www.Crossover-agm.de SCHWEINSTEIGER: Schweinsteiger
von rls

SCHWEINSTEIGER: Schweinsteiger   (Eigenproduktion)

Nanu, hat sich Bastian S. auf die Spuren Ruud Gullits begeben? Wir erinnern uns: Der Kapitän der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft war nebenbei auch Fronter einer Reggaeband und spielte mit selbiger u.a. anno 1988 im Hilton-Hotel in München zur feierlichen Sause, als die Elftal ihren ersten und bisher einzigen großen internationalen Titel, nämlich den Europameistertitel ebenjenes Jahres, errungen hatte. Aber nein: Die Mitglieder der Band Schweinsteiger heißen Johnny (Gesang), Danny (Gitarre), Joris (Gitarre), Bob (Baß) und Peer (Schlagzeug), und es ist, soweit man das auf den diversen Fotos im Netz erkennen kann, auch keiner dabei, der Bastian S. so ähnlich sieht, daß man zwingend ein Inkognito-Agieren des ManU-Bajuwaren vermuten müßte. Interessanterweise kommen Schweinsteiger allerdings weder aus Bayern noch aus Mittelengland, sondern - Ironie des geschichtlichen und sportlichen Schicksals - aus Eindhoven, welchselbiges bekanntlich in einem Land liegt, mit dessen Nationalteam die deutsche Mannschaft eine Art Dauerrivalität verbindet (und für das der besagte Ruud Gullit aktiv war ...). Und so ganz nebenbei bemerkt wäre die Musik dieser Band auch denkbar ungeeignet, um etwa die Siegesfeier der deutschen WM-Helden am Zuckerhut zu untermalen - eher könnte man sich vorstellen, daß die Brasilianer sie nach ihrer 1:7-Pleite im Halbfinale hätten gebrauchen können (oder alternativ die Elftal-Landsleute nach dem nicht ganz so brutalen Aus im anderen Halbfinale gegen Argentinien), wobei das wiederum logistische Schwierigkeiten hervorgerufen hätte: Die vorliegende Debüt-EP Schweinsteigers ist nämlich erst im November 2014 erschienen - ob wiederum als Reaktion aufs Halbfinalaus der Elftal, konnte bisher nicht ergründet werden. Drei Songs bringen es auf summiert knappe 23 Minuten Spielzeit, und kurioserweise sind sie alle über sieben, aber unter acht Minuten lang - ob da ein Konzept dahintersteckt, bleibt für die Zukunft auf weiteren Tonträgern der Band zu prüfen. Im Opener "Needle" dauert es allerdings erstmal knappe vier Minuten, bis Johnny zu singen beginnt, und er artikuliert sich in einer sehr verzweifelt kreischenden, mittelhohen Weise, wobei er interessanterweise ziemlich weit in den Hintergrund gemischt worden ist. Seine vier Instrumentenkollegen erzeugen dazu, wie man anhand obenstehender Beschreibung vielleicht bereits vermutet hat, Doom Metal der mäßig finsteren Art, also langsam und schleppend, aber nicht extrem schleichend, also von der Stimmung her eher zum "normalen" Ausscheiden der Elftal als zur Zertrümmerung der Brasilianer passend. Gelegentlich setzen Akustikparts Akzente, aber auch die metallischen Passagen atmen nicht die pure Verzweiflung, jedenfalls instrumentenseitig nicht - diese Rolle bleibt scheinbar dem Gesang vorbehalten, aber vielleicht auch wieder nicht, denn sonst wäre er vielleicht etwas weiter in den Vordergrund gemischt worden (die Soundverhältnisse sind sonst sehr ausgeglichen, die Gesangspositionierung dürfte also Absicht sein). Natürlich bleibt "Schweinsteiger" in erster Linie für Doomfans interessant, aber für den Geschmack einiger dürfte diese EP in diesem Kontext noch viel zu harmlos sein. Aber es war sicherlich nicht Schweinsteigers Absicht, neue Rekorde im Ausloten von Abgründen aufzustellen, und so findet sich ihr Fanpotential irgendwo in der Schnittmenge der frühen Cathedral, der frühen Crowbar, der frühen Katatonia und der frühen Paradise Lost. Im Kontext des gewählten Genres variieren sie auch das Tempo geschickt, und "Waterbound" verdeutlicht zudem ihr Können, wenn es an das Einbinden einer Melodiegitarre über dem Riffing geht, wobei der Gitarrenton gerade hier die frühen Paradise Lost in Gestalt von Gregor Mackintosh ins Gedächtnis ruft. Jeder der drei Songs hat sein Alleinstellungsmerkmal - "Needle" das lange instrumentale Intro, "Worldeater" den verzweifelten Kurzrefrain und "Waterbound" die höchste Dichte an Akustikparts und ebenjene Leadgitarre. So ist's denn auch kein Problem, daß keine allzu individuelle Songidee verbraten wurde, was im Doombereich, wo es mehr auf den Stimmungstransport ankommt, sowieso schwer ist. Ein guter Anfang ist jedenfalls gemacht, und wer diesen selber testen will, hat unter untenstehendem Link die Möglichkeit, sich die drei Songs zu einem selbst wählbaren Preis downzuloaden (ob es auch einen physischen Tonträger gibt, ist dem Rezensenten nicht bekannt).
Kontakt: http://schweinsteiger.bandcamp.com/releases

Tracklist:
Needle
Worldeater
Waterbound
 



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