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von *tf

LEE 'SCRATCH' PERRY: Master Piece   (Born Free Records)

That's the real flow, man! Eigentlich müsste man zur vorliegenden Scheibe des Dub-Großaltmeisters nicht viel mehr sagen und hätte das Wesentliche erfasst. Da wir jedoch nicht am Wettbewerb um die kürzeste Plattenrezension teilnehmen, seien ein paar mehr Worte erlaubt. Perry vorzustellen heißt die berühmten nachtaktiven Vögel in die griechische Hauptstadt zu tragen. Er, der seit mehr als fünfzig Jahren die Dub- und Reggaeszene maßgeblich beeinflusst und mitgestaltet hat, schafft es immer wieder, Neues vorzulegen und "am Ball zu bleiben". Wie mit dieser, seiner aktuellen Scheibe. Perrys unverwechselbares näselndes charismatisches Sprechsingorgan eingebettet in fluffige Sounds, immer ganz vorn dabei ein treibender Bass, der wohlige Gänsehautschauer zu produzieren versteht. "Soul Man", der Opener, öffnet musikalisch wie textlich das Tor der Lee-Scratch-Perry-Welt. Natürlich darf der Lion of Zion nicht fehlen, der in der Offenbarung des Johannes erwähnte Löwe von Juda, der im Glaubensbekenntnis der Rastafaris eine wesentliche Rolle spielt. Und unvermittelt sind wir im Bereich der religiösen Musik, der sich doch oft so schwer tut, zeitgemäßes musikalisches Gewand und Glaubensinhalte zu verbinden. Perry zeigt wieder und immer wieder, wie's gehen kann, auch wenn vom Kopieren durch bleiche Mitteleuropäer in der Regel abgeraten werden muss. "Soul Man" macht zudem auch musikalisch klar, wo der Hammer hängt. Ganz oben nämlich - und Perry hat keinerlei Mühe, ihn zu ergreifen. That's the real flow, man! Das folgende "Master Piece" kehrt Hörgewohnheiten insofern um, als dieses auf Folgendes vorgreifende Potpourri eher ungewöhnlich ist. Als Reprise durchaus vertraut, lässt uns Perry hier vorab in sein musikalisches Schatzkästchen schauen, macht Vorfreude zur schönsten Freude. "Medusa" wiederum ist ein wahres Roots-Reggae-Stück, das durch die eingesetzten Sounds und seinen ambitionierten Mix alles andere alles verstaubt klingt. Spätestens an dieser Stelle muss auch Conrad Eric Glaze genannt werden, Executive Producer bei Born Free Records, der für die stylischen Mixes verantwortlich zeichnet. Dub? Ja! Reggae? Ja! Soul? Ja! Aber auch Anklänge an die Soundlandschaften von Faithless oder Massive Attack sind zu entdecken, oftmals nicht weit entfernt von den Sounds des Neil Joseph Stephen Fraser, besser bekannt als Mad Professor - der ja bekanntlich neben Massive Attack auch mit Perry zusammengearbeitet hat. Glaze hat nicht das Auf-die-Spitze-Treibende von Fraser, zeigt jedoch spätestens bei den vier verschiedenen Versionen von "Mr. Upsetter", was er drauf hat. Inspiriert durch Perrys eindringliche Stimme baut er drum herum Soundwelten, die ihresgleichen suchen. Schon dafür ist die Platte eine dicke Empfehlung wert. Aber es kommt noch mehr. "Forgiveness", ein Track, der klar macht: "The way to life is forgiveness. What God gave is eternal life. So, Lord, forgive us our sins!" in einer eindrucksvollen, fast orchestral anmutenden musikalischen Verpackung, die dem Anliegen mehr als gerecht wird. Und weil's so schön war, noch einmal. Wiederum in einer anderen, diesmal souligen Version. Oder, wenn man so will, ein gelungenes Beispiel von Praise- und Worshipmucke made by Lee "Scratch" Perry. "The power and the glory!" und "Give us our daily bread!" followed by "Forgive us, Jah!". Und bevor die Reprise von "Soul Man" Lust auf die Repeat-Taste macht, weiß man, dass man mit der vorliegenden Platte etwas ganz Besonderes auf die Ohren bekommen hat. That's the flow, man!
Kontakt: www.BornFreeRecords.com, www.membran.net; zu bekommen u.a. via www.wackelpeter.tv

Tracklist:
1. Soul Man
2. Master Piece
3. Medusa Dub
4. Mr. Upsetter (Dancehall Fusion Mix)
5. Mr. Upsetter
6. Mr. Upsetter (Funky Mix)
7. Mr. Upsetter (Pop Mix)
8. Forgiveness
9. Forgiveness (Road Of Life Riddim)
10. Soul Man (Reprise)



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