www.Crossover-agm.de ROOT DECO: Crystal Pool
von rls

ROOT DECO: Crystal Pool   (Eigenproduktion/Stone Premonitions)

Es gab Zeiten, da brauchte man für eine Rockband mindestens drei Leute: einen Gitarristen, einen Bassisten und einen Schlagzeuger - und wenn man keine Instrumentalband haben wollte, mußte mindestens einer der drei auch noch den Gesang übernehmen. In den jüngeren Jahrzehnten allerdings wurde dieser Grundsatz nicht selten durchbrochen, und wir reden dabei nicht von Studio-Soloprojekten, wo der Einzelkämpfer einfach nacheinander alle nötigen Spuren einspielt und dann mixt, sondern von Bands, die in Unter-Trio-Besetzung auch live spielen und zudem darauf verzichten, die nicht vorhandenen Komponenten von Gastmusikern menschlicher oder computerisierter Sorte beisteuern zu lassen. Etliche Duos sind in jüngerer Zeit bekannt geworden, und auch Root Deco arbeiten nur zu zweit: Paul Johnson sitzt am Schlagzeug, Larry Vilchek spielt Gitarre, den Gesang teilen sich die beiden, und einer spielt ab und zu noch Mundharmonika. Da Vilchek allerdings eine zweihälsige Gitarre bedient und der obere Hals auch noch eine Zwölfsaitengitarre beheimatet, entsteht von dieser Seite her eine gewisse Klangvielfalt, und in vier der zwölf Songs von "Crystal Pool" holen sich die beiden dann doch noch Unterstützung durch einen Gastbassisten. Stilistisch siedeln Vilcheks Kompositionen im Sechziger-Rock; Vergleiche mit den Yardbirds sind nicht nur einmal im Pressematerial zu lesen, wobei sich allerdings auch ganz anders angelegte Songs finden: "Good News Today!" etwa hobelt in nicht mal zwei Minuten flotten Country-Rock herunter, und "What's With You?" steckt knietief im klassischen Bluesschema, ähnlich wie "Little Black Book", bei dem man sich verwundert fragt, ob das wirklich kein alter Bluesstandard ist. Zehn der Songs sind Eigenkompositionen, dazu kommen "Deserted Cities Of The Heart", eine Kollaboration von Peter Constantine Brown und Ex-Cream-Mitglied Jack Bruce, sowie "Someday We're Gonna Love Again" von Sharon McMahan. Summiert kommt das Material auf 36 Minuten Spielzeit - ein Ausdruck der Beschränkung der Arrangements auf das Wesentliche, wie man ihn eben auch aus den Sechzigern kennt, wo freilich die Songs live dann als Vorlagen für urlange Improvisationen genutzt wurden. Wie Root Deco das handhaben, kann der Rezensent mangels bisheriger Liveeindrücke nicht näher ausführen, aber geeignet für längere Soloausflüge wäre das Material theoretisch durchaus, wenngleich man natürlich einschränkend bemerken muß, daß bei nur zwei Instrumentalisten die Möglichkeiten im Rockkontext hier beschränkter sind als bei dreien. Aber das Motto Root Decos heißt nicht umsonst "Strange songs for strange times", da kommt es auf eine Merkwürdigkeit mehr nicht an. Und offensichtlich mögen viele Hörer den Stoff des Duos, denn "Crystal Pool" ist bereits das sechste Album von Johnson und Vilchek - die anderen fünf werden im Inneren des rückenlosen Digipacks, in dem "Crystal Pool" erschienen ist, ebenfalls vorgestellt, wobei interessanterweise das Cover ohne Nennung des Bandnamens auskommt (sieht man von der Bassdrum ab), aber dafür die beiden Protagonisten vor knallbunten Psychedelicwelten zeigt, so daß auch dem Uneingeweihten klar sein kann, was ihn hier musikalisch erwartet. Das wird sicherlich nicht jeder Hörer mögen, aber im Zuge des derzeitigen Hypes um räudig produzierten Siebziger-Polterrock könnten Root Deco vielleicht auch ein paar Anhänger mit abgreifen, die mehr Wert auf Sein statt Schein legen. Und in der Bandfamilie auf Stone Premonitions mit ihrer wurzeldominierten Herangehensweise sind sie jedenfalls prima aufgehoben.
Kontakt: www.rootdeco.com, http://aural-innovations.com/stonepremonitions/

Tracklist:
Tough Night
Dead By Morning
Good News Today!
Cool Down
Deserted Cities Of The Heart
Big Parade
What's With You?
S.O.S. (Different Day)
Doctor
Little Black Book
Nightlight
Someday We're Gonna Love Again
 




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