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Gideon
von rls anno 1997
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In der heutigen schnellebigen
Zeit ist es keinesfalls mehr die Regel, daß eine Band zu ihrem zehnjährigen
Gründungsjubiläum überhaupt noch existiert. Eine der Bands,
die auf eine komplette Schaffensdekade zurückblicken können,
ist Gideon aus Dorfchemnitz (für alle Nicht-Ortskundigen: Das ist
kein Stadtteil von Chemnitz, sondern ein Dorf in der Nähe von Zwönitz
im "Aarzg'birg"!). Die Gründung der Band Gideon fand im Winter 1986/87
statt; der erste Gig ist für den 27. Mai 1987 verbürgt. Drei
Tonträger zeugen bisher vom Können der Erzgebirgler: die Tapes
"Licht am Horizont" (1991) und "II" (1993) sowie die CD "ZeitZeichen" (1995);
zumindest das letztgenannte Werk ist auf Gideon-Gigs noch erhältlich.
Die Band bezeichnet ihren Stil kurz und bündig als "Rockmusik - alle
Spielarten; Tendenz: hart". Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Heiko Gödel (voc, g), Michael Köhler (voc, g), Markus Mittelbach
(voc, k), Fred Seidel (b), Andreas Franke (d, perc) sowie die Techniker
und Soundmenschen Lutz Hammerschmidt und Andre Viertel - so sieht die aktuelle
Gideon-Besatzung aus.
Auf die Frage nach den
musikalischen Vorbildern gab mir Bandsprachrohr Andreas folgendes zu Protokoll:
"Jeder von uns hört
andere Musik; das reicht von Bruce Springsteen über die Dire Straits
bis hin zu komplizierteren Sachen wie Toto oder Dream Theater."
Nach welchem Gideon habt
ihr euch eigentlich benannt?
"Gideon war ein von Gott
berufener Richter aus der frühen Geschichte lsraels. Er führte
damals das Volk gegen die Midianiter. Wer Genaueres wissen möchte,
kann in Richter 6 nachlesen. Wenn wir die Meßlatte einer bekannten
deutschen Fernsehzeitschrift anlegen würden, dann gäbe es für
dieses Kapitel drei Sterne für Spannung, zwei für Action und
null für Erotik ... "
Wie entstehen eure Texte,
und welchen Stellenwert haben sie für euch?
"Sie sind uns sehr wichtig.
Wir wollen, daß die Leute was von unseren Ansichten, unserem Christsein mitbekommen. Live ist das
jedoch nicht einfach, da hier Lautstärke und der Unterhaltungswert
unserer Performance auch eine wichtige Rolle spielen. Inhaltlich verarbeiten
wir alles, was wir um uns erleben. Ein Text kann monatelang liegen und
nicht fertigwerden, andere dagegen sind in 25 Minuten geschrieben."
Was wollt ihr mit den
Schriftzeichen auf dem Cover eurer "ZeitZeichen"-Scheibe aussagen?
"Die Schriftzeichen sind
Bilder für all die verwirrenden Einflüsse, die auf uns einwirken.
Wichtig ist, die richtigen Zeichen herauszufinden, deshalb das Fadenkreuz."
Wo wurden eigentlich
die prachtvoll-tristen Bookletfotos geschossen?
"In einem leergezogenen
Betriebsteil einer Maschinenbau-Firma in Hohenstein-Ernstthal."
Der Gesang auf "ZeitZeichen"
ist ziemlich in den Vordergrund gemischt. Absicht oder Lapsus beim Mixing?
"Unser Produzent Frank Bucher
hat uns mehrfach gefragt, ob er noch was dranrumschrauben soll, aber wir
haben es dann so gelassen - es war natürlich auch eine Frage des Budgets,
und High-End-Studio-Monitore klingen irgendwie anders!"
In den Texten pendelt
ihr, manchmal sogar innerhalb eines Songs, zwischen Deutsch und Englisch.
Warum?
"Das hat keinen tieferen
Grund. Die englischen Textteile sind sehr simpel gehalten, so daß
man sie sehr gut verstehen kann. Oft paßt die englische Sprache einfach
besser zur Musik."
Kennt ihr Zahlen, wie
sich "ZeitZeichen" bisher verkauft hat?
"Ja, leider ... Nein, Spaß
beiseite, so kraß kann man's nicht sagen. Für die beschauliche
Anzahl der Gigs haben wir schon ganz
ordentlich verkauft, die Hälfte der Auflage ist weg. Die roten Zahlen
haben wir allerdings noch nicht verlassen ... "
Damit sollte der Freundeskreis
gepflegter Rockmusik unter der Leserschaft wissen, was er zu tun hat. Wie sehen eure Pläne
für die Zukunft aus?
"Wir wollen mehr Kontakte
zu Veranstaltern knüpfen. Das würde es uns ermöglichen,
vielleicht mal eine komplette Deutschlandtour
zu absolvieren. Eine richtige große Produktion wäre freilich
auch nicht schlecht. Ansonsten
bemühen wir uns, Familie, Beruf und Musik so gut wie möglich
unter einen Hut zu bekommen, um noch
`ne ganze Weile aktiv bleiben zu können."
Also, Veranstalter, Plattenfirmenchefs
und Produzenten - ihr habt's gehört ...
Anyway, für die Idee,
einem Musiker ein paar Schlagwörter an den Kopf zu werfen und ihn diese kommentieren zu lassen, wird die Redaktion sicherlich keinen Originalitätspreis verliehen bekommen. Trotzdem ist es immer
wieder interessant, die Meinung eines anderen Menschen über Themen,
die einen vielleicht auch
selbst berühren, zu hören.
So here we go, Andreas:
? Weihnachten
"Erstens: Jesu Geburt. Punkt!!
Weihnachten ist eine Zeit, wo man sich im wahrsten Sinne des Wortes besinnen
und seine Ruhe wiederfinden sollte. Heutzutage geht da leider alles viel
zu hektisch zu - wegen dem Geschenkeeinkauf und dem ganzenSchwachsinn-Medienkitsch."
? Johannes Paul II.
"Ist das Oberhaupt der katholischen
Kirche. Er lebt seinen Glauben kompromißlos und wird sicher oft zu Unrecht
von Außenstehenden kritisiert. Da wir ev.-luth. sind, haben wir aber
sicher nicht den richtigen Bezug zum Papst und können uns dazu auch
schwerein Urteil erlauben, da wir oft nur die Darstellungen durch die Medien
kennen. Für uns zählt mehr der Satz `Wo zwei oder drei in meinem
Namen versammelt sind ...' "
? Das Christmetten-Attentat
von Frankfurt/M.
"Unfaßbar - und doch
offensichtlich ein gefundenes Fressen für die Medien. Das Foto der
Toten konnte man mindestens 10mal täglich im Fernsehen sehen. Derartige
Attentate können leider nicht verhindert werden. Das Ganze zeigt aber
auch eine zunehmende Orientierungslosigkeit der Leute. Bekanntlich ist
ja gerade bei besinnlichen Festen wie Weihnachten etc. die Selbstmordrate
besonders hoch."
? Techno
"Bum Bum ... Die Leute haben
keine Lust mehr nachzudenken, sie sind halt- und orientierungslos - und
bei solcher Musik muß man halt nicht denken, ebensowenig wie bei
den Flippers, Jürgen Drews, Stefanie Hertel, Muck usw."
? Dorfchemnitz
"Die Perle des Erzgebirges
- oder: Das Gelbe vom Ei".
? Der Weltuntergang
"Er wird kommen, auch wenn's
keiner wahrhaben will. In welcher Form und wann, weiß keiner; wahrscheinlich
werden wir uns selbst in die Luft jagen."
? Angst
"Angst hat jeder, das ist
menschlich - ob nun vor der Zukunft, dem Tod oder etwas anderem. Angst
haben ist nicht schlimm, solange es noch Hoffnung gibt. Wer sagt, er habe
keine Angst, der lügt."
Ihr steht mit 30 DM in
der Tasche in einem Plattenladen. Zum Preis von je 29,99 DM stehen eine 1965er Liveaufnahme von
den Beatles, "Fireball" von Deep Purple, "Ride the Lightning" von Metallica und "Unplugged live"
von Nirvana im Regal. Welche Scheibe nehmt ihr mit?
"Da wir in der Band 7 Personen
sind, haben wir 210 DM einstecken. Wir kaufen also alle CDs und behalten noch 90 DM übrig,
was 4,5 Kästen Bier entspricht. Wir haben also ca. 4 Stunden fröhliche Musik ... "
Vielleicht noch ein Schlußwort
an die Leser?
"alles hat seine Zeit:
geboren werden und sterben,
einpflanzen und ausreißen,
töten und leben retten,
niederreißen und aufbauen,
weinen und lachen ...
das lieben hat seine zeit und auch das hassen,
der krieg und der friede.
kohelet 3"
Kontakt: www.gideon-online.de
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