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V.A.: Orphaned Land & Amaseffer - Kna'an
von rls
(Century Media)
Daß das Landestheater Schwaben in Memmingen zu den einfallsreichen Bühnen des Landes zählt, ist bekannt, und Heavy-Metal-bezogene Aufführungen gab es dort mit David de Feis'/Virgin Steeles "Klytaimnestra" schon im letzten Jahrtausend. Anno 2014 stand wieder ein Projekt in dieser Richtung an, als "Heavy-Metal-Oper" deklariert. "Kanaan - Die Geschichte des Abraham" ist ein Theaterstück mit gelegentlichen musikalischen Einschüben, textlich die titelgebende Geschichte aufgreifend, die in den Mythologien aller drei nahöstlichen monotheistischen Religionen vorkommt und damit, modern gesprochen, ein Crossover-Potential entfaltet, das man nur sehen können wollen muß. Freilich waren durchaus nicht alle Stimmen zu dem Stück positiv, und das lag weniger an religiöser Borniertheit, sondern an Schwächen des Stücks selbst, die etwa der Rezensent des Magazins Die deutsche Bühne sezierte: endlose Textpassagen in Monolog- und Dialogform, wenig Bindung zwischen Musik- und Textpassagen, dazu die Musik nicht live, sondern nur als Einspiel vom Band. Da zudem die Musik zwar von Metalmusikern (mit-)komponiert worden ist, aber teilweise recht unmetallisch ausfällt, stellt die Kategorisierung als Heavy-Metal-Oper nach den Informationen, die der hier tippende Rezensent (der das Stück selbst nicht gesehen hat) konsultiert hat, wohl eher eine Mogelpackung dar.
Geraume Zeit nach den Vorstellungen in Memmingen erscheint eine 39minütige CD mit den 13 Musiknummern. Ob es sich um die im Theater verwendete Bandvariante handelt oder eine Neueinspielung erfolgte, geht aus dem Booklet des Digipacks nicht hervor, aber die allesamt mit dem Theater in Verbindung stehenden Personennennungen sowie die Illustration mit Aufführungsfotos legen erstere Option nahe. Die CD erscheint unter den beiden Bandnamen Orphaned Land und Amaseffer - Kobi Farhi als Sänger der erstgenannten und Erez Yohanan als Drummer der zweitgenannten sind die kreativen Köpfe hinter der Musik, die außer von ihnen auch noch von weiteren Orphaned-Land-Musikern eingespielt wurde, während die Schauspieler gemäß den Bookletangaben nur in zwei der Stücke ("The Burning Garden" und der Closer "Prisoners Of The Past") zu hören seien und Farhi mit seiner enorm wandlungsfähigen Stimme den Rest besorgt haben müßte, was freilich, wenn das stimmt, die Frage offen läßt, wer etwa die eindeutig weiblichen Passagen in "There Is No God For Ishma'el" beigesteuert hat. Beim Hören muß man stets im Hinterkopf behalten, daß das hier weder ein Orphaned-Land- noch ein Amaseffer-Album darstellt, um nicht mit unerfüllbaren Erwartungshaltungen heranzugehen. Es ist und bleibt ein Soundtrack, der zwar immer noch deutlich homogener als heute übliche Filmsoundtracks ausfällt, aber nicht zwingend autark funktionieren muß. Etliche der 13 Stücke besitzen eher Prä- oder Interludiumscharakter, und auch die "Hauptstücke" sind ja nicht zu dem Zweck geschrieben worden, daß sie zwingend allein existieren könnten. Es spricht für die Klasse Farhis und Yohanans, daß ihnen trotzdem einige solche gelungen sind, allen voran "The Burning Garden", das klassischen und richtig guten Gothic Metal der zweistimmigen Variante, also mit Frauengesang von Michaela Fent, bietet, und das auch auf einem der aktuelleren Orphaned-Land-Alben alles andere als deplazierte "Akeda". Naturgemäß spielen orientalische Skalen eine markante Rolle in vielen Songs, während traditionelle Instrumente weitgehend außen vor bleiben und allenfalls hier und da von Yohanan eingesampelt werden. So manche Idee hätte durchaus das Zeug, im eigenen Schaffen einer der Bands noch weiterentwickelt zu werden - ob bzw. in welchem Rahmen das geschieht, bleibt abzuwarten. In diesem Sinne hätte die "Kna'an"-CD teilweise Werkstattcharakter, aber sie ist in der Gesamtbetrachtung dann doch mehr, wenngleich man wie gesagt weder ein durchgängig stringentes Album noch die konsequente Ausrichtung am Stil einer der beiden titelgebenden Bands erwarten darf. Beachtet man das, sind die 39 in einen Digipack ohne lateinische Buchstaben, sondern nur mit hebräischen Schriftzeichen, die sicherlich als "Kna'an" oder in gewohnter Umschrift "Kanaan" zu lesen sind, gehüllten Minuten durchaus nicht uninteressant zu hören.
Kontakt: www.centurymedia.com
Tracklist:
The Holy Land Of Kna'an
The Angel Of The Lord
Naked - Sarah and Abraham
The Burning Garden - Sarah and Hagar
Naked - Abraham
A Tree Without No Fruit - Sarah
There Is No God For Ishma'el
The Vision
A Dove Without Her Wings - Hagar
The Loneliness Of Itzhak
Akeda
Fruits From Different Trees - Ishma'el and Itzhak
Prisoners Of The Past
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