www.Crossover-agm.de SCHATTENTANTZ: Galgenfrist
von ta

SCHATTENTANTZ: Galgenfrist   (Eigenproduktion)

In der zweiten Hälfte der Neunziger des vergangenen Jahrhunderts mit der Intention, mittelalterliche Klänge mit moderner Rockmusik zu kombinieren, gegründeten Bands haftet oft ein prekäres Merkmal an, sei dies nun aus kommerziellem Kalkül bewusst angelegt, aus fanatischer Verehrung übernommen oder aber Resultat eines um Experimente recht verlegenen Genres: Sie klingen entweder nach In Extremo oder nach (alten) Subway To Sally. Die 1999 gegründete Formation Schattentantz ist anders. Sie klingt nach In Extremo und Subway To Sally. "... Welches kein Unbillen erregen mag" kann sich der geneigte Mittelalterrockspezialist denken. Ich, weniger bewandert um Kenntnisse vom Spielmanns(un-)leben und mittelalterlichem Dasein prinzipiell, denke mir das Gleiche. Schließlich bringen Schattentantz genug Stil, Herzblut (was jetzt nicht als Anspielung auf die gleichnamige Subway To Sally-Platte verstanden weden soll) und eigene Kreativität mit, um nicht als bloßes Plagiat bekannter Genrevertreter abgestempelt werden zu können. Sänger Aaron Awerkin zum Beispiel, der mit jugendlicher und ungekünstelter Stimme sehr authentisch wirkt (hier spricht selbstverständlich der Laie). Oder aber das imposante Line Up, das neben diversen geschichtsträchtigen Schlag- und Blasinstrumenten sowie der Rockinstrumentierung um Gitarren, Bass und Schlagzeug auch einen Cellisten führt. Oder auch vollkommen ohne Gesang dargebotene Intermezzi mit metaphorischem Charakter ("Winterszeit", "Im Lentz"). Oder aber deren Pendant: Instrumentlose Vokalintermezzi (in Auszügen "Ouwe", "Galgenfrist"). Natürlich sind da auch noch "richtige" Songs: "Die Hexe" etwa. Textlich eine beißend sarkastische Ballade um inquisitorische "Hexen"-Jagd, musikalisch mit Gitarrenbrett, Doublebassdrums und hörspielartigen Sequenzen unterlegter Mittelaltersound, der rhythmisch partiell gar nicht mal soo leicht zu durchschauen ist. In dieselbe Kerbe hauen "Bauernknecht", "Ein Blatt im Wind" und "Cernunnos". Letztgenanntes ist im Übrigen ein ebenso intelligentes wie originelles Bekenntnis zum Pazifismus. Bemerkenswerte Nuancen machen "Düsterschiff" zu einem kleinen Experiment. Meeresflutsamples und eine ganz und gar unmittelalterliche, dunkle Stimmung in den Strophen werden gekreuzt mit der gewohnten Refrainarrangierung, was nur etwa ungefähr so gut passt wie Erdbeereis zu sauren Gurken und den Charakter des Liedes ein wenig beschneidet. Wie im Genre üblich haben auch Schattentantz traditionelles Liedgut übernommen und adaptiert, der Mammutteil der Musik stammt jedoch von der Band, die mit "Galgenfrist" ihr Debüt veröffentlicht - und zwar im Einundzwanzigsten Jahrhundert. Zeitgemäß ist auch die klare und druckvolle Produktion, die jedem Instrument Spielraum zur freien Entfaltung lässt. "Galgenfrist" ist nicht das Maß aller Dinge im entsprechenden Bereich, bietet aber hinreichend Nährboden für eine Entwicklung zu noch mehr Eigenständigkeit und noch etwas packenderen Songs. Das richtige Publikum dürfte mit diesem Album bestens bedient sein. "Das kleine Volk versammelt sich zum Schattentantz" heißt es in der Ballade "Schattentantz". Nun denn ...
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