www.Crossover-agm.de V.A.: Evoken/Beneath The Frozen Soil (Split-CD)
von ta

V.A.: Evoken/Beneath The Frozen Soil (Split-CD)   (I Hate)

Es gab Zeiten, da klangen Evoken auch mal anmutig und schön. Doch spätestens mit der kalten "Antithesis Of Light"-Scheibe von 2005 war Schluss mit lustig, pure Düsternis und Verdammnis hielten Einzug. "A Caress of The Void" (2007) setzte diese Linie nahtlos fort und ist nach wie vor das monolithischste Album des New-Jersey-Geisterschiffs des Funeral Doom. Die vier Neulinge, die nun drei Jahre später auf der vorliegenden Split geboten werden, reihen sich irgendwo zwischen den beiden genannten Scheiben ein: Der Sound wurde weitestgehend vom für diese Art Musik absolut perfekt produzierten Vorgänger übernommen: Tonnenschwere Drums, breite Gitarrenwände, viel Hall bei den unverzerrten Gitarren - allerdings wirkt das Ganze lange nicht mehr so komprimiert wie es auf dem Vorgänger der Fall war, d.h. die einzelnen Soundbestandteile haben mehr Raum für sich. Im Endergebnis walzen Evoken deshalb nicht mehr derart brachial alles nieder wie noch jüngst, das heißt aber nicht, dass sie zur Lieblichkeit eines Songs wie "Quietus" (vom gleichnamigen Album) zurückkehren. Atmosphäretechnisch orientieren sie sich stattdessen eher am "Antithesis ..."-Album; Verlorenheit, Dunkelheit und Kälte strahlen Evoken anno 2010 aus, auch die Komplexität der Songs ist vergleichbar mit benannter Scheibe: Weniger Wiederholungen als zuletzt, deutlich mehr Abwechslung und Dynamik - gleich im Opener "Omniscient" (völlig größenwahnsinniger Text) gibt es mehrere Laut-Leise-Wechselspielchen - und wieder mehr Keyboards. Titel Nummer zwei, "The Pleistocene Epoch" beginnt zugänglich und melodiös, gebiert aber Stück für Stück derart jenseitiges Dunkel, dass er schließlich in sich zu erstarren droht vor unnahbarer Bosheit. Da wirkt das sekundenkurze Gitarrensolo in der neunten Minute, das bei anderen Bands eine Ausgeburt des Fiesen wäre, beinahe versöhnlich. Die kränkliche Soundwand, mit welcher der Track ausklingt, ist dann wieder nicht von dieser Welt. Meinem Gefühl nach ein neuer Evoken-Klassiker.
"Vestigal Fear", der vorab auf der Myspace-Seite der Band zu hören war, kennt eh jeder halbwegs gebildete Doomster bereits. Einer der wenigen Evoken-Tracks, mit denen ich nicht 100%ig warm werde. Ich gestehe, ihn streckenweise als leicht überladen zu empfinden, zumindest die Synthiestreicherflächen hätte man m.E. zur Hälfte weglassen können - sie drohen insbesondere dem ruhigen Mittelteil einen Hauch des Kitschigen zu verleihen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Song ist dunkel und bedrohlich und von Heulsusen wie My Dying Bride oder Doom Vs. immer noch Lichtjahre entfernt. Aber nicht jedes Detail an ihm ist essenziell, und gerade Evoken leben davon, dass jeder Ton ein Kunstwerk für sich ist. Kritik auf hohem Niveau, zugegeben; und insgesamt natürlich dennoch ein intensiver Song.
Ein Instrumental hat auf einem Album von Evoken Tradition, so bietet auch diese Split eins und "Into The Primal Shrine" ist eine echte Überraschung und doch spürbar etwas Neues im Hause New Yersey. Eine beinahe romantische Grundatmosphäre (die jedoch nicht verkitscht), Riffs, die wie Epic Doom a la Candlemass auf Valium klingen, in der ersten Hälfte ein beinahe beflügelter Drumbeat - und dabei doch ein Koloss von Song, der eine bleierne Schwere transportiert, die sich über den Hörer legt und ihn in die Welt entlässt, die selbst kurz vor Weihnachten feindlich und ohne Liebe ist. First Class Doom.
Es gibt vielleicht eine Handvoll Bands, die auf einer Split mit Evoken nicht zwangsläufig den Kürzeren ziehen würde. Beneath The Frozen Soil gehören nicht dazu, sind also der Verlierer dieses musikalischen Stelldicheins und machen ihre Sache allenfalls ordentlich. "Ironlung" ist ein guter Anschlusstrack, da das Intro sound- und arrangementtechnisch ziemlicher Evoken-Klau ist (wenngleich in einer Light-Fassung). Dann folgt solider Funeral Doom mit deutlichem Hang zum Death-Doom und einigen schwarzmetallisch anmutenden Schrei-Passagen, was auch für die beiden folgenden und sehr repetitiven "Monotone ..."-Teile gilt, von denen zweiterer deutlich besser, da flotter ist. Prinzipiell fehlen dem standardisierten Gebräu aber die zündenden Ideen und eine nachhaltige Wirkung zeitigt zumindest bei mir keiner der drei vorgestellten Tracks. "Wie ein leichtes Bier nach einer Pulle Jägermeister" schrieb ein Kollege passenderweise. Und das sahen I Hate wohl genauso, denn der BTFZ-Teil dieser Split hat mit 22 Minuten Länge gleich 20 Minuten weniger Spielzeit als das Evoken-Gegenstück. Ehre, wem Ehre gebürt.
Für Evoken-Fans ist diese Quasi-EP unverzichtbar.
Kontakt: www.myspace.com/evoken, www.ihate.se

Tracklist:
Evoken
1. Omniscient
2. The Pleistocene Epoch
3. Vestigial Fears
4. Into The Primal Shrine
Beneath The Frozen Soil
5. Ironlung
6. Monotone Black I
7. Monotone Black II



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver