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Nana Mouskouri
von *tf anno 2005

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Nana Mouskouri

Am Rande des Kongresses Pop-Open 2005, der am 11. und 12. November in Stuttgart stattfand, hatte ich in meiner Eigenschaft als CrossOver-Redakteur Gelegenheit, der UNICEF-Botschafterin und Weltvertreterin der Künstler der Unterhaltungsmusik Nana Mouskouri einige Fragen zu stellen.

TF: Was macht eigentlich eine UNICEF-Botschafterin und Weltvertreterin der Künstler der Unterhaltungskunst auf einem Kongress, der sich mit Zukunftsperspektiven der Popmusikförderung in Europa beschäftigt?
NM: Ich finde es sehr wichtig, dass Bemühungen um die Unterstützung junger Popmusiker unterstützt werden. Ich selbst habe es erlebt, dass Pop- oder Unterhaltungsmusiker es im Gegensatz zur klassischen Ausbildung schwer haben. Während meines Studiums am Konservatorium führte mich meine Liebe zum Singen und zur Musik auch auf die Bühnen von Kneipen und Bars. Als das meinen Lehrkräften bekannt wurde, durfte ich mein Studium nicht fortsetzen und musste das Konservatorium verlassen. Daran kann man sehen - auch wenn sich mittlerweile einiges für die Popmusik zum Besseren verändert hat -, dass die Unterhaltungsmusik als etwas Minderwertiges angesehen wurde und bis heute wird. Ich finde diese Unterscheidung nicht hilfreich. Es gibt meiner Meinung nach nur gute und schlechte Musik - im Bereich der Klassik ebenso wie in der Unterhaltungsbranche.
TF: Was ist Ihrer Meinung nach für junge Menschen, die Musik machen, besonders wichtig?
NM: Es ist wichtig, dass junge Menschen ihre kulturellen Wurzeln kennen. Im europäischen Rahmen und erst recht darüber hinaus ist ein Dialog nur möglich, wenn man sich klar ist, woher man kommt. Ein eigener kultureller und damit auch musikalischer Standpunkt beugt einem Kopierenwollen vor. Den auswechselbaren Casting-Kopien ist eine authentische Darbietung - wie immer sie auch aussehen oder klingen mag - unbedingt vorzuziehen. Und man bleibt sich mit einem klaren Bekenntnis zur kulturellen und musikalischen Herkunft auch treu - das ist im Musikgeschäft eine unverzichtbare Sache.
TF: Nun ist es für deutsche Jugendliche nicht so einfach, sich zu ihren musikalischen Wurzeln zu bekennen. Denn das Volksliedgut der Geschichte ist oft schon durch die volkstümliche Sparte besetzt, die Popmusikern in den meisten Fällen suspekt ist. Was wäre hier zu tun?
NM: Grundlage jeden Musizierens muss die aktive musikalische Betätigung im Kindesalter sein. Hier finden wir - gerade in Deutschland - eine Vielzahl von Kinderliedern, die sich durch gekonnte Stimmführung und eine reiche Melodie auszeichnen. Auch deutsche Volkslieder sind ein Schatz, den es zu entdecken und zu bewahren gilt. Wenn man selbstbewusst mit diesem Erbe umgeht und es ganz natürlich gebraucht, dann kann es die Grundlage für späteres Musizieren bilden, auch wenn sich der Musikgeschmack verändert. Erwachsen werden heißt ja auch neue Wege zu finden, sich ausprobieren. Aber dieser Weg muss einen Anfang haben. Und der ist in deutschen Volksliedern und euren wunderbaren Kinderweisen zu finden. Es ist später nicht so wichtig, in welchem Genre man sich musikalisch betätigt. Wichtig ist, eigenes Wollen und Können zu entdecken und zu erkennen - möglichst frühzeitig.
TF: Casting-Shows und das Kopieren in der Popmusikbranche haben Sie schon angesprochen. Haben Sie einen Tipp für Jugendliche, wie diese darauf reagieren können?
NM: Vergleichen ist gut. Jemanden kopieren führt in die künstlerische Sackgasse. Ich muss ich selber sein, wenn ich auf der Bühne stehe. Alles andere macht Menschen kaputt. Ich werde besser, wenn ich versuche, über mich selbst hinauszuwachsen, meine Grenzen zu erreichen und nach Möglichkeit zu überschreiten. Aber Musik ist kein Sport. Ich soll nicht auf andere achten und versuchen, besser als diese zu sein. Das ist der falsche Weg.
TF: Was ist für Sie das Besondere an Musik?
NM: Musik ist wie kein zweites Medium geeignet, Gefühle und Stimmungen auszudrücken. Nicht nur das. Sie kann auch Gefühle und Stimmungen ausgleichen, meine Balance wieder herstellen. Dazu ist jede gute Musik in der Lage, egal ob in der Klassik oder im Bereich der Unterhaltungsmusik. Gute Musik bedeutet aber auch, dass es ebenso wie in der Klassik auch in der Popmusik Fördermöglichkeiten geben muss. Und da leistet dieser Kongress einen wichtigen Beitrag.
TF: Das war eigentlich schon ein gutes Schlusswort. Gibt es noch etwas, was gesagt werden muss?
NM: Das wichtigste ist für mich, dass man andere Menschen, andere Kulturen und fremd klingende Musik respektiert. Man kann nicht alles lieben, das wäre zu viel verlangt. Aber Respekt ist eine wesentliche Grundlage.
TF: Ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche Ihnen in Ihrer Mission und mit Ihren Liedern noch viele Erfolge!

Nachtrag: Ich war überrascht, wie es diese Frau geschafft hat, nach mehr als 45 Bühnenjahren so authentisch und "einfach" zu bleiben. Dazu kommt ihre frische, unverbrauchte Ausstrahlung, die das Geburtsjahr 1934 nicht vermuten lässt. In gewissem Sinne scheint die Unterhaltungsbranche "gesünder" zu sein als das harte Rockerleben. Keith Richards könnte glatt als ihr älterer Bruder durchgehen, obwohl er fast 10 Jahre jünger ist. An den Chancen und Möglichkeiten junger Leute war sie wirklich interessiert, das war keine Fassade. Sie meint, dass früher alles einfacher, überschaubarer war und die Künstler nicht auf ihren Marktwert oder ihre Produkteigenschaften reduziert wurden. Aber man könnte es auch heute noch schaffen ... und man selbst bleiben. Also: worauf wartest DU?!

Weitere Informationen zu Nana Mouskouri:
Nana Mouskouri gehört weltweit zu den populärsten Sängerinnen der letzten 45 Jahre. Als Persönlichkeit steht sie wie kaum ein anderer Künstler für Weltoffenheit. Anfang der 70er Jahre ist Nana Mouskouri ein Weltstar, der Platten in fünf verschiedenen Sprachen einspielt und der allein im Jahr 1974 unglaubliche 19 Goldene Schallplatten in Australien, neun in Neuseeland und weitere zehn in verschiedenen Ländern Europas verliehen bekommt. Die 2001er Wiederveröffentlichung des von Quincy Jones in den sechziger Jahren produzierten Jazz-Albums "Nana Mouskouri in New York" erreicht in Deutschland Goldstatus und wird in Großbritannien mit dem HMV Award als "Best Album Of The Year" ausgezeichnet. 2002 wird Nana Mouskouri nach Stuttgart zu den jazzopen eingeladen. Der Auftritt mit der Berlin Radio Big Band wird unter dem Titel "Nana Swings" als CD und DVD veröffentlicht. Nana Mouskouri hat seit 1959 über 1350 Lieder in Deutsch, Englisch, Französisch, Griechisch, Spanisch, Italienisch sowie Japanisch, Niederländisch, Portugiesisch, Hebräisch und Welsch gesungen. Für über 200 Millionen verkaufte Tonträger in der ganzen Welt erhielt sie bisher über 300 Goldene, Platin- und Diamantene Schallplatten. [www.nanamouskouri.net]



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