www.Crossover-agm.de SEWERNIJE WRATA: Rawnowesije
von rls

SEWERNIJE WRATA: Rawnowesije   (Jet Noise Records/Mystery)

Das Nördliche Tor - so die Übersetzung des Bandnamens - erhebt sich in Rußland, und mit "Rawnowesije" liegt das vierte Album dieser Band vor, die sich einer im heutigen Rußland durchaus sehr beliebten Spielart des Metal widmet, nämlich dem, was man gemeinhin unter "Pagan Metal" zusammenzufassen geneigt ist. Zusammengesetzt ist diese Mixtur im Falle der russischen Band aus traditionellem Metal, jeweils einer Prise Death und Black Metal, etwas Folk, ein wenig klassischer Musik und einem gewissen Hymnenfaktor. Das trifft heutzutage auch auf geschätzt 3462 andere Bands zu (immerhin brachten die Kollegen vom Legacy im Frühjahr 2007 gleich ein komplettes 160seitiges Sonderheft namens "Pagan Fire" heraus, das nur mit solcherart Kapellen gefüllt war, die freilich das erwähnte Mischungsverhältnis alle ein wenig unterschiedlich ansetzen), und so richtige Eigenständigkeit können die Russen daher nicht für sich beanspruchen. Allerdings sind sie auch keine trendigen Mitläufer, denn das erste Album datiert bereits aus dem Jahr 2000 und soll laut dem Eintrag im Riermaierschen Osteuropa-Buch lediglich noch etwas weniger tempolastig ausgefallen sein. Die acht Songs auf "Rawnowesije" nun halten sich von wildem Geknüppel auch fern, aber Trommler Wladislaw Salkewitsch geruht schon immer mal auf Speedtempo umzuschalten, wie gleich der Opener "Burelom" deutlich macht, wenngleich es auch nach wie vor reine Midtempostampfer wie etwa "Njebjesja" zu verzeichnen gibt. Von der Melodik her fühlt man sich in diesem Song mitunter an die finnischen Nachbarn von Children Of Bodom erinnert, während "Burelom" und diverse andere Songs als Haupteinfluß für die melodische Gestaltung eher die Schweden Mithotyn vermuten lassen. Von denen haben Sewernije Wrata auch die Neigung zu hymnischen Refrains übernommen, die sie im Gegensatz zu ihnen allerdings nicht mit mächtigen Chören ausstatten. Dafür setzt der russische Sänger bisweilen auch seine normale Singstimme ein (ansonsten wechselt er zwischen verschiedenartigen rauheren Artikulationen tieferen wie grelleren Zuschnitts, ohne aber irgendwelche Extreme auszuloten), die allerdings keine heroischen Klargesänge hervorbringt, sondern bisweilen fast einen sprechgesangsartigen Duktus annimmt. Besagter Mensch scheint auch der Chefdenker der Band zu sein - er hat auch die Lyrics (welchselbige komplett in Russisch gehalten sind und den kundigen Leser in Geschichten aus vergangener Zeit zurückführen) sowie gute Teile der Musik geschrieben und spielte außerdem noch fast alle Gitarren ein. Angesprochen werden möchte er mit Alexander Newski, und die Vermutung liegt nahe, daß es sich dabei um ein Pseudonym handelt. Einerseits war Alexander Newski bekanntlich derjenige Heerführer, der anno 1242 das Vordringen der Deutschordensritter im Ostbaltikum in der Schlacht auf dem Eis des Peipussees stoppte, andererseits gibt Riermaiers Lexikon in der Besetzungsliste an der Position von Gitarre und Gesang noch einen Alexander Wladimirow an, so daß die Vermutung naheliegt, daß Alexander das Debütalbum "Otschisna" (das ich nicht besitze) noch unter seinem bürgerlichen Namen eingespielt hat und ab dem zweiten Album "Na Woinu" (das ich besitze) dann unter dem Pseudonym Alexander Newski agierte (natürlich besteht auch noch die Möglichkeit, daß es sich tatsächlich um zwei verschiedene Personen handelt, was dann bedeuten würde, daß Bassist Nikita Parschikow der einzige Überlebende aus der Urbesetzung der Band ist). Witzigerweise tragen Alexander und Nikita auf dem Bandfoto im Booklet exakt den gleichen Bartschnitt, sehen nur alterstechnisch so unterschiedlich aus, daß Nikita fast als Alexanders Vater durchgehen würde. Aber wir wollen uns hier keinen genealogischen Thesen hingeben, sondern die Musik betrachten, und die ist über die leider nur 32 Minuten Albumdistanz ausgesprochen interessant ausgefallen - wenn man eben nicht schon 3462 andere Bands ähnlicher Stilrichtung in der Sammlung stehen hat, denn aus der Masse heben sich Sewernije Wrata allenfalls qualitativ, nicht aber stilistisch heraus. Die acht Songs machen jedenfalls von der ersten bis zur letzten Minute jede Menge Hörspaß, auch die Produktion genügt internationalen Ansprüchen ohne Abstriche (Mix und Mastering haben Sewernje Wrata schon beim erwähnten Zweitling und auch hier auf dem Viertling in Finnland erledigen lassen, allerdings nicht im vielstrapazierten Finnvox, sondern im Astia bzw. im Sonic House). Über sieben Songs hinweg gibt es die erwähnte metallische Mischung, der auch noch ein klein wenig Bathory aus der "Hammerheart"-Ära (höre besonders das Intro von "Karelija") und eine Prise Finntroll ("Sudba Wolchwa") beigemengt wurden, der achte Song ist ein sanftes Akustikgitarreninstrumental, für dessen Namensgebung die Kreativität nicht mehr ausgereicht hat, da sie offenbar schon komplett in der Musik (die in diesem Falle durchaus an frühe Amorphis-Instrumentals reminisziert) verbraten worden ist. So richtig herausstechen kann keiner der Songs, aber alle befinden sich generell auf einem hohen bis sehr hohen Niveau, und somit steht einer Erwerbsempfehlung trotz der unerquicklichen Kürze nichts im Wege. Da www.metalglory.de ihren Shop geschlossen haben, muß man sich anderweitig umtun, wo man die CD hierzulande herbekommen kann (ich habe sie mir selber aus Rußland mitgebracht).
Kontakt: www.severnievrata.com

Tracklist:
Burelom
Rawnowesije
Njebjesja
Karelija
Sudba Wolchwa
Sumerki
W Stremenjach
Instrumental



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