www.Crossover-agm.de Die Bücher der Gebrüder Kotte (28.09.2003)

Der edle Superkiller verliebt sich in sein wunderschönes und superintelligentes Opfer. Und statt es zu töten, rettet er es mit tollen Karate-Tricks vor den wirklich schlimmen Jungs. Noch mehr? Na gut: Der Hauptheld ist ehemaliger Superagent und wird rehabilitiert, als sich herausstellt, dass eine weltweite Verschwörung gegen ihn läuft. Außerdem hat er auch Gewissensbisse. Obwohl er nur Leute umbrachte, die es auch verdient haben. Noch nicht genug? Also: Ein Computer-Fehler (nicht Virus, wie der Klappentext meint!) überzieht die ganze Erde mit Katastrophen, weil Rechner in Kernkraftwerken, Flugzeugen, Post-Banken und anderen heiklen Orten verrückt spielen. Es reicht noch nicht? Also: Der Ober-Schurke hat nicht nur das schuldige Computer-Imperium unter Kontrolle sondern auch den Geheimdienst. Und finstere Schurken, die die Haupthelden an große Bomben mit noch größeren roten Digital-Zahlen fesseln. Wem es jetzt noch nicht mit platten Klischees aus der untersten Schublade reicht, der sollte nicht in ein Lexikon der Trivial-Literatur sehen, sondern in P@nik von R.J. Pineiro (Bastei-Lübbe).

Auch wenn uns das erste Sequel wie Zeitschinderei vorkommt: Wir gehen alle in "Matrix - Revolutions". Und wir werden unsere Vorurteile bestätigt bekommen, im Guten wie im Schlechten. Aber die wirklichen Hintergründe verrät uns erst: "Das Geheimnis der Matrix" (Heyne). Pat Cadigan, die "Queen of Cyberpunk", hat wirklich hochkarätige Autoren gewonnen, ihre Meinung über den ersten Film zu veröffentlichen. Und sie hat es geschafft, völlig verschiedene zu finden. Die extravagante Mode, die interessanten Kung-Fu-Einlagen, die "Waffen, jede Menge Waffen" (Neo) sind uns allen aufgefallen. Aber hat schon mal jemand die Architektur betrachtet? Oder darauf geachtet, in welchem Buch "Der Auserwählte" die Konterbande versteckt? Ist es nicht komisch, dass Agent Smith menschlicher als Trinity ist? Auf jeden Fall bereitet uns diese phantastische Sammlung vor auf den Abschluß der Trilogie. Und dabei ist es egal, ob wir glauben, aus der Matrix entfliehen zu müssen oder die virtuelle Person "Neo" aus unserem Computer zu löschen. Sicher ist, wir müssen uns mit der "Matrix" beschäftigen. Letztendlich sind schwarzes Leder und verspiegelte Sonnenbrillen nicht alles.

Erinnert Ihr Euch noch an die Ehe der holographischen Künstlerin Idoru mit dem Pop-Star? Und an Chevette, die als Fahrrad-Kurier arbeitet? Und Rydell, den sympatischen "Polizisten in Schwierigkeiten"? Egal, ob ja oder nein, "Futurematic" (Heyne) ist der letzte Teil der Trilogie von William Gibson und wieder ein Meisterstück. Es bahnt sich etwas an, ein Ereignis, das seines Gleichen sucht. Noch wissen die User nicht, was es ist, aber es zieht alle magisch an; auch wenn es kein unbedingt leichter Weg ist. Und Ziel des Sternmarsches ist natürlich die Brücke in San Francisco. Nach wie vor das Biotop für die nicht Angepassten der Gesellschaft. Gibson extrapoliert wie ehedem von der heutigen Technologie auf die nahe Zukunft. Und er hat den Begriff des Cyberspace erfunden, auch wenn er selber keinen Computer besitzt. Wahrscheinlich hat er auch mit seinen neuen Vermutungen recht. Nach dieser Lektüre seht Ihr die Dinge wieder im richtigen virtuellen Licht.

Klassisch russisch: Liebe, Revolution und Weiße Nächte
"Ein ganzer Augenblick der Seligkeit, genügte er nicht für ein ganzes Menschenleben?" seufzt der Verliebte. Seine Nastenka folgt ihrem Herzen, nicht dem Helden. "Weiße Nächte" (u.a. Reclam, Klasse-Hörbuch grad bei Naxos) hatten den jungen Mann in süßer Hoffnung gewogen, dann aber erscheint der richtige Lover, und dahin ist's mit dem eingebildeten Glück. Doch verzweifelt der Einsame darob keineswegs, vielmehr gibt ihm die verlorene Liebe Mut, um endlich wirklich ins Leben zu gehen. Traumzeit adé.
Immer und immer noch einmal lesen wir von der Liebe. Wir wissen um die unsagbaren und unsäglichen Gefühle selbst. Nein, mitnichten verleugnen wir Leser unsere persönliche Sehnsucht, unsere Hoffnung auf dieses beschissene Stückchen eigene Glück. Wie viele schlaflose Nächte mit bezaubernden Geschichten um "Die schönste Sache der Welt." Fjodor Dostojewskis kleiner Roman gehört zweifellos zu unsrer Art Welt und Literatur. Alexander Eliasberg hat weitere der "Russischen Liebesgeschichten" (Manesse) neuübersetzt und ausgewählt. Das gediegen Buch begeistert in Aufmachung und zeugt vom literarischen Gespür des Herausgebers. All die Klassiker, sie fehlen nicht, wir lesen Puschkin, Gogol, Tschechow. Doch liegt der Reiz im weniger Bekannten, sowohl der Namen wie Geschichten.
Maxim Gorki kennen wir als bitteren Helden auf der guten Seite unsres Kampfes. "Einst im Herbst" zeigt Gorkis Klassenstandpunkt, Gorkis Kunst. Sein Held begreift, dass hinter kommunistischen Parolen Leben ist, das es zu bewahren gilt. Leonid Andrejew zeigt in seiner Erzählung den "Abgrund" abgrundtief. Erst traut sich der Liebende die Liebe nicht zu, dann nutzt er schamlos die sich bietende Chance. Wenn nicht der Verfasser drüber stünd', man tät's nicht glauben, dass diese Geschichte 100 Jahre zählt. In Gegenwart trifft diese Story, dieses Thema noch immer genau die Psyche und den Nerv der Zeit. Fjodor Ssologub (das Doppel-S lässt stutzen) zeigt "Die trauernde Braut" bei eigenartigem Spiel und Spaß. Diese gibt sich als hinterbliebene Freundin eines toten jungen Mannes aus. Dumm an solcher Art gesellschaftlichen Gebaren, sie lernt den Toten wirklich lieben. Und Boris Lawrenjew lässt Weißgardist & Rotgardistin als Robinsons auf einer Insel stranden. Wenn's ans Überleben geht, sind ideologische Grabenkämpfe schnell vergessen, und man kommt sich nah und näher. Nur ist solch Idylle niemals endlos.
Wir gestehen: Wir lieben dieses Buch der Liebe und der Liebe zur Literatur. Wir hoffen: Solch Ausgaben landen nicht nur anlässlich eines Buchmesseschwerpunkts auf unserem Buchgeschenketisch.
Diese Liebesgeschichten zeugen von Kunst und Enagagement russischer Autoren. Sie zeigen der Künstler Anteilnahme am Menschen und am gesellschaftlicher Realität. Grad in Zeiten von roter Revolution und nachfolgend neuer Ordnung zeigten sich Autoren als unbestechliche und genaue Beobachter. Lawrenjews Robinsonade "Der Einundvierzigste" mag dafür stehen (s.o.). Nicht nur Helden schrieben die sowjetische Geschichte. Der Schriftsteller Stand war ehrlich schwer, wollten Schreiber nicht bloß Agitator sein. Autoren und Werke wurden totgeschwiegen, kamen auf den Index. Trotz allem: Kunst entstand. Wir können lesen: Bulgakow, Dudinzew, Rybakow, ... und auch die unglaubliche Mär "Der großen Brände" (Ullstein). 25 Sowjetautoren wagten das Experiment und schrieben alle zusammen einen Roman. Viele der Zeit Großen wirkten mit: Alexej Tolstoj, Isaak Babel, Konstantin Fedin, Soschtschenko, Michail. Und sie alle hatten Spaß dran: Im realsozialistischen Slatogorsk ist die Zukunft keineswegs golden. Betriebe, Hafen, Mietskasernen brennen nieder. Wer stiftet das Feuer, legt die Brände? Wirklich Schmetterlinge, die lieblichen Wesen? 25 Schriftsteller tragen ihre Deutung dazu bei: Spekulanten, Diebe, zwielichtige Gestalten bevölkern die Stadt. Staatsmacht und Presse haben's ungeheuer schwer, die wahren Ursachen zu erkennen. Letztlich klärt Michail Kolzow den Fall genial und politisch korrekt. Neben erheiternder Lektüre gibt dieser spaßig Roman ein anschaulich trübes Bild der goldenen zwanziger Jahre unter Stalin. Und es kam noch schlimmer. Einige der Mitschreibenden, die Brand und Terror nicht überlebten. Das Buch hat es glücklicherweise aus den Verliesen zur Veröffentlichung geschafft. Es lebt. Wir empfehlen.
Wir empfehlen russische und Sowjetliteratur und deren Nachfolger inklusive ... Viktor Pelewin, ... Alexej Slapovsky, ... Michail Jelisarow, ... Ljudmilla Petruschewskaja, ... Andrej Kurkow, ... und jede Literatur ist im Wesen Liebe und Experiment. Vor allem die russische bekennt sich dazu. Lesen wir, nicht nur in unseren weißen Nächten.

Rodjon Raskolnikow ist ein Mörder. Er tötete nicht aus banalen Motiven, redet er sich und dem Kommissar daraufhin ein. Wie sollen auch die gesellschaftllichen Verhältnisse geändert werden, wenn nicht einer den Mut faßt? Napoleon, zum Beispiel. Student Raskonikow hat seine extrem mitleidlose Kreditgeberin gemordet, doch läßt ihm das Verbrechen keine Ruhe. Fjodor Dostowjeswki schrieb Romane, die heute noch Gegenwart sind. Raoul Wolfgang Schnell hat diese Geschichte 1960 als Hörspiel inszeniert. Jetzt hören wir diese Aufnahme des Werkes "Schuld und Sühne" vom Audio-Verlag. Perfekt. Mitleid? Haß? Wie gehen wir mit den "Gedemütigten und Beleidigten" heutzutage um? Mit Menschen, die die Chance nicht haben? Verstehen wir ihr Aufbegehren? Weltliteratur. Hören. Lesen! Auch wenn's 150 Jahre her zu sein scheint.

Gut zwanzig Jahre nach "Raskolnikow", 1888, mordet in Hamburg ein Serientäter Frauen ganz nach dem Vorbild Jack the Ripper. Joachim Baumhauer gibt in "Tote Engel" (Scherz) ein anschaulich düsteres Bild der Zeit und Stadt. Arzt Dr. Friedrich Liebherr zweifelt an sich und an den Verhältnissen. Der Autor verbindet klassisch grusliche Kriminalgeschichte mit dem Ambiente der Trivialromane dieser recherchierten Zeit. Das liest sich gut. Das liest sich spannend. Aber der Kick, warum man außer aus Sensationsgier und Freud am Schauder liest, der fehlt. Das Buch - Unterhaltungsliteratur wie man sie seltner findet: Ein Hauch Ekel, ein Hauch Romantik, und das gute Ende inklusive.

Dennis Cooper erzählt Geschichten und sagt "Punkt" (Passagen). Wir erfahren von Satan und der Gruftband "The Omen", von Jungensex und Platz im Leben. Aber eigentlich auch nicht. Genial verstrickt uns der Autor zwischen alle Phantasie und Träume und gnadenlose Wirklichkeit, zwischen Idealbild und schroffer Realität. Wer ist wer, und was war wie, diese Fragen bleiben offen. Der Verlag nennt Coopers Schreibe Kult, ganz mögen wir dem nicht widersprechen. Sind wir der, den andere zu kennen glauben? Vielleicht legen wir's drauf an, Mitmenschen manches vorzulügen. Kennt man selbst sein Eigen-Ich?

Wahrscheinlich würden wir Olten, Stadt der Schweiz, als Nest bezeichnen. Vor Ort erzählt uns Alex Capus "Mein Studium ferner Welten" (dtv). Max Mohn langweilt sich bei Nachrichten im TV, dabei ist er ihr Macher. Johnny Türler war Seemann und übernimmt an Vaters Statt das Patisserie-Geschäft. Wir erfahren von begeisternden Frauen, dem Voyeurismus der Knabenjahre, Jungspunden beim Militär, dem Leben an sich und en detail. "Ein Roman in 14 Geschichten" verspricht uns der Verlag. 140 hätten es auch sein dürfen, denn Herr Alex Capus kann erzählen, daß uns das Buch viel zu schnell an seinem Ende ist. Ehrlich: Mehr!

Daniel Pennac ist Pädagoge. Er bringt Kindern die Lust am Lesen bei. Daß wir Unterricht und Literatur hassen, ist nicht notwendiger Schluß des Lehrplans. Daniel Pennac räumt mit den Dogmen, Regeln, dem trocknen Uni-Wissen auf, was uns weltliterarisch und gut anempfohlen werden muß. Lesen soll vor allem eines machen: Spaß!!! "Wie ein Roman" (dtv) nennt der Autor sein Plädoyer für die Liebesbeziehung zwischen Mensch und Lektüre. Wir empfehlen wärmstens (auch des Autors Romane um "Monsieur Malaussène" (Kiepenheuer & Witsch)). Und sollt' Euch mal wieder die Deutschtante nerven, haltet ihr "Die unantastbaren Rechte des Lesers" vor Augen, denn unser Recht ist, nicht zu lesen, nicht zu Ende zu lesen oder Seiten zu überspringen. Andrerseits ist rechtens auch herumzuschmökern, laut zu lesen und überall (auch im Unterricht).

"Das geheime Haus der Wünsche" (Goldmann) ist unbewohnt und Abenteuerspielplatz für Petra, Will und das Pärchen Rosario und Piers. Dann sind die Liebenden verschwunden, und die Familien haben die Ungewißheit: Tod. Nach Jahrzehnten stehen Rosario und Piers wieder im Leben. Daran mag die nunmehr gutsituierte Unternehmerin Petra kaum glauben, aber warum sollt' sie sich das Glück nicht einfach nehmen, allen Zweifeln zum Trotz. Ruth Rendell ist auch mit diesem Buche eine einfühlsame Studie geschundener Charaktere gelungen. Und am Ende wird bewiesen: Es liegt an einem selbst, was man aus seinem Leben und den Lebenslügen macht. Wahr: Scheitern ist nicht inklusive.

Daß Frau Minette Walters superbe Romane zu schreiben vermag, hat sie uns bewiesen. Erinnert sei an "Die Bildhauerin", "Im Eishaus". Nunmehr liegt ihr zehntes Werk in Übersetzung vor. "Fuchsjagd" (Goldmann) läßt all das vermissen, was wir an der Autorin schätzten: Spannung, Überraschung, intelligente Story. Schad, daß sich die Crime-Queen mit dem Geschichtchen auf 500 Seiten selbst vom Sockel stößt. Allerdings ließen mich die mitlesenden Frauen im Urlaub wissen, so schrecklich doof sei die "Fuchsjagd" nun auch wieder nicht. Gibt's Literatur, die sich mir Mann verweigert?

Mamoulian beherrscht den Zufall und den Tod und gibt diese Gaben weiter. Doch Mr. Whitehead spielt das "Spiel des Verderbens" (Heyne) so nicht mit. Mamoulian handelt. Der letzte Rasierklingenesser wird selbstmörderisch reaktiviert. Verwesende fressen sich selbst. Feten bieten harten Sex und brutale Verbrechen. Das Grauen wird grausamer als vorstellbar. The Damnation Game is over und beginnt! Klar, das ist Horror vom Feinsten. Autor Clive Barker at his Best. Sicher nicht jedermanns Geschmack, aber wer der ewig gleichen königlichen Gruselschinken leid, kann sich bei der Lektüre intelligent mehr als ekeln.

Max der Maximale hat es satt und verschreibt sich dem Kokain. Die Freundin ist tot. Der super Job hängt am Nagel. Schluß. Aber einmal muß sich Max die Last von der Seele reden. Und Clara hört zu und möchte alles wissen. Und so denkt Max zurück, was war, wie's kam, und stellt Erstaunliches fest. "Adler und Engel" (btb) benannte Juli Zeh ihren Roman No 1 und beweist, daß sie als Diplomautorin (oder wie nennt man die Absolventen eines Leipziger Institutes für Literatur?) schreiben kann. Wirklich. Thriller. Love Story. Gegenwartsroman. Wir lasen und möchten weiter lesen. Juli, bitte schreiben Sie!

Ich! Wer sonst als Ich! Ein "Solipsist" (MirandA) ist jener, für den nichts als das eigne Weltbild wirklich ist. Henry Rollins (je, genau dieser von der Henry Rollins Band) verfaßte einen Lobgesang auf eben diese Art von Mensch. "Ich möchte meinen Kopf mit konzentriertem Nichts füllen. Auf diese Weise könnte ich es aushalten, euch bis zum Ende meines Lebens zuhören zu müssen." Aber was bleibt hinter'm Ich noch Mensch? Wieviel Solipsist nennt man sein eigen? Das Leben ein Alptraum? Rollins schreibt, wie er singt. Eigenartig nur am gediegen lesenswerten Pamphlet ist seine mangelhafte Grammatik. Lag's am Übersetzer? Sollt's so sein, dass?

Sie sind noch alle da, die Helden aus den ersten beiden Teilen von William Gibsons Trilogie. Mit "Futurematic" (Heyne) führt er die Handlungsstränge zu Ende. Rydell ist immer noch Wachmann, aber zweifelsohne ein "Cop in Schwierigkeiten", denn er muß sich um einen Staubsauger kümmern. Darin ist die Idoru gespeichert, wunderschön wie immer. Und Chevette kehrt mit ihrer Freundin zurück auf die "Brücke". Aber selbstverständlich geht es nicht um private Probleme, sondern um die wirklich großen Knotenpunkte in der Weltgeschichte. Sie manifestieren sich im weltweiten Cyberspace und sind für den Leser zwar nicht greifbar, aber viel klarer als in den vorangegangenen Teilen. Wie immer nähern sich die Helden in einer Art Sternmarsch dem Finale. Niemand kennt das ganze Bild, aber alle Puzzle-Teile spielen ihre Rolle. So gut sie können. Wenn sie jedoch aus der Rolle fallen, dann scheint genau das zum Bild zu gehören. Und zum Schluß geht es gut aus. Dem Bild entsprechend.

Kleiner Tip: Auch made in Japan: Sexuelle Frustration
Von hinter dem Teich, so vom asiatischen Kontinente her, liest unsereins ja eher wenig. Grund zum einen diese Zeichensprache. Wer kann übersetzen? Zum andren befremden uns dortige Lebensverhältnisse. Lächeln, Sushi, Harakiri? Somit ist jedem Verlag zu danken, der fremde Welt uns nahe bringt. Diesmal druckte der Unionsverlag, Zürich. Die japanische Autorin Masako Togawa schreibt von Seelenzuständen, die den uns'ren gleichen in der Liebe, im Haß und der Rache zwischen den Menschen, welche sich einst nahe standen. Die "Schwestern der Nacht" sind einem Manne verfallen, der sich um Gefühle wenig schert. Dann folgt Rache sehr feminin bizarr "Trübe Wasser in Tokio" gibt es reichlich. In ihnen spiegelt sich das morbide Sexualverhalten ganzer Generationen. Man hat jeder Art und Weise Spaß, solang, bis wer nicht mehr mag und kann. Schluß mit lustig und dem Sex. Beeindruckend entzieht sich die Autorin jeder Wertung, und wir Leser sind uns niemals sicher, ob wir wirklich zur Lösung der Geschichte fanden. War's so oder doch ganz anders? Das Vexierspiel mit der subjektiven Wahrheit hat Tradition. Zumal in Japan. "Rashomons" Erbe: spannend, verblüffend, faszinierend.

Wautsch! Bei illegalem Tun entdeckt Carsten Preszburger sechs tote Männer im Pool und ein Video. Wenn er nun seine Bürgerpflicht tät und 110 wählte, wär er womöglich selber dran. Also ergreift der Held Initiative und sucht die "Apollofrau" (Militzke). Schön schräg, schön witzig, schön neben dem Erwartbaren. Hagen van Beeck und G.-Roger Forster ist ein lesenswert kriminelles Debüt geglückt. Damit eröffnet der Verlag Militzke seine neue Taschenbuchreihe M. Wenn's auf diesem Niveau weiter geht, haben wir Stoff zur guten Lektüre. Auch von Carsten Preszburger würde ich mich gern nochmal fesseln lassen. Bitte.



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