www.Crossover-agm.de WAYD: Barriers
von ta

WAYD: Barriers   (Metal Age Productions)

Wayd kennt wohl keiner, deswegen vorweg eine Information aus der Promotionbeilage: Die slowakische Band spielt technischen Death Metal mit Jazzeinflüssen. "Super", wird sich denken, wer neben Cannibal Corpse, Cryptopsy und Death zufälligerweise auch Barney Kessel, Louis Armstrong und diverse Big Bands sein Ohr umrülpsen/-schmeicheln lässt, "Ach du Schreck" (geht auch "Herrjehminee" oder "Scheiße") solcher, der nur eins von beidem oder gar keins hört. Recht haben wird am Ende keiner. Der Death Metal reduziert sich letztendlich auf einen verhältnismäßig kleinen Anteil, der durch dreimaliges und jeweils sehr kurzes Geblaste respektive UfftaUffta-Drumming (und zwar in "Diffused in a dream", "Delights of the dusk" & "Don't turn back"), einen grunzenden Zweitsänger und gelegentliche Tremolo-Gitarrenanschläge definiert wird, während ich den Jazz-Anteil nur in dem zwei Mal auftretenden Saxophon (!), ggf. in der Beckenarbeit des Drummers entdecke und in der Tatsache, dass der Mut zum Experiment besteht. Weder abgefahrene Skalen und Modi, wilde Improvisationen oder friedliches Geswinge auf der einen (Ausnahme: das jazzig-smoothe Schlusssolo von "Don't turn back"), noch harsches Geknüppel, übermäßige Aggression, Texte über Tod und herumfliegende Körperteile sowie Hörerresultat: Blutnacken auf der anderen Seite. Statt dessen rifft sich die Gitarrenfront um Milan (gleichzeitig Sänger) und Richard über weite Strecken sehr melodisch und mal moderner, mal an traditionellen Heavy Metal angelehnt durch die Platte, wartet sogar mit erstaunlich ruhigen Soliintermezzi/-intri auf und führt den Begriff "Brett" als todesmetallisches Essenzmerkmal ein ums andere Mal ad absurdum, während Basser Drahos (gleichzeitig Sänger) seine ebenfalls sehr melodischen Basslinien gekonnt eigenständig und selten unisono mit der Gitarre, aber im Kontext immer verständlich durch die Boxen pumpt und Schlagzeuger Brano seine überwiegend Death Metal-untypischen Rhythmen tight wie ein Uhrwerk, detailreich und zumeist in Midtempogefilden in die Öffentlichkeit klopft und dabei mit originellen Rhythmuswechseln die knackigen Songs bereichert, man höre etwa die zweite Minute von "Flashbacks of freedom", dessen Text einem Gesellschaftsanalytiker bzw. Sozialphilosophen wie Bertrand Stern runtergehen dürfte wie ein Caspar David Friedrich nach dreitägigem Börsen-Daxverlauf-Studierens, oder den Übergang vom introhaften Einstieg des textlich anschaulich dargelegten "Misanthropic days" ("You lick your lips to feel/ the sadness inside all of us") zur ersten Strophe. Erstgenannter Song ist im Übrigen neben dem angedüsterten Titeltrack mein persönliches "Barriers"-Highlight, während sich unter den anderen Stücken keines explizit als qualitativer Überflieger bemerkbar macht, wobei die Saxophoneinsätze in "Mindstorm" und dem instrumentalen edit-Remake von "Esoteric suicide", "Dead horse beating" betitelt, dennoch vergleichsweise extravagant, aber nicht deplaziert daherkommen. Bis zu einem bestimmten Punkt agieren Wayd also durchaus im progressiven Bereich und haben mit "Barriers", obwohl die genannte Kategorisierung oftmals etwas anderes vermuten lässt, ein zu jedem Moment homogen dahinfließendes Album kreiert, das ohne den Blick über den Tellerrand schwer zugänglich ist (so zumindest ging es mir nach den ersten Hördurchläufen, der ich hier etwas fast vollkommen anderes erwartet hatte), sich nach der erforderlichen Auseinandersetzung aber als feines Stück modernen und harten Metals offenbart, welches genug Möglichkeiten zur Weiterentwicklung in verschiedene Richtungen besitzt. Überzeugend sind auch die Texte, welche mal eine mehr politische dann wieder soziale und schlussendlich emotionale Dimension aufweisen, das subtile Coverartwork und die zeitgemäße, aber von jeglichem Pomp befreite Produktion, die der Musik jedoch auch einen ganzen Anteil Härte und Schmutzigkeit raubt. Womit wir wieder bei den Death Metal-Klischees vom Anfang angelangt wären, was diese Rezi zu einer sprichwörtlich runden Sache macht. Eben so wie "Barriers".
PS: Die Bookletgestaltung hätte etwas kontrastreicher ausfallen können, was die Textentzifferung sehr erleichtert hätte. Hier außerdem noch die Kontaktadresse: Wayd, Richard Majer, Prostejovskà 28, 080 01 Presov, Slovakia.



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver