www.Crossover-agm.de TAKE FOUR GUITAR QUARTET: Orient Express
von jmt

TAKE FOUR GUITAR QUARTET: Orient Express   (Ars Musici)

Das Take Four Guitar Quartet nimmt uns mit auf die Reise nach Osten, hält sich dabei aber nicht streng an die Route des historischen Orient-Express. Da ein Gitarrenquartett nicht auf eine solch klassische Tradition zurückgreifen kann wie zum Beispiel ein Streichquartett, ist die Originalliteratur überschaubar, und so sind auf der CD nahezu ausschließlich Adaptionen klassischer Werke zu hören. Los geht's gleich mit einem der gerade auch von Gitarristen unterschiedlichster Genres meistadaptierten Stücke, dem "Säbeltanz" des armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan, gefolgt von zwei weiteren Stücken aus dem Ballett "Gajaneh". Vom Kaukasus führt die Reise nach Böhmen: Die bekannte Streicherserenade E-Dur von Antonín Dvorák gehört zu meinen Lieblingsmusiken; in solch einer Fassung habe ich sie zuvor noch nie gehört und kann sagen, doch, auch als Zupfserenade klingt sie sehr nett; aus dem großen schwelgerischen Orchesterwerk wird eine hübsche filigrane Kammermusik. Unmittelbar anschließend erklingt die verhalten-in-sich-gekehrte Hebräische Melodie des jüdischen Komponisten und Violinisten Joseph Achron. Auch die drei Armenischen Volkstänze von Komitas Vardapet kommen überwiegend zartbesaitet und filigran-verspielt daher. Danach wird mit der Ungarischen Rhapsodie Nr. 2 von Franz Liszt wieder ein bekannter Schlager dargeboten. In der Jazz-Suite Nr. 1 von Dmitri Schostakowitsch ziehen die Musiker alle spieltechnischen Register, um die oftmals schrägen Harmonien durch vielfältigste Klänge besonders ausdrucksvoll zu gestalten. Das Divertimento des bulgarischen Gitarristen und Komponisten Atanas Ourkouzounov ist die einzige Originalkomposition für Gitarrenquartett und auch das einzige Werk eines zeitgenössischen Komponisten auf vorliegender CD. Der nicht nur gespielte, sondern auch mehrstimmig gesungene Klassiker "Schöner Gigolo, armer Gigolo" von Leonello Casucci beschließt die Reise. Alles in allem ist die CD schön anzuhören und hält für Liebhaber der klassischen Gitarre einige Entdeckungen bereit. Leider ist der Booklettext sehr oberflächlich gehalten. Man erfährt, dass die vier befreundeten Musiker allesamt Meisterschüler bei Alberto Ponce in Paris waren und seit 1998 mit unterschiedlichen, abwechslungsreichen Programmen die klangliche Vielfalt der Gitarre lebendig werden lassen. Man erfährt weiterhin, dass die Arrangements für vier Gitarren größtenteils von Luc Vander Borght stammen. Gerade aber über die unbekannteren Komponisten und ihre Werke hätte man sich mehr Informationen gewünscht. Etwas über das bewegte Leben von Joseph Achron zu erfahren, darüber, dass er seine Hebräische Melodie komponierte, nachdem er 1911 der "Gesellschaft für jüdische Volksmusik" beigetreten war, oder dass der armenische Priester, Sänger, Komponist und Musikwissenschaftler Komitas Vardapet hunderte dörflicher Volkslieder und -tänze gesammelt und notiert hat, mithin als Retter des armenischen musikalischen Erbes gilt und 1915 selbst nur knapp dem Genozid entging, hätte das Booklet für mich lesenswert gemacht.
Kontakt: www.takefour.eu, www.membran.net

Tracklist:
Aram Chatschaturjan: Säbeltanz, Wiegenlied und Tanz der Rosenmädchen aus dem Ballett "Gayaneh"
Antonín Dvorák: Moderato, Tempo di Valse und Finale-Allegro vivace aus der Serenade E-Dur op. 22
Joseph Achron: Hebräische Melodie
Komitas Vardapet: Armenische Volkstänze Chouchiki, Noubar-Noubar und Vararchabad
Franz Liszt: Ungarische Rhapsodie Nr. 2
Dmitri Schostakowitsch: Foxtrot (Blues), Waltz und Polka aus der Jazz-Suite Nr. 1
Atanas Ourkouzounov: Divertimento
Leonello Casucci: Schöner Gigolo, armer Gigolo





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