(Peregrina Music)

"Ich werde euch einen Zyklus schauerlicher Lieder vorsingen … Sie haben mich mehr angegriffen, als dies bei anderen der Fall war." (Franz Schubert 1827)
175 Jahre später versammeln sich unter schubertscher Flagge sechs Musiker und interpretieren den Zyklus der Winterreise aus zeitgenössischer Sicht neu. Ausgehend von der Originalpartitur erweitert jedoch das Ensemble das musikalische Erscheinungsbild instrumental sowie improvisatorisch.
Und das klingt so: Mit Gartenschlauch (!!!), Akkordeon, Vibraphon, Kontrabass, Trompete, Saxophon und Klarinette beginnt die Reise in das Deutschland des frühen 19. Jahrhunderts, in die beißende Kälte, zerborstene Landschaft und ärmlichen Stuben. Was anfangs wie ein modernes Hörspiel klingt, wandelt sich alsbald in "Die Winterreise". Grace Davidson und Jan Holbein, die Solisten, beleben die schubertschen Texte klassisch, lebhaft sauber und gekonnt.
Musikgenießer, deren Hörhorizont erst mit den Beatles beginnt, können und sollten bei der Schubertiade gewinnbringend lauschen, denn allein schon die Texte (erdacht von Wilhelm Müller (1794 - 1824)) sind von hoher sprachlicher Qualität und können mühelos bezaubern und Gedanken auf Reisen schicken - nicht zuletzt zu sich selbst.
Sie führen das moderne Gekreisch von "LOVE", "FUN" und "WINNING" ad absurdum, indem sie melancholisch, traurig, ja fast dem Suizid nahe die Heimatlosigkeit des Dichters sezieren. Der gewählte Teil des Zyklus "Winterreise" bewegt sich zwischen: "Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus".
Im "Leiermann", dem letzten Stück, ist alles durchlebt, was ein Leben bitter werden lässt: Enttäuschte Liebe: "ich such im Schnee vergebens nach ihrer Tritte Spur", Einsamkeit: "So zieh ich meine Strasse dahin mit trägem Fuß", Todessehnsucht: "Krähe, lass mich endlich seh'n, Treue bis zum Grab" und Resignation: "Keiner mag ihn hören, keiner sieht ihn an. ... Soll ich mit dir geh'n? Willst zu meinen Liedern deine Leier dreh'n?".
Die Schubertiade ist zudem ein Hörgenuss. Stimmen und Instrumente spielen sich ihre Stichworte zu und fließen geschmeidig ineinander. Mit Liebe zum Detail produziert, erklingt ein ausgewogener Sound, der jedem der Instrumente und Stimmen Respekt beweist. Es ist eine Lust sich akustisch auf diese Winterreise zu begeben.
Ein Dank an peregrina music für dieses Hörerlebnis, das mich die Winterreise, abseits vom schulischen Musikunterricht, hat neu entdecken lassen.
Kontakt: www.peregrinamusic.de

Tracklist:
1. Winterreise
2. Gute Nacht
3. Erstarrung
4. Die Wasserflut
5. Krähenflug
6. Die Krähe
7. Auf dem Flusse
8. Die Post
9. Im Dorfe
10. Einsamkeit
11. Ausschau
12. Rückblick
13. Gefrorene Tränen
14. Der Wegweiser
15. Der Leiermann

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