www.Crossover-agm.de TRIGON: Herzberg 2004/Live im Schlachthof Lahr
von ta

TRIGON: Herzberg 2004   TRIGON: Live im Schlachthof Lahr   (Eigenproduktion)

Gleich mit zwei Live-Alben bestürmen Trigon aus Karlsruhe den unschuldigen Hörer. Da sowohl stilistisch keine als auch in Sachen Playlist nicht viele Unterschiede bestehen, verzeihe man mir, dass ich die Besprechung der beiden Alben in eine einzige Rezension packe.
Was Trigon, wie Trigon? Sie bilden kleine Klanggebilde, die sie frohlockend "Heavyzenjazz" nennen. "Heavyzenjazz" bedeutet heavy. Trigon haben viele krachige Gitarren mitgebracht, die spielen Riffs und Soli und Riffs und Soli und Riffs und Soli und sind meistens der Mittelpunkt eines Songs. "Heavyzenjazz" bedeutet Zen. Warum auch immer. Orangene T-Shirts auf der Bühne, ein nacktfüßiger Bassist, Liedtitel wie "ZENsation", "TanZEN", "HeiZEN" (meine Vorschläge: "ZENeputzen", "Z.E.N. (Zwei Eherne Nacktfüße)", "MatratZENschlachtung") - einverstanden, Zen halt. "Heavyzenjazz" bedeutet angeblich auch noch Jazz. Nun, Trigon sind eine Instrumentalband, die improvisiert, aber trotzdem eindeutig Rock. Sei's drum. Trigon sind eben auch ein klein wenig Kabarett. Aber mal ehrlich: Zwei mal knapp achtzig Minuten Instrumental-Jam-Lärm-Prog-Rock wäre ohne lockeren Humor zwischendurch auch ein hartes Stück Hörarbeit. Bei Trigon kommt nämlich noch eine kompositorische Schwäche hinzu: Im Prinzip passiert jedes Lied das Gleiche. Nun, das ist auch bei genug anderen Bands der Fall, aber Trigon sind eine Band ohne Sänger, und fesselnde Musik ohne Sänger zu spielen, ist gerade auf einem Album eine Kunst für sich, die hier m.E. nur bedingt ausgeführt wird. Höhepunkte sind leider selten - genannt werden müssen die virtuosen Trompetenparts in "Coitus Trigonus Continuum" und "Aural-Verkehr in Frickelposition" -, Tiefpunkte aber auch. Trigon machen prinzipiell ganz und gar keine schlechte Musik, wissen um die Bedienung ihrer Instrumente, spielen dynamisch, tight und hart (gute Rhythmusarbeit). Die partielle Extravaganz von Harmonik, Improvisation und Sounds, die durchgängige Extravaganz von Liedtiteln und Ansagen lassen den Anspruch erkennen, aus dem Rahmen des konventionell eher ernsten Prog-Rocks zu fallen, aber dieser Anspruch wird (auf Platte) nur bedingt eingelöst.
Gut an Trigon ist: Das Fehlen von in Grund und Boden pfriemelnder Selbstverliebtheit einzelner Musiker, lockere Songs und Arrangements, eine grundsätzlich lärmige Tendenz (d.h. auch: kein differenziertes Jazz-Klangbild), der Humor, der authentische, aber saubere Live-Sound, bei dem allerdings sowohl die Fan-Reaktionen als auch einige Ansagen komplett absaufen. Konzentrationshemmend wirken die Tatsachen, dass zwei Drittel der Platte aus Gitarrensoli bestehen (keine allzu frickeligen, s.o., sondern verspielte, niedliche bis harte, fiepsige; werden gegen Ende beider CDs glücklicherweise immer mehr durch Keyboards ergänzt), dass strukturell fast alle Lieder gleich aufgebaut sind, dass also auf Abwechslung im Gesamtverlauf nicht allzuviel Wert gelegt wird. Ich würde mal behaupten, dass Trigon primär eine Live-Band sind - und auf der Bühne sind sie sicherlich ein Spektakel. Aber für eine durchgängig spannende Platte oder zwei durchgängig spannende Platten reicht es ohne den Live-Eindruck im Hinterkopf dann doch nicht, selbst bei einer Best Of-Zusammenstellung, wie ein Live-Album sie so oft markiert (und Trigon haben schon einen ganzen Stapel an Alben veröffentlicht).
Kurz, "Herzberg 2004" und "Live im Schlachthof Lahr" unterhalten, aber nicht auf hundertsechzig Minuten Distanz. Vielleicht ist dafür auch weder das eine noch das andere Album gedacht. Man sollte also meine Kritik nicht überbewerten. Es gibt andere Bands dieser Spielart und die sind schlechter und es gibt auch andere, die sind besser.
Trigon sind eine gute Band, ohne Zweifel, und nichtsdestotrotz ziehen sie einen eher bescheidenen Spannungsbogen auf Platte. "Ein kleines brachiales Machwerk" (schräg), "Coitus Trigonus Continuum" (smooth), "Verbiegt die Kontrollen zum Herz der Sonne" (kosmisch) oder "TanZEN" (schön) sind tausendmal organischer, origineller und energetischer, der sogenannte Heavyzenjazz mit viel Herzblut ist um Etliches sinnvoller und herausfordernder als Charts-Plastik. Also: www.heavyzenjazz.de besuchen oder noch besser Trigon live begutachten. Dann dürften sich einige Fragen von selbst klären. Viel Spaß dabei.

Tracklist:
HERZBERG 2004
1. Trigonometrie
2. Archaische Extasetechniken
3. Ein kleines brachiales Machwerk
4. Wenn wir dich rauchen, schreien wir
5. Peitscht das Kamel
6. Coitus Trigonus Continuum
7. Verbiegt die Kontrollen zum Herz der Sonne
8. Aural-Verkehr mit Frickelposition
9. Wunder werden billigend in Kauf genommen
10. TanZEN
11. You do fräsend
12. Tückischer Tonterror
13. Blue Time
14. Hummelflug

LIVE IM SCHLACHTHOF LAHR, 16.10.2004
1. Raff an Dörti
2. Wenn wir dich rauchen, ...
3. Peitscht das Kamel
4. Coitus ...
5. Verbiegt die Kontrollen ...
6. ZENsation
7. Auralverkehr ...
8. Wunder werden ...
9. HeiZEN
10. Dekadenz und Korruption
11. TanZEN
12. You do fräsend
13. Tückischer Tonterror
14. Blue Time
15. Hummelflug
 




www.Crossover-agm.de
© by CrossOver