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Pax Dei
von Andrea Schubert anno 2001

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„Barfuß“ und „Unterkühlt“ nachdenken

„Pax Dei“ gab Jubiläumskonzert und blickt auf 15 Jahre Bandgeschichte zurück

Es trug sich an einem Wochenende dieses Sommers zu. Da schnaufte ein gestresster Mann in die christliche Jugend- und Kulturscheune „Tenne“ e.V. in Buchholz. Vor sich her schob er einen klapprigen Handwagen, darauf ein Instrument aus mehreren Einzelteilen, die zusammen ein Schlagzeug ergeben sollten. „Ja, ja so war das vor 15 Jahren, als ich mich voll beladen ganze sieben Kilometer zur Bandprobe nach Jänkendorf geschunden habe“, schildert Frank Kerger. „Aber es lohnte sich“, so der Sozialarbeiter. Damals hätte er wohl kaum gedacht, dass er nach so langer Zeit immer noch regelmäßig zum Üben kommt. Doch ein Glück, dass sich die Möglichkeiten der Fortbewegung und Technik verbessert haben. Auch das frühere kleine Jugendzimmer wurde durch einen richtigen Probenraum mit allerhand Gerätschaften und Kabelwirrwarr ersetzt.

Ausschnitte aus dem Bandleben und ihrem Repertoire der letzten 15 Jahre spielte und zeigte Pax Dei vor gespannten Besuchern bei einem zweistündigen Konzert mit vier Zugaben in der „Tenne“, einem, man kann sagen, christlichen Jugendclub in Buchholz. Ihr Stil: Rock, Pop, aber auch ruhige Balladen, Instrumentalstücke und Kinderlieder (verspielt, verträumt und peppig). In über 90 eigenen Songs und Instrumentalstücken spiegeln sich Alltagserfahrungen, Gedanken über Gott und die Welt, Themen wie Umwelt, Liebe, Krieg und Frieden wieder. Neben selbstgeschriebenen Liedern wie „Barfuß“, „Unterkühlt“ und „Alpha“ gehören ebenso ausgeborgte Songs wie „Tears in Heaven“ von Eric Clapton und irische Folklore zum Können der Band. Auch Klassisches, Blues oder ganz Modernes schleicht sich mal ins Programm ein. „Wir sind jederzeit für Neues offen, probieren gerne aus, wollen uns weiterentwickeln, besser werden und mit unseren Liedern zum Nachdenken anregen“, sagt Tobias Strauß. Dass sie diese Ziele bereits bewusst angegangen haben, beweist ein sechstel Jahrhundert heitere Bandgeschichte.

Angefangen hat alles auf einer christlichen Jugendfreizeit, als sich Frank und Tobias kennenlernten, beim Gedankenaustausch Gemeinsamkeiten entdeckten und auf die Idee kamen, einfach mal ein bisschen musikalisch zu experimentieren. Tobias‘ Schwester Anne-Doreen war für diesen Plan schnell gewonnen und damit die Dritte im Bunde. Das musikalische Talent wurde Anne-Doreen und Tobias schon in die Wiege gelegt: Im Kindesalter brachte ihnen Mutti das Flötespielen bei. Mit sechs lernte Tobias Violine an der Musikschule und machte nach acht Jahren seinen Abschluss. Mit 14 brachte er sich selbst Gitarre und schließlich Keyboard bei. Anne-Doreen nahm von klein an klassischen Klavierunterricht. Später lernte sie Gitarre und Trompete.

Frank begann mit der kleinen Trommel und machte damit im Spielmannszug Niesky Karriere. Mit 16 hatte er sich durch Ferienarbeit endlich ein eigenes Schlagzeug zusammengespart und entwickelte sich vom schlichten Geräuschemacher zum ausgereiften Autodidakten.

Noch ganz genau erinnern sich die drei an ihre erste Bandprobe: 10. März 1986 14 Uhr im Pfarrhaus Jänkendorf, wo Familie Strauß (die Mutter war dort Kantor-Katechetin) wohnte. Zur Verstärkung holte man die E-Orgel der Kirche dazu. Anstelle von Schlagzeugstöcken mussten Kochlöffel herhalten. Überhaupt wussten sich die drei Musiker gut zu helfen und setzten auf Eigenbau, was zu ihrem Markenzeichen wurde: Keyboard- und Mikrophonständer, Halterungen, Mischpult und sonstiges haben sie eigenhändig aufgemöbelt oder zusammengezimmert. Damals musste man mit Instrumenten und Zubehör schon gut improvisieren, wenn man nicht gerade ein dickes Konto hatte.

Auf einen Namen für die Band war Tobias beim Wälzen eines Lateinwörterbuches gestoßen. Die Bezeichnung „Pax Dei“ - der Friede Gottes - charakterisiert den Bandhintergrund und soll etwas weitersagen, heute mehr denn je. „Das bedeutet aber nicht, dass wir mit erhobenem Zeigefinger missionieren. Wir greifen mit unserer Musik vielfältige Themen auf, so dass sich nicht nur Christen damit identifizieren können“, erklärt Tobias.

Pax Dei v.l.n.r.: Frank, Tobias, Anne-Doreen, Judith, Anton

Bevor die Band eigene Songs schrieb, spielten sie JG-Lieder nach. „Ein guter Einstieg“, wie sie im Nachhinein feststellen. Ihren ersten Auftritt damit hatten sie bereits nach zwei Wochen bei einem offenen Abend im Gemeinderaum in Jänkendorf. Das sprach sich herum und es folgten weitere kleine Konzerte, Jugendgottesdienste und anderen kirchlichen Veranstaltungen. Unterstützung erhielt das Trio immer wieder durch verschiedene Musiker. Seit fünf Jahren fest dabei sind Judith Riehmer, die die Songs mit Geige, Gesang, Gitarre und Percussion verfeinert und seit drei Jahren Anton Röthig, der in die Saiten der Bass-Gitarre greift. „Eine große Bereicherung“, betont Anne-Doreen. Mit der Zeit wuchs der Bekanntheitsgrad der Band. Die zahlreichen Auftritte im Jahr motivierten weiterzumachen und CDs aufzunehmen. Inzwischen sind es vier: „Groß sind Deine Wunder“ (1997), „Alpha“ (2000) und die Kinder-CDs „Lieder des Schappadu“ und „Tanzkids“ (beide 1999). Ebenso haben sie ihre zwei ersten Kinderkonzerte („Die Hummel Susi“ Teil 1 und 2) auf Tonträger gebracht, in diesem Fall auf MC. Zu Höhepunkten der letzten Jahre gehören ebenso die Auftritte bei Jugendgottesdiensten, Jugendtagen, Gemeindeveranstaltungen sowie bei Kulturfestivals und Kindergartenfesten. Gemeinsame Projekte gibt es auch mit dem Chor im Bekannten- und Freundeskreis. Die Bandmitglieder sind nicht nur musikalisch zusammengewachsen. Wenn es die Zeit zulässt, treffen sich die (bei den Kinderkonzerten) bis zu zwölf Akteure und Musiker auch gern mal außerhalb der Proben zu einem Grillabend.

Das Hobby zum Beruf zu machen wird wohl wie bei vielen ein Traum bleiben. „Ohne Beziehungen, ausreichende Finanzen und der nötigen Flexibilität ist es heutzutage schwer, sich mit Musik das tägliche Brot zu verdienen“, so Tobias. Die anderen Wünsche, wie nicht auf der Stelle zu treten und stets die Vorstellungen aller Bandmitglieder unter einen Hut zu bekommen, sind dagegen realistischer. „Entscheidend ist, den Spaß an der Sache zu behalten und uns musikalisch weiterzuentwickeln. Musik bedeutet für uns sehr viel und wir können auch andere damit bereichern“, erzählt Anne-Doreen. Tobias: „Schön wäre es auch, einen Verlag zu finden, der unsere Sachen für so interessant erachtet, dass er es mit in sein Programm aufnimmt.“

Viele Ideen für neue Songs befinden sich bereits in Schubladen, auf Zettelchen und in den Köpfen der fünf Hobbymusiker. Sehr gute Grundlage für die Zukunft wird auch die zusätzliche musikalische Ausbildung von Anne-Doreen und Tobias sein. Seit eineinhalb Jahren nehmen sie an einem Fernstudium zum C-Kirchenmusiker für Popularmusik in Plön teil. Das Theoriepauken wird durch hilfreiche Praxistage ergänzt. Demnächst stehen die Abschlussprüfungen an. „Diese Ausbildung bringt uns persönlich und auch die Band enorm weiter. Innerhalb kurzer Zeit haben wir vieles geschafft, was wir in den vergangenen Jahren nicht erreicht haben. Ebenso war der dadurch entstehende Kontakt zu anderen Musikern, der Blick hinter die Kulissen und selbst die manchmal anstrengenden musiktheoretischen Hausaufgaben sehr nützlich und wichtig für uns“, so die Bilanz der beiden. Schließlich geht es den Musikern bei Pax Dei ja auch darum, etwas weiterzusagen und Menschen zu erreichen, nachdenklich zu stimmen oder zu bewegen.

Pax Dei v.l.n.r.: Anne-Doreen, Tobias, Judith, Anton, Frank

Die Band über sich:

- Anne-Doreen Strauß: ist 30 Jahre, wohnt in Jänkendorf und ist Sachbearbeiterin im Krankenhaus in Niesky. Musik nimmt fast ihre gesamte Freizeit ein. Ab und zu greift Anne-Doreen auch gerne mal zu einem Buch.

- Tobias Strauß: 32, verheiratet, drei Kinder und stolzer Besitzer eines Häuschens mit prächtigem Blumen- und Gemüsegarten in See. Beruflich wäre er gerne Musiker geworden, was finanziell aber nicht machbar war. Deshalb schwingt er den Kochlöffel als stellvertretender Küchenleiter, ebenfalls in Niesky im Krankenhaus. Hobbymäßig steht die Musik im Vordergrund. Neben den Instrumenten schreibt er Songs und tüftelt sehr gern am Computer und Sequenzer. „Das ist,“ sagt er, „als wenn man bei einem großen Orchester, einer Band, nicht den Umweg über Sprache und Erklärungen geht. Man kann auch in aller Ruhe Varianten ausprobieren, bis wirklich alles so ist, wie man es haben möchte.“ Musik gibt's bei Tobias aber nicht um jeden Preis, denn eigentlich ist ihm seine Familie wichtiger.

- Frank Kerger: 31, Sozialarbeiter im „Martinshof“ Rothenburg. Außer Musik, Reisen und Volleyballspielen liebt er die Natur. Drei Schäfchen und ein Hund teilen mit ihm das Dasein in seinem Haus in einem Nachbardorf.

- Anton Röthig: Der 23jährige Nieskyer arbeitet in der Diakonie-Sozialstation Niesky als Krankenpfleger. Musikhören (Heavy Metal hat es ihm angetan), Bass spielen und verschiedene Projekte mit anderen Bands füllen seine Freizeit aus.

- Judith Riehmer: 23, Krankenschwester bei Schwerstkörperbehinderten in Rothenburg. Musik ist für sie, wie auch für die anderen, lebenswichtig. Pax Dei ist dabei auch nur eine ihrer Aktivitäten. Am liebsten mag und macht sie Musik unplugged und am Lagerfeuer.









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