www.Crossover-agm.de THE RABBIT'S HAT: Outsiders / Pierce The Dark
von rls

THE RABBIT'S HAT: Outsiders   (Stone Premonitions)

Keine Ahnung, was am Hut von Bassist Rabbit so Besonderes ist, daß man die Band unbedingt nach ihm benennen mußte. "Pierce The Dark" geizt mit einem eventuell Aufschluß geben könnenden Bandfoto, und auf "Outsiders" wirkt ein Bassist namens Rob Kirtley mit, der auf den Fotos aber keinen Hut trägt. Statt dessen sticht Drummer Norm Emerson mit einer kultigen Schapka hervor. The Rabbit's Hat dürften eine extrem produktive Band sein, denn außer den beiden hier reviewten CDs zählt das Labelinfo noch zehn (!) weitere Alben auf, allerdings ohne Angabe des Veröffentlichungszeitraumes. Aber die hinter dem Label steckende Familie scheint sowieso fast rastlos zu arbeiten. Die beiden Häuptlinge Tim Jones und Terri B. haben noch eine Zweitband namens Body Full Of Stars, und Soloalben existieren von beiden auch schon. Tim und Terri zeichnen im Falle The Rabbit's Hat für das komplette Songwriting verantwortlich, lediglich die Lyrics steuerte Tony Morland bei, der ansonsten kein festes Bandmitglied zu sein scheint (auch nicht grade 'ne typische Konstellation). Morlands Texte strotzen vor Metaphern, die den Nichtenglischmuttersprachler permanent zur Verzweiflung treiben, und sollten eine Fundgrube für denjenigen sein, der einerseits Shakespeare und Sir Walter Scott bevorzugt originalsprachlich liest, andererseits aber ein bis zwei Adern für, ich sag' mal erdverbundene, aber trotzdem oder gerade deshalb vergeistigte Poesie hat. Hört sich verrückt an? Ist es in gewisser Weise auch, man braucht nur mal aufs Cover von "Outsiders" zu sehen, darüber könnten Religions- UND Altertumswissenschaftler stundenlang dozieren. Tüpfelchen auf dem i ist das Pentagramm, hier richtig herum stehend und damit den alten keltischen Drudenfuß symbolisierend. Der Opener "Earth/Man" erinnert mich irgendwie an Dylans "Father Of Day, Father Of Night", der das Stilmittel der mit "Father of ..." beginnenden Aufzählung hier mit "Crowded ..." und später in "Evilution" mit "There are ..." wiederfindet, auch musikalisch ein wenig ähnlich umgesetzt wurde. Diese musikalischen Parallelen erstrecken sich aber nicht weiter, statt dessen kommen diverse Genesis-Influenzen herangeschwebt (daran ist die Stimme von Tim Jones nicht unschuldig, denn der Anfang von "Evilution" hätte durchaus auch von Phil Collins eingesungen sein können), Yes' "Talk"-Phase taugt als Inspirationsgeber auch, doch am stärksten kommt die Beeinflussung durch Talk Talks "Spirit Of Eden" durch. Ähnlich wie diese sind auch The Rabbit's Hat "progressiv" im ursprünglichen Sinne des Wortes, denn sie nehmen sich das, was sie zu brauchen glauben, um einen eigenständigen Sound zu fabrizieren und diesen entsprechend fortzuentwickeln. Ich kenne die anderen zehn Platten bisher nicht, kann mir aber vorstellen, daß The Rabbit's Hat sich einen gewissen Rahmen erbaut haben, aus dem sie nicht ausbrechen, daß sie indes innerhalb dieses Rahmens hin und her lavieren, wie es ihnen gerade Spaß macht. Weiblich gehauchte "Uhuhuh"-Backings über afrikanischen Percussionelementen, gekoppelt mit einer entrückten E-Gitarre und einem ganz simplen Über-die-Saiten-einer-Akustikgitarre-Streichen sind da nichts Ungewöhnliches, sondern Normalität (exemplarisch: "Hydra"). "How Did The Lady Die" ist gar hitverdächtig - nicht daß der Song so ausgelegt wäre, aber er bleibt einfach leichter haften als die anderen, was auf die titelgebende Shout-Zeile zurückzuführen sein könnte. Die zurückhaltenden Gitarrenklänge in "Wrap Me In Your Skin" können einfach nur noch als schön bezeichnet werden, und bei der "Ménage À Trois" innewohnenden Textzeile "With the mandrake and the rose" fällt mir ganz plötzlich ein ähnlich betitelter Deep Purple-Track ein, der The Rabbit's Hat insgesamt ein paar ausrichtungstechnische Ideen geliehen hat. "Outsiders" sind The Rabbit's Hat offenbar nur, weil sie keine Lobby haben, aus musikalischen Gründen allerdings weniger.

THE RABBIT'S HAT: Pierce The Dark

Ob sie es mit der zweitgenannten Scheibe schaffen, die Dunkelheit zu durchbohren? Der Opener "Immaculate Deception" stößt mir mit seiner undifferenzierten Religionskritik erstmal etwas sauer auf, aber ansonsten hat sich lyrisch nicht viel geändert, und der Abschlußtrack "Omaira" bekommt gar das Prädikat "Extrem wertvoll", da er das Vor-den-Augen-der-Weltöffentlichkeit-Sterben der 13jährigen Omaira Sanchez, die bei einem Erdrutsch in Kolumbien bis zum Hals in einer Erdgrube verschüttet wurde und mangels Technik nicht gerettet werden konnte, aber dafür während der 60 Stunden bis zu ihrem Tod per TV um die Welt gereicht wurde, kritisch beleuchtet. Musikalisch ist "Pierce The Dark" phasenweise etwas ruhiger ausgefallen als "Outsiders", allerdings an anderen Stellen auch druckvoller, auch von der Melodik her etwas orientalischer und insgesamt noch abwechslungsreicher, wobei allerdings der selbstgesteckte Rahmen nie durchbrochen wird, Rock'n'Roll-Untertöne in "We Got Rot" hin oder her. Ansonsten hat sich wie gesagt im Mikrokosmos von The Rabbit's Hat nicht allzuviel geändert, außer daß Gitarrist Martin Holder nicht mehr dabei ist und Tim Jones nun allein für die Sechssaitige verantwortlich zeichnet. Und das erledigt er sehr kompetent (die Gitarrenarbeit beider Releases unterscheidet sich nur marginal). "Dead Starfish" ist ein Exempel dafür, was Dice (sich) leisten könnten, wenn sie statt Gras Pilze rauchen würden, und die Genesis-Parallelen haben sich in mehreren Songs noch etwas verstärkt. Dazu kommt diesmal ein nicht zu leugnender Led Zeppelin-Einfluß ("Baird, My Soul" beginnt ähnlich wie ein mir titelmäßig gerade entfallener Zep-Track, allerdings schrägen sich bald Micky-Maus-Melodielinien herein, und im Hintergrund orgelt die 23. Inkarnation von Jon Lord). Lediglich ein unangenehmer Nebeneffekt des karnickelartigen CD-Ausstoßes von The Rabbit's Hat läßt sich an "Pierce The Dark" festmachen: Die optische Gestaltung glänzt durch eine Simplizität, die argwöhnische Gemüter kurzerhand mit dem Begriff "einfallslos" belegen würden. Ansonsten haben wir auch mit dieser Scheibe einen schönen Beweis, was der englische Underground für Blüten zu treiben in der Lage ist.
Kontakt: Stone Premonitions, Arch House, Front Street, Alston, Cumbria, CA9 3QW, UK, info@archhouse9.fsnet.co.uk,
www.Aural-Innovations.com/stonepremonitions.
 




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