www.Crossover-agm.de ANGER 77: Gruppentherapie
von Kirchberg

ANGER 77: Gruppentherapie   (Noiseworks Records)

"Unverständnis für ein Genie"

Vor dem, was da musikalisch aus Thüringen auf uns zukommt, sollten wir uns in acht nehmen. Ich will nicht sagen, daß es die neue Erfurter Schule wäre, denn dafür ist Erfurt einfach zu provinziell, doch mit Dorfschulrock hat diese Band nichts zu tun. Obwohl ANGER 77 aus einer Schulband hervorging, hat es die Band um Frontmann Sigi geschafft, den Fußspuren von Rockformationen wie PUR zeitgemäß und clever aus dem Weg zu gehen. Und so touren sie sich laut Info den Arsch zum großen Erfolg schon fast ewig ab. Sie sind in Erfurt Lokalhelden und haben es immerhin geschafft, in Thüringen zum Kreise der führenden Bands gezählt zu werden. Und das trotz mancher Umbenennungen in z.B. anger oder ancer. Die Schar der Fans riß nicht ab, und so kommen auch heute noch in Thüringens Metropolen 200-300 Leute.
Und seit kurzem kommt ANGER 77 nicht nur mit zahlreichen älteren Kassetten im Gepäck, sondern auch mit ihrer offiziellen CD. Und was "Gruppentherapie" zu bieten hat, ist fast phänomenal. Denn vom hippen Opener "Nichts ist wirklich aktuell" bis hin zum Anger-Kultsong "Vielleicht" (schon zu hören bei elf99) ist die Mischung aus Trend und Anspruch durchaus geglückt. Man wird bemerkt haben, Sigi singt deutsch. Das ist an sich nichts Besonderes, doch wenn trotz bodenständiger Texte keine bedeutungsschwangeren Gefühls- und Zustandsduseleien entstehen, die man beim zweiten Hören mitsingen kann - manchmal auch muß -, ist das schon etwas Besonderes.
ANGER 77 sucht bei dieser Produktion noch nach ihrem ureigenen Sound, aber trotzdem läßt sich hinter den 15 Songs Potential vermuten, das sie zu einer erfolgreichen (Live)band machen könnte. Denn live überzeugen ANGER 77 immer noch ammeisten. Was nicht nur daran liegt, daß ANGER-Songs trotz ihrer Hitverdächtigkeit nicht radiokompatibel scheinen, sondern daran, daß die Livepräsentation- und Präsenz der 5 Erfurter einfach überwältigend ist. Da kann aus dem geplanten Set von 15 Songs durchaus ein 2 1/2 h-Marathon werden. Doch keiner im Saal scheint es anders zu wollen. Beleg für die Livequalität ist der Titelsong der CD. Denn der ist als Mitschnitt an das Ende der Produktion gesetzt worden.
Ein besonderes Wagnis ist ANGER 77 mit dem berühmten Pankow-Klassiker "Die wundersame Geschichte von Gabi" eingegangen. Denn es geht heutzutage sehr schnell, in die Ecke des Ostrock abgeschoben zu werden. Nicht so bei ANGER 77. Zwar wurde rein songtechnisch nicht viel verändert, doch hat das Lied neue Qualitäten erhalten. Nämlich die der Neunziger. Und ganz nebenbei: Sigi hätte der würdige Nachfolger von Andre Herzberg werden können. Doch Gott sei Dank wollte er nie, kann jetzt nicht mehr, und hat mittlerweile eine bessere Band hinter und neben sich. Diese Band sollte man sich unbedingt anhören. Das ist im Herbst in Leipzig, Dresden oder Chemnitz sicher möglich. Aber beeilen sollte man sich, denn mittlerweile ist ein Majorlabel gefunden, Fury in the Slaughterhouse produziert das nächste Album und dann folgt eine große Supporttour. Und dann wird's teurer ...
Konzerttermine und CD über: Noiseworks Records, P.O. Box 310, 09028 Chemnitz oder (0361)3733901
 




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