www.Crossover-agm.de WILL'O'WISP: Unseen
von ta

WILL'O'WISP: Unseen   (Beyond...Prod.)

Philosophien, mythologische Ansätze oder Glaubenspraktiken, die jenseits des plakativen Protestsatanismus, aber auch jenseits christlicher Weltauffassung liegen, scheinen seit den 90ern bei einigen Personen aus der Metalszene reges Interesse hervorzurufen. Die Hobbymythologen Nile beispielsweise beleuchten in ihren Texten das Ägypten der Antike, Centurion kokettieren mit enochischem Gedankengut aus dem 17. Jahrhundert und Morbid Angel, einst Teil der beelzebübischen Floridaer Death Metal-Kommune, beschäftigen sich mit der sumerischen Lehre. Dieser haben sich auch Will'O'Wisp aus Rapallo angenommen. Musikalisch geht man jedoch ebenso gemäßigter als auch avantgardistischer als die genannten Combos vor. Goth-metallische Elemente und psychedelisches Keyboardspiel treffen aufeinander, scheinbar gegensätzliche Melodie- und Rhythmusarbeit wird ohne Scheu kombiniert, lieblicher und kein bisschen opernhafter Gesang auf weiblicher Seite paart sich mit extraordinärem Gesang auf männlicher Seite: Gesungen im traditionellen Sinne wird selten, lieber gesprochen, geflüstert oder gemurmelt, was in der Ausführung im elegischen "Highest Wind" enorm an Rozz Williams von den Gruselrockern Christian Death erinnert. Die Musik bleibt kontinuierlich düster und entwickelt eine sehr eigene Atmosphäre, die oftmals etwas befremdlich wirkt, woran die Keyboards großen Anteil tragen ("Through The Well"), der Durchlauf des ganzen Albums gestaltet sich interessant und progressiv: Abgesehen von den instrumentalen Intermezzi "Paatah" und "Eyes" hält kein Song, was er verspricht - und damit ist keine qualitative Einordnung gemeint, sondern eine kompositorische: Was "Unseen" bemerkenswert macht, sind die Arrangements. Wenn "Nusku" zum Beispiel als doomiger Riffrocker beginnt, plötzlich einen treibend-schrägen Rhythmus mit hypnotischen Keyboards und erzählender Flüsterstimme kombiniert, um dann wiederholt von schwelgerischen Gitarrensoli unterbrochen zu werden und schließlich auf angenehm ruhige Art und Weise zu verklingen, dabei den Fluss des Albums jedoch nicht unterbricht, würde ich mit der Zunge schnalzen, stände mir der Mund nicht offen. Die ungewöhnlichen Kompositionen - etwa "Lost In The Sands" und "Samas" - sind damit schon ob ihrer Modalitäten überaus spannungsvoll und eigen, dabei aber von jener suspekten Stimmung durchpflogen, welche sogar das ausgeprägte Nuscheln von Ermanno Argenti und seiner weiblichen Beihilfe Loredana Canepa, die bei dem auf französisch skandierten Refrain von "Night Walking (Une Sombre Chanson)" selbst ein Franzose nicht verstehen würde, unverletzbar, weil irrelevant macht. Da passen das obskure J.H.Füssli-Covergemälde und der klischeelose Bandname nur zu gut ins Bild. "Unseen" ist zu ordern bei Beyond...Prod., C.P.5057 Via Catalani, 16154 Genova, Italy oder unter www.Crossover-agm.de
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