Städtisches Gelände zeigt den Rest des Gigantomanismus und des Größenwahns. Unsprengbar. Ewig? Eckart Dietzfelbinger und Gerhard Liedtke erzählen die Geschichte und vom schwierigen Erbe der Monumente auf dem Reichsparteitagsgelände: "Nürnberg - Ort der Massen" (Ch. Links). Die Spuren leugnen ist unmöglich, was aber wär ihr neuer Zweck? Richard J. Evans zeigt das Dritte Reich in seinem "Aufstieg" (DVA), wie es möglich ward durch wen. Geschichtsinteressierte erhalten mehr als das Grundwissen zum Phänomen. Trotz vieler trockner Fakten liest sich das Buch keineswegs nur wissenschaftlich. Wie kommt es zu Gewaltherrschaft und Diktatur? Angesichts gegenwärtiger Entwicklungen kann Geschichte lehren.

"Götterkinder" (Frieling) sind Edwin Stallgatter und Paul Linquist zunächst nicht. Sie entdecken in Ägyptens Pyramiden Spuren, die auf andre Dimensionen schließen lassen. Mit rationalem Menschenverstand ist ihre Welt nunmehro nicht erklärbar. Autor Peter Lemar ist Elmar Schenkel ist Leipziger ist uns bekannt. Bereits seine Erzählungen weiteten Räume und stellten Fragen: "Die Magie ist eine ziemlich fortschrittliche Technologie." Vorhersehbar ist nicht nur der Tod, sondern auch die Lottozahlen. Wirklich, existiert ein höhres Wesen?

Kristian Ditlev Jensen sagte: "Ich werde es sagen" (Klett-Cotta) und sagt: Ich wurde mißbraucht. Immer wieder. Über Jahre. Kristian sagt, wie der Täter handelte. Sagt, wie er sich wehrte. Sagt, wie niemand half. Sagt, wie mühsam Anzeige und Prozeß. Sagt: Strafe kann meine Kindheit mir nicht wiederholen. Diese bleibt verloren. Kristian hat Mut. Er spricht. Andren macht der Bericht vielleicht Hoffnung. Aber für die Mehrzahl von uns Lesern hat das Buch wenig Wirkung. Diese Art Betroffenheitsliteratur ist eben keine Art Literatur. Ich lese und habe ein verdammt schlechtes Gefühl, da mir kaum Emotionen kommen. Der Fakt ist eindeutig. Ich verurteile. Was tun?

Sie radeln wieder, die Helden, durch Frankreich. Wir starren gebannt in den Bildschirm und ziehen den Hut: Hochachtung. Und leise denkt man drüber nach: Selbst mal treten? Und verneint: Denn lieber doch nicht solche Herausforderung. Menschlich bleiben! Tim Moore besiegte sich und fuhr sie ab, die Tour de France. Dabei ist er beileibe kein Held und fuhr bislang Rad nur im städtischen Nahverkehr. Nun also Frankreich! Wir lesen "Alpenpässe und Anchovis" (cavadonga) mit Erstaunen, mit lautem Lachen, mit viel Lust. Tim Moore ist Reisejournalist, Sporthistoriker und Psychotherapeut seiner selbst auf äußerst witzige Art. Die Herausforderungen des Lebens kann man sich selber machen. Ehrlich. Selbstbetrüge inklusive. Also aufs Rad! Oder was andres gesucht. Jeder gewinnt.

Logo, sie haben sich die DDR nicht mehr ansehen wollen, die Herren Engels und Marx. So standen die Denkmäler auf und landeten anno 89 in Kuhköthen und erleben dorten wie der bürgerbewegte Werner Wartnich die Wende. Norbert Viertel legt uns "Das Puzzle" (Avinus) vor, das Köthen in den tollen Tagen zeigt. Nun könnt man vermuten traumatisch tragisch wird ein Ideal zu Grabe getragen. Mitnichten! Sicher, am Endresultat dieser "Revolution" gibt's auch in Köthen nichts zu deuteln. Aber dieser Weg dahin zeigt das Puzzle und die Geschichte heiter. Endlich ein Werk, das den Wegfall der DDR historisch genau, aber nicht trübsinnig erzählt. Wir empfehlen vor allem jenen, die dem propagierten Bildern und Personen mißtrauen. Auch die Klassiker Marx und Engels sind erhältlich. Grad eben hörten wir Axel Thielmann und das "Manifest der kommunistischen Partei" (Hörwerk). Die alte Analyse der Gesellschaft besticht auch heut. Puzzeln wir weiter oder gibt's Experiment No. 2?

Europa wird eins, erlebten wir grad. Daß Europa eins ist, haben böse Menschen längst schon erkannt. "Ganz Europa zum Trotz" (Weltbild) agiert Captain Tatham. Im Jahre 1909 schrieb Edgar Wallace diese Mär. Durchaus modern in Thematik und Stil. Bis heute sind wir vom Altmeister gefesselt. Gar so, daß Joachim Kramp und Jürgen Wehnert "Das Edgar Wallace Lexikon" (Schwarzkopf & Schwarzkopf) zusammenstellten. Da steht dann wirklich alles drin. Alles zu Person und Werk und Film und ...

Hat Rudis Reste-Rampe die Vorrunde überstanden? Zweifel sind angebracht. Volker Sponholz nahm die Katastrophen der EM-Bewerbung zum Anlaß und suchte "Einen Mann für Tante Käthe" (Rowohlt). Der entdeckte Gregor ist grunzdumm, spielt aber göttlich. Den bisherigen Heroen von Kahn bis Klose stiehlt er die Show und ist jenen Dorn im Auge. Deshalb wird Gregor Fußballgott aus der Auswahl rausgemobbt. Schluß mit Fairplay. Gut, gegen unseren Strich ist diese Comic-Variation nicht, aber irgendwie lachen wir bei Ralph König besser. "Sie dürfen sich jetzt küssen" (ebd.), gar verpartnern, die Homos in Deutschland, nicht allen ist's Recht, aber bei König echt witzig und Kult.

Tip: Tatsache: Fakt
Klasse, wie sich der Mörder wand, ganz Amerika, quatsch, die Welt schaute zu. Der Fall des O.J. Simpson erscheint nunmehr als "Anatomie eines Doppelmordes" (Das Neue Berlin). Igor Petri beschreibt das Fiasko amerikanischer Rechtsgeschichte detailreich, emotionslos. Auch Bernd Kaufholz ist spektakulären Kriminalfällen auf der Schreibspur. "Die Arsen-Hexe von Stendal" (mdv) nennt den Fakt, kaum mehr. Journalistisch ausführlicher schildern Ute Kaufholz und Günter Lippold gegenwärtige Fälle wie die des Dieter Zurwehme oder den des Massakrierers Robert Steinhäuser: "Der Tod kam aus der Ferne" (mdv). Nach Aktenlage bringt uns Kriminalistikprofessor a.D. Hans Girod u.a. den immer wieder gern beschriebenen "Kreuzworträtselmord" (Das Neue Berlin) und andere Kriminalfälle aus der DDR. Historisch weiter zurück geht Regina Stürickow in "Mörderische Metropole" (Militzke), Verbrechen in Berlin 1914-1933. Bilder, Strategien, Polizeiarbeit der Zwischenzeit, die keineswegs so golden war. Passend zum Thema analysieren Kathrin Kompisch und Frank Otto die "Bestien des Boulevards" (Militzke), die deutschen Massenmörder von Fritz Haarmann bis Bruno Lüdke. Die Autoren zeigen den Fall und dessen mediale Aufarbeitung. Eindeutig: Seit je faszinierten die Abarten menschlichen Zusammenlebens. Brutal, direkt und hautnah wollen Journalisten darüber berichten. Denn brutal, direkt und hautnah wollen wir Leser uns gruseln, ekeln, informieren. Das war so. Das ist so. Das bleibt so.
Nahe von Zeitz schlug "ein Weib ihren Manne im Schlafe mit einem Holzschemel zu Tode. Und es trieb sie der Satan noch mehr und greulicher zu handeln, denn sie schlachtete den toten Körper und weidete ihn aus wie ein Kalb, kochte Hände und Füße, wie man Sülze kocht, zerschrötete danach den Stumpf wie Rindfleisch und hängt es in den Rauch zum Welken. Der Rauch wurde groß und roch unfreundlich. Die Bauern mußten das Haus aufbrechen. Da sah man, wie der Teufel geschlachtet und das Wildbret eingesalzen und in den Rauch aufgehängt hatte. Das Weib wurde mit heißen Zangen gezwackt und danach auf ein Rad gestoßen." Dies geschah anno 1562. Stadtchroniken berichten gern und ausführlich von den Untaten ihrer Bürger. Bänkelsänger sangen drüber. Vor Zeitungsdruck und TV und Internet konnt man anders nichts erfahren. Michael Kirchschlager ist fasziniert von solch Geschichten, er hat sich in die Archive über die Akten gesetzt und gar einiges an absurden, greulichen und unglaublichen Vorkommnissen zu Tage gefördert. "Mörder / Räuber / Menschenfresser" (Kirchschlager) vereint "Einhundert Biographien und Merkwürdigkeiten deutscher Verbrecher des 15. bis 18. Jahrhunderts". Kichschlager beläßt den historischen Sprachduktus und verzichtet auf eignen Kommentar. Zusammen mit Autor Lothar Bechler zeichnet Kirchschlager auch verantwortlich für das "Obscurum". Dies Sammlungen nach Bundesland. "Das sächsische Obscurum" (ebd.) berichtet u.a. von verurteilten Tieren, der Feuerpredigt zu Delitzsch, Entleibungen und wunderlichen Geburten. "In Zwickau hat ein Kind ein Messer in der Hand gehabt, ist darein gefallen und hat sich selbst erstochen. Als der Vater heimkommt und solches sieht, hat er im Zorn sein Weib erstochen. Endlich fällt er in Verzweiflung und hat sich selbst erwürgt." Auch für Thüringen und Sachsen-Anhalt existiert solch Obscurum. Landeskunde andrer Art. Und manch Haus, manch Hügel, manch Stein, die damit für uns Geschichte(n) erhalten. Und ehrlich, wer auf dem Leipziger Marktplatz weiß, wo Woyzecks Kopf fiel, läuft anders übers Pflaster. Insofern tut Michael Kirchschlager Aufklärung dort, wovon bislang kaum einer wußte. Und beinah jeder Ort unserer Lande weist sie auf, die Abscheulichkeiten menschlicher Natur. Kirchschlager - Name und Verlag, der unsren Breiten vergilbt vergessene Seiten neu abgewinnt. Denn "es gibt gewisse Themen, für die brennendes Interesse besteht, die jedoch viel zu grauenerregend sind, als daß man sie zum Gegenstand künstlerisch-literarischer Gestaltung machen könnte" (E.A. Poe). Insofern werden sie uns begleiten, die Bücher über alle wahren Fälle, über Bestien, Monster, Wechselbälger. Solch Menschen gibt / gab es. Wir wollen über sie erfahren. Heißen sie nun Jack the Ripper, Jeffrey Dahmer oder O.J. Simpson. Und manchmal leben / lebten sie nahebei. Gleich um die Eck. Fürchterlich dieser Fakt. Fürchterlich.

Großer Tip: Den Krieg vergessen
vater komm erzähl vom krieg
vater komm erzähl wiest eingrückt bist
vater komm erzähl wiest gschossen hast
vater komm erzähl wiest verwundt wordn bist
vater komm erzähl wiest gfallen bist
vater komm erzähl vom krieg
(Ernst Jandl)
Die Väter werden erzählen. Von Bosnien. Von Afghanistan. Von Ruanda. Vom Irak. Sie werden die Epen schreiben. Sie werden á la "Black Hawk Down", "Pearl Harbor", "Die Befreiung" ihre Filme heldenhaft drehen. Mediengerecht wird uns der Krieg dargeboten. Nebenbei werden wir außer vom Helden auch vom Grauen erfahren. Vom Grauen des Krieges. Bilder letzter Kriegsgreul sehen wir immer wieder: "Stalingrad", "Die Kraniche ziehen", "So weit die Füße tragen". Und beinah vergessen wir bei all diesen Kriegen, die Kriege, die vordem waren. Logo: Die Schlachten der Griechen, Römer und Germanen sind weniger gut dokumentiert. Und die Kriegerheere von Mittelerde machen optisch einfach mehr her. Wer noch liest Herrn Grimmelshausen und den Irrgang des "Simplizius Simplizissimus" 1618/48? Wer noch spricht von 1870/71? Auch anno 14/18 haben sie nicht geknausert. Wo liest man noch vom Giftgas zu Ypern? Und wo von den elsäßischen Totenfeldern? Der Seeschlacht im Skagerak? Ein bissel scheint's, als hätt man diesen Krieg vergessen. Und doch erinnern neben Kriegermalen und Namen auch Literatur und Kunst.
Der Expressionismus schilderte das Menschenschlachten von 14/18 ungeschminkt und sah darin das "Weltenende". Ludwig Rubiner. Wieland Herzfelde. Hugo Ball. Paul Zech ... Autoren und Namen, die Anthologien gut stehen. Zu mehr sind sie kaum in Gebrauch. Und Romane, die die Kriegsidylle als Hölle beschrieben, sorgten ehedem für den Skandal. "Im Westen nichts Neues" (Ullstein) Erich Maria Remarques Debut: Weltliteratur. Heute ist der Autor eher im Bewußtsein als Gespiele der Diseuse Marlene D. Ludwig Renn ist Pseudonym, unter dem ein Adelssproß den "Krieg" (Das Neue Berlin) besah. Ludwig Renn ist der Gegenwart suspekt, er blieb ein Held der DDR. "Die Erziehung vor Verdun" (Aufbau) ist abgeschlossen. Arnold Zweig schilderte den "Großen Krieg der Weißen Männer", seine Romane einst im Kanon polytechnischer Pflichtliteratur haben nicht nur die Schulbibliotheken verlassen. Es ist Zeit, sich zu erinnern. Zum einen, weil wirkliche Literatur überdauert. Zum anderen: Der Krieg von 14/18 ist heuer vor 90 Jahren ausgebrochen.
Michael Jürgs ist gestandener Journalist und fand "Den kleinen Frieden im Großen Krieg" (Bertelsmann). Die Geschichte ist kaum glaublich. In den Schützengräben wird die Weihnacht anno 1914 verbracht. Und weil's Deutschen zum Feste halt kommt, die Sehnsucht, der Familiensinn und das Gefühl, singen sie Lieder. "Oh, Du Fröhliche". Auch die Feinde, Franzosen und Briten, vergessen solcher Tage das Elend des Krieges und hören zu. Und es geschieht so wie im Märchen: Sie gehen aufeinander zu und feiern gemeinsam. Spielen gar Fußball. Nicht wahr? Aber doch. Michael Jürgs holt das Geschehen zurück. Mit journalistischem Spürsinn verfolgt Jürgs die Spuren der unglaublichen Weihnacht und ihrer Protagonisten. Es ist der Krieg nicht nur in Zahlen und Fakten. Es ist der Krieg von Menschen gemacht.
Schilderte Ludwig Renn seine Erlebnisse im "Krieg", beschreibt er auch seinen "Nachkrieg" (Das Neue Berlin). Die Soldaten kehren heim. In der Heimat ist Revolution. Keine der gesellschaftlichen Koordinaten stimmt mehr. Die Krieger haben ausgedient, wo sollen sie hin. Wer gibt ihnen Befehl? Renn beschreibt, er wertet nicht. Und trotzdem: Das Buch führte zu erbitterten Debatten. Freunde, Familien, viele fühlten sich vom Buch verraten. Jahre später stellt sich der Autor immer noch die Frage: "War denn ich besser gewesen als sie? Nein, für mich war diese Zeit dieselbe Zeit des bitteren Lernens gewesen ... Darin aber erblicke ich keinen Fehler. Denn wir sehen heute wieder Menschen unseres Volkes Zugeständnisse an die Leute von gestern machen, von kleinen zu immer gefährlicheren." Renn fragt dies 1948. Wer stellt angesichts der neuen Unbehaustheit heut die Fragen?
Faktisch und doch sind dies die Bücher, die mehr als das Lexikon berichten. Aber es gibt neben den vergessenen Romanen jener Zeit auch neue. Den von Sebastien Japrisot z.B. "Die Mimosen von Hossegor" (Aufbau) ist eine der schönsten Liebesgeschichten aller Zeiten. Und eine der schrecklichsten auch: Krieg 14/18. Hoffentlich führt sie der Buchhandel noch. Sonst würde ich mich über Nachfragen und Nachauflagen obengenannter Titel ehrlich freuen. Kriege vergessen sollten wir nicht. Auch wenn sie momentan weiter weg sind.

Kleiner Tip: Job und Frauen schmecken
Der Mann hat's gut: Cliff Farnham ist Manager im Andromeda, einem der 1st Class Hotels der Innercity von Berlin. Der Job bietet Verdienst und unendlich viel Gelegenheiten, Frauen vor die Flinte zu bekommen. Und wahrlich, Farnham ist kein Kostverächter. Sowohl angesichts der Damen. Aber auch sonst ist er "Gourmet" (Shayol). Seine Menüs sind sagen- und schmackhaft. Und als ihm eine Schöne just im Gipfel höchster Lust verendet, ist die nächste Mahlzeit nicht mehr Plan, sie wird Genuß. Bernhard Kempen ist ein abartig gutes Buch gelungen. Nach Vorspiel und diversen Körperteilen endet die Erotik grauenvoll gekonnt. Und man stellt sich selbst die Frage: Nimmt man an Farnhams Tische Platz? Aber sicher! Literarisch mundet das Mahl. Alles Weitere ... Es soll ja Menschen geben ... Also gehört habe ich schon. Mal ehrlich, Herr Kempen, haben Sie probiert?

Johannes Gelich verfolgt "Die Spur des Bibliothekars" (Otto Müller). Was sich wie ein Krimi anhört, ist vielmehr eine Entdeckung unbekannten Landes. Der Bibliothekar verschwand in Rumänien vom kulturellen Posten. Sein Nachfolger hat nicht nur auf neuem Terrain zu kämpfen, sondern auch mit sich. Was an der Novelle besticht, ist stringenter Aufbau, Sprachbeherrschung und doppelter Boden. Echt eine Entdeckung.

Mhm. Crimeladies aus England haben nicht nur via TV zu Recht guten Ruf. Val McDermid läßt ihre Kollegen, "Die Erfinder des Todes" (Lübbe Audio), gleicher Art wie die Opfer in den Romanen versterben. Judy Winter liest sehr nuanciert das spannende Werk. Echter Spaß und echte Überraschung. Was leider Susan Kelly und dem "Schwesterkind" (Grafit) nicht gelingt. Dort wird eine pseudopsychologische Lösung aus dem Hut gezaubert, daß wir Verbrechen erprobten Leser das Buch wahrlich an die Wand pfeffern möchten. Wir ziehen das "Picknick am Valentinstag" (dtv) der Australierin Joan Lindsay vor. Gelöst wird darinnen nix, aber eine Atmosphäre geschaffen, die uns spüren läßt, das Dinge geschehen, die auf ewig unerklärbar bleiben. Und wahrlich verschwanden am Valentinstag anno 1900 drei Mädchen und warden nie mehr geschaut ...

"Deep Blue" (Gerstenberg) bleibt uns eigentlich verborgen, da der Homo sapiens nun mal auf dem Lande lebt. Aber Generationen waren begierig zu erfahren, was unten im Meere kreucht und fleucht. BBC und Philip Wilkinson entdeckten "Das Geheimnis der Ozeane", die Dokumentation beeindruckte. Nunmehro kann man sich die Ansichten per Buch nach Hause holen und einiges erfahren. Wenn auch die Texte nur Vorschulreife besitzen, die Bilder lohnen. Und klar: Ganz entwächst man seinem Forscheralter nie.



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