www.Crossover-agm.de REVERORUM IB MALACHT: Urkaos/De Mysteriis Dom. Christi
von ta

REVERORUM IB MALACHT: Urkaos   REVERORUM IB MALACHT: De Mysteriis Dom. Christi   (The Ajna Offensive)

Die Entwicklung von Reverorum Ib Malacht weist einige interessante Winkelzüge auf. Da wäre die Entwicklungslinie vom Saulus zum Paulus, die ich hier mal naiv so wiedergebe, wie es in diversen Interviews behauptet wird. Emil Lundin und Mikael Mårtensson, die beiden Köpfe dieser Band, waren ab 2004 Mitglieder von Ofermod, also einer Vorzeigeband des orthodox-satanischen Black Metals. Um 2005/2006 herum entdeckte Lundin während eines Linguistikstudiums seine Liebe zu alten katholischen Texten und begann, diese in Form einer eigenen Band, Reverorum Ib Malacht, zu verbraten. Anfangs noch in blasphemischer Absicht unterwegs, war der seinerzeit 21-Jährige im Jahr 2006 immerhin schon soweit, dass er in diesen Texten universelle Wahrheiten zu sehen glaubte, woraufhin ihm bei Ofermod die Ausgangstür gezeigt wurde. Im Jahr 2009 konvertierten Lundin und sein Sidekick Mårtensson dann offiziell zum Katholizismus. "Urkaos", das erste Full-Length-Album der Band, gibt den geistigen Stand Lundins 2006 wieder (wurde aber erst 2011 veröffentlicht), der genial-unverschämt betitelte Zweitling "De Mysteriis Dom. Christi" den Stand 2014.
Da wäre außerdem die Entwicklungslinie vom Traditionalisten zum Experimentierer. Muten Ofermod gegenüber "Urkaos" schon recht konservativ an, sind sie gegenüber "De Mysteriis Dom. Christi" geradezu bieder. Reverorum Ib Malacht gehören im Black Metal auf eine Experimentierstufe mit Bands wie Dødheimsgard und späten Abigor. Und klingen doch völlig anders.
Tradition hin oder her, die musikalische Sozialisation über Ofermod und die schwedische Szene hat Reverorum Ib Malacht gut getan. Denn sie haben dadurch im Gegensatz zu Myriaden an christlichen Black-Metal-Kitsch-Rohrkrepierern ein exzellentes Gespür für Dunkelheit entwickelt. Beide hier besprochenen Alben sind atmosphärisch dicht gewebt. Während "Urkaos" sich dabei - bei aller Eigenständigkeit - noch näher an der Tradition bewegt, ist "De Mysteriis Dom. Christi" zu locker 50% im Ultradark Ambient anzusiedeln. Lange Spoken-Words-Passagen, Noise-Teppiche, undefinierbares Wabern, Knistern und Brummen, die Atmosphäre ist furchteinflössend, beklemmend und beschwörerisch.
Das passt. Denn "Die Mysterien des Herren Christi" sind - auch darin unterscheiden sich Reverorum Ib Malacht von vielen christlichen Schwarzwurzeln - kein reiner Lobpreis, sondern schließen an spätantike und frühmittelalterliche Traditionen wie die Mystik an, an verschrobene Texte in Sprachen, die heute kein Mensch mehr spricht, und an abstrakte Konzepte wie das Nichts und das Tohuwabohu. Die Vortragsart erinnert dabei an liturgische Texte. Es wird meistens schon irgendwie sowas wie gesungen, nicht gekreischt (wobei auch das vorkommt), aber die "Melodie" besteht dann, ähnlich dem Rezitativ, aus einem einzigen Ton.
Einen sehr wichtigen Anteil an der entrückten Atmosphäre trägt die Abmischung: Was viele Hörer*innen vermutlich einfach unter "Lo-Fi" abspeichern würden, hat hier Prinzip. Die Gitarren auf "Urkaos" klingen vom Sound her eher wie Keyboards, auch wenn man an den schnellen Anschlägen hört, dass es Gitarren sind. Punch oder Distortion - Fehlanzeige. Auf "De Mysteriis Dom. Christi" ist fraglich, ob überhaupt mal Gitarren zu hören sind. Wenn, dann sind sie so leise abgemischt, dass sie Teil des allgemeinen Soundteppichs geworden sind, den der kathedralenartige Hall auf allen Instrumenten bewirkt. Relativ vordergründig wird dagegen das meistens mittelschnell blastende Schlagzeug behandelt. Zusammen mit der Harmonieführung der Riffs liegt hier der Anschlusspunkt für den gemeinen Black-Metaller.
Das Geniale ist, dass alle Elemente - Konzept, Musik, Atmosphäre, Sound - so gut zusammengehen, dass beide Alben niemals gewollt avantgardistisch wirken, auch wenn sie avantgardistisch sind, "De Mysteriis Dom. Christi" mehr noch als "Urkaos" (das mitunter an die - ebenfalls hervorragenden - Manes zu Zeiten von "Under Ein Blodraud Maane" erinnert).
Kauzig ist die Veröffentlichungspolitik. Beide Alben existieren in verschiedenen Fassungen von LP über CD bis Tape, die je eine völlig unterschiedliche Tracklist aufweisen. Die Angaben unter dieser Rezension basieren auf den CD-Fassungen. Während "De Mysteriis Dom. Christi" in gut sortierten Online-Shops wie Iron Bonehead noch zu kriegen ist, ist die schmalbrüstige 300er-Auflage von "Urkaos" komplett vergriffen und Lundin zufolge eine Nachpressung auch nicht geplant.
Wie dem auch sei: Wer eins dieser Meisterstücke ausgefallenen Mehr-oder-weniger-Black-Metals irgendwo findet, sollte unbedingt zuschlagen.
Kontakt: https://myspace.com/malachtofficial, www.theajnaoffensive.com

Tracklist:
"Urkaos"
1. Credamus
2. In Blando Xpi Sibilo
3. Ecclesia's Call
4. Ecclesia's Call
5. Sermon Below The Mount
6. Omen
7. The Lord Is...
8. The Lord Is...
9. URKAOS
10. (noaudio)
11. Untitled

"De Mysteriis Dom. Christi"
1. Credo
2. Domini Est Terra
3. Bre'shith
4. The Chaos Was Created Out Of Nothing
5. Voûtós-estin O-yiós-mou
6. Nwthänthidh
7. Säle ärwandelikefatighe
8. O Ignee Spiritus
9. Sela
10. Wayhibinsoa'
11. Hwar Christen Människia / Wayyeshæ
 




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